The Walking Dead: Roman (German Edition)
dritte, der dickste der drei.
»Klar, Charlie«, stimmt der erste der Gruppe mit ein. »Jetzt komm schon … Diese Eiterbeulen, die sich Yellow Mike geschnappt haben … Der Grund, warum wir hier in diesem gottverdammten Kaff feststecken.«
»Ich weiß schon, wen er meint«, gibt der Bärtige zurück. »Hab aber noch nie gehört, dass man sie so nennt.«
»Bist du neu hier, Junge?« Der Dicke mustert Brian von oben bis unten.
»Ja, bin ich.«
Sein Gegenüber grinst und entblößt dabei faulig grünliche Zähne. »Willkommen im Warteraum der Hölle.«
»Hör nicht auf ihn, Kleiner«, beschwichtigt der erste Penner Brian und legt einen dürren rheumageplagten Arm um seine Schultern. Er fügt mit einer leisen, vertraulichen und rauen Stimme hinzu: »Hier brauchst du keine Gedanken an die toten Dinger verschwenden. Aber auf die Lebenden, auf die solltest du aufpassen.«
Am nächsten Tag ermahnt Philip Brian und Nick, nichts auszuplaudern, solange sie in Woodbury sind. Sie sollen sich unauffällig verhalten, Kontakt mit den anderen vermeiden und den Mitbewohnern nicht einmal ihren Namen sagen. Sie haben Glück, denn das Haus ist kein schlechter Aufenthaltsort. In den fünfziger Jahren errichtet – die Möbel sind mindestens genauso alt, mit einem angeschlagenen Spiegel, einem mottenzerfressenen Schlafsofa und einem Aquarium neben dem Fernseher – weist es drei Schlafzimmer und fließend Wasser auf. Es stinkt zwar penetrant nach Katzen und faulem Fisch, aber wie Brians und Philips Vater zu sagen pflegte: »In der Not frisst der Teufel Fliegen.« Außerdem finden sie Lebensmittelkonserven in der Speisekammer und entscheiden sich, ein Weilchen zu bleiben.
Zu Brians Überraschung werden sie von den anderen Bewohnern der Kleinstadt zufriedengelassen. Er weiß nicht, ob es sich herumgesprochen hat, dass sie drei Neuankömmlinge in ihrer Mitte haben, aber niemanden scheint das zu kümmern. Nick sondert sich weitgehend ab, liest seine Bibel und sagt nicht viel. Philip und Brian, beide in der Gegenwart des anderen gereizt, gehen ihren Geschäften nach und reden so wenig wie möglich miteinander. Keiner von ihnen erwähnt die Frage, ob sie sich vielleicht auf die Suche nach einem Auto machen sollten, um ihre Reise nach Süden fortzusetzen. Brian empfindet es ein wenig so, als ob sie aufgegeben hätten. Sie haben aufgegeben, an die Küste zu gelangen, sie haben ihre Zukunft aufgegeben, und vielleicht haben sie sich auch selbst aufgegeben.
Brians Wunden heilen weiter. Philip kümmert sich immer mehr um seine Manie: Penny. Bei jeder Gelegenheit verschwindet er in dem Wäldchen.
Eines Nachts hört Brian, wie sich die Tür zur Wohnung öffnet und dann wieder ins Schloss fällt.
Er liegt im Bett und lauscht vielleicht für eine Stunde, ehe Philips schlurfende Schritte und ein gurgelndes Geräusch in sein Schlafzimmer dringen. Es ist schon die dritte Nacht, in der Philip heimlich ausbüxt – wahrscheinlich, um nach Penny zu schauen, wenn die anderen schlafen. Aber heute ist es das erste Mal, dass Brian mitbekommt, wie er zurückkommt. Jetzt hört er Philip im Wohnzimmer nach Luft schnappen. Außerdem murmelt er etwas, das aber von leisem Stöhnen und Knurren sowie dem Klappern einer Kette übertönt wird.
Brian steht auf und geht ins Wohnzimmer. Er hält inne, als er sieht, wie Philip Penny an der Leine hält und sie wie einen räudigen Hund über den Teppich zerrt.
Für einen Augenblick verschlägt es ihm die Sprache. Er starrt wortlos auf den kleinen Zombie in dem Schürzenkleid und hofft inbrünstig, dass es sich nur um einen kurzen Besuch handelt. Vor allem hofft er, dass es nicht ihre neue Mitbewohnerin wird.
Einundzwanzig
W as zum Teufel machst du da?«, will Brian von seinem Bruder wissen, während das tote Mädchen hungrig ins Leere beißt. Es richtet seine milchig weißen Augen auf seinen ehemaligen Onkel.
»Ach, lass mich«, entgegnet Philip und zerrt seine tote Tochter in den Flur hinaus.
»Du willst doch nicht …«
»Kümmere dich gefälligst um deine eigenen Angelegenheiten!«
»Aber was ist, wenn jemand …«
»Niemand hat etwas davon gemerkt«, unterbricht ihn Philip und tritt die Tür zur Waschküche auf.
Es ist ein winziger, mit Linoleumfliesen ausgelegter Raum, dessen Wände mit Kork beklebt sind. In der Ecke stehen eine kaputte Waschmaschine und ein ramponierter Trockner. Überall liegt Katzenstreu herum. Philip schleift das geifernde und fauchende Geschöpf in eine Ecke und befestigt die
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