Thriller: Tickende Bombe: Die iranische Bedrohung (Bücher auf Deutsch) (German Edition)
Jean-Marc. „Du hast von der Ehe gehört“, wiederholte er, „aber hast du noch nie von einer offenen Beziehung gehört?“ Ich wusste nicht, was er mit dem Begriff „offene Beziehung“ meinte, und ich fühlte mich wie ein Betrüger, der seinen besten Freund betrogen hatte.
Ich saß ihm gegenüber, von Angesicht zu Angesicht, sehr nah, sodass ich einen Anflug von Sympathie in seinen blauen Augen sehen konnte, ohne einen Hauch Zorn.
„Aber“, erinnerte ich mich an die Reihenfolge der Dinge und versuchte, einen Pluspunkt aus meinem Gedächtnis abzurufen, doch bevor ich die passenden Worte finden konnte, ließ er schon die nächste Bombe platzen.
„Meine Freunde sind hochrangige iranische Käufer, die Interesse an deiner Fabrik haben“, sagte Jean-Marc.
Plötzlich fiel bei mir der Groschen: Ich verstand ihre Apathie gegenüber der arabischen Sprache und ihre Extravaganz. Ich erkannte, dass ich mich an einem Ort und in einer Situation befand, von der der israelische Mossad nur träumen konnte.
Allein der Gedanke, dass ich, der kleine Mann, jetzt die Gelegenheit hatte, ein ganzes Volk zu bedienen, brachte mich auf Hochstimmung. Ich erkannte sofort das Potenzial dieses Treffens, aber ich behielt meine Gelassenheit und die Ausstrahlung „Business as usual“. Es spielte keine Rolle, wie lange die Erinnerung an uns unter den Lebenden verblieb, wenn ein Mann mit seinem kleinen Boot im Wasser der Ewigkeit segelte, schenkte ihm der unendliche Geist eine größere Aufgabe. Meine alte Faszination verblasste angesichts der folgenden erwünschten Aktion. Genau wie eine Person in einem neuen Geschäft wusste ich das: Bevor ich mit Änderungen und Erneuerungen für die Zukunft begann, war es wichtig das Bestehende aufrecht zu halten, auch wenn es offensichtlich erschien. Innes näherte sich uns, und ich stand ihr zu Ehren auf und streichelte mit einem breiten Lächeln ihr Haar. „Ich bin Kamal Lutati, ein marokkanischer Araber, Muslim und lebe in Paris“, sagte ich zu mir selbst.
Ich umarmte Innes mit meinem rechten Arm und Jean-Marc mit dem linken. „Meine einzige simulierte Familie“, dachte ich und vor meinen Augen sah ich meine Familie in Israel und fühlte mich stark und bereit, mich in ein so schicksalhaftes Abenteuer hinein zu stürzen.
Ich wusste, dass ich einen schweren Preis zahlen würde, aber auch das Gefühl, dass ich vielleicht endlich einen Sinn in meinem Leben gefunden habe, gefiel mir sehr.
Es spielte keine Rolle, wie lange die Schaulustigen an der Küste mich und mein kleines Boot anschauten, während wir auf den weiten Ozean hinaussegelten, die Hauptsache war, dass ich wusste, dass ich alles für sie tat.
Sie würden wahrscheinlich denken, wie egoistisch ich war, dass ich diesen Weg gewählt hatte, aber in Wirklichkeit wählte der Weg mich. Ich hatte keine Angst, vergessen zu werden, sondern ganz im Gegenteil, ich wusste, dass ich mit dieser Aktion meine ganze Welt erobern würde, wenn die Zeit gekommen war. Ich wusste jedoch auch, dass ich in diesem Augenblick meine alte Identität begrub, zusammen mit dem ganzen emotionalen Kram und meiner Familie.
„Es gibt keine kleinen Ereignisse in der Wahrnehmung des Herzens,“ schrieb Balzac vor einem Jahrhundert, „das Herz verherrlicht alles, es setzt die gleichen Maßstäbe für das Fallen eines Reiches oder den verlorenen Handschuh einer Frau und oft wiegt ein Handschuh mehr als ein ganzes Reich.“ Die romantische Absicht des Dichters bezog sich auf eine Frau, die ihm nahe war und das erwähnte Reich weit weg, nur ich befand mich in einer völlig widersprüchlichen Situation. Mein Land war für mich das Wesentliche im Leben und die Freuden des Lebens waren ein Alibi für die verschwendete Zeit, die ich nicht für den Aufbau einer politischen Identität genutzt hatte.
Und so steigerte sich innerhalb eines Augenblicks meine intensive Anziehung zu Innes zugunsten von Umständen, die außerhalb meiner Kontrolle lagen. Ich konnte heroische Entscheidungen treffen, angetrieben durch meine freie Wahl, zu entscheiden, was wesentlich und was nebensächlich war.
Wer ich war, hing von meiner Natur ab, die sich mit der Zeit geformt hatte, aber alles, was noch kommen sollte, hing von den Umständen ab. Ich hatte das Gefühl, dass ein Mensch manche Entscheidungen, die er während seines Lebens getroffen hatte, bereuen würde, aber in Fällen, in denen die Umstände oder eine höhere Gewalt für uns
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