Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
The Walking Dead: Roman (German Edition)

The Walking Dead: Roman (German Edition)

Titel: The Walking Dead: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jay Bonansinga , Robert Kirkman
Vom Netzwerk:
unter sich hatten. Jetzt jedoch sind sie nutzlos geworden und so sinnlos wie alte Musikkassetten. Brian muss immer wieder an seine Soziologiekurse an der Uni denken, während er sich fragt, ob sich diese lose Gemeinschaft verzweifelter Seelen jemals zu etwas entwickeln wird, das einer funktionierenden Gesellschaft ähneln könnte.
    Drei Mitglieder der Nationalgarde, die zwei Wochen zuvor zu ihnen stießen, scheinen der Sand im Getriebe zu sein, denn sie kommandieren jeden herum, der ihnen über den Weg läuft. Diese kleine Clique – Brian bezeichnet sie als Tyrannen – wird von einem ehemaligen Marinesoldaten mit Bürstenschnitt und kalten blauen Augen angeführt, der auf den Namen Gavin hört – oder Major, wie ihn seine Schergen betiteln. Es dauert keine zwei Tage, und Brian ist klar, dass er ein Psychopath ist, der nichts anderes als Macht und Beuterecht im Kopf hat. Vielleicht war es die Plage, die Gavin so weit gebracht hat, aber Brian beobachtete in seiner erster Woche in Woodbury Gavin und dessen Truppe dabei, wie sie hilflosen Familien Lebensmittel abnahmen und einige Frauen nachts in der Nähe der Rennbahn mit gezückter Pistole vergewaltigten.
    Brian hält Distanz und macht sich unsichtbar. Während er jedoch im Stillen Woodburys Machtstrukturen studiert, trifft er immer wieder auf einen Namen: Stevens.
    Von seinen wenigen Unterhaltungen mit den Bewohnern und dem, was er mitbekommt, schlussfolgert Brian, dass sich Stevens nach Ausbruch der Plage zu neuen, besseren Ufern aufmachte – offenbar nach einer Scheidung, wie gemunkelt wird. Er ist ein Hals-Nasen-Ohren-Arzt, der seine eigene Praxis in Atlanta hatte. Der Mann traf relativ frühzeitig auf die zusammengewürfelte Gruppe Überlebender in Woodbury und entschied sich angesichts der vielen Kranken, Unterernährten und Verwundeten dazu, hier seine Dienste anzubieten. Im Meriwether County Medical Center, drei Häuserblocks von der Pferderennbahn entfernt, machte er eine Art Praxis auf.
    Am Nachmittag des siebten Tags in Woodbury kommt es Brian bei jedem Atemzug so vor, als ob ihm ein Messer in die Brust gestochen würde. Er nimmt also seinen Mut zusammen und sucht das niedrige graue Gebäude am südlichen Ende der Sicherheitszone auf.
    »Sie haben Glück«, sagt Stevens und hängt ein Röntgenbild vor die beleuchtete Plexiglasscheibe. Er zeigt auf das verschwommene Abbild von Brians Rippen. »Keine schlimmen Brüche … Lediglich drei Mikrorisse an der zweiten, vierten und fünften Rippe.«
    »Glück gehabt?«, murmelt Brian, der mit freiem Oberkörper auf der gepolsterten Bank sitzt. Sie befinden sich in einem bedrückend wirkenden, gefliesten Kellerraum im Meriwether County Medical Center – das ehemalige Pathologie-Institut –, das Stevens jetzt als Behandlungszimmer dient. Es stinkt nach Desinfektionsmittel und Schimmel.
    »Nicht unbedingt ein Wort, das ich in letzter Zeit oft benutzt habe, das muss ich zugeben«, meint Stevens und geht zu einem Schränkchen aus Edelstahl, das neben der Plexiglasscheibe hängt. Er ist ein groß gewachsener, adrett aussehender Mann Ende vierzig und hat eine randlose Designerbrille, die auf seiner Nasenspitze sitzt. Seinen Arztkittel trägt er über einem weißen Hemd, und seine Augen wirken erschöpft, aber intelligent.
    »Und das Keuchen?«, will Brian wissen.
    Der Arzt durchforstet ein Fach mit Plastikampullen. »Das Anfangsstadium einer Rippenfellentzündung, die durch die angeknacksten Rippen hervorgerufen wurde«, murmelt er und sucht nach der richtigen Arznei. »Sie müssen so viel wie möglich husten … Es wird zwar wehtun, verhindert aber, dass sich septischer Katarrh in Ihrer Lunge sammelt.«
    »Und was ist mit meinem Auge?« Der stechende Schmerz in Brians linkem Auge, der von seinem geprellten Kiefer ausgeht, ist während der letzten Tage schlimmer geworden. Jedes Mal, wenn er in den Spiegel blickt, scheint das Auge noch blutunterlaufener zu sein.
    »Das sieht gut aus«, erwidert Stevens und holt ein Fläschchen Pillen aus dem Schrank hervor. »Ihr Unterkiefer weist eine nicht unerhebliche Prellung auf, aber das vergeht mit der Zeit von selbst. Ich werde Ihnen etwas gegen die Schmerzen geben.«
    Stevens reicht Brian das Fläschchen und stellt sich mit verschränkten Armen vor ihn hin.
    Aus Gewohnheit will Brian zum Portemonnaie greifen. »Ich weiß nicht, ob ich genug …«
    »Hier wird nicht gezahlt«, meint der Arzt mit hochgezogenen Augenbrauen. Brians Geste scheint ihn etwas irritiert zu

Weitere Kostenlose Bücher