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Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Titel: Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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meine Augen vergeblich versuchten, die Dunkelheit zu durchdringen.
    »Allerdings«, sagte Perkins und zeigte auf einen großen Schlüssel, der an der Wand hing. »Denken Sie, ich bin ein Idiot?«
    Als sich meine Augen an das Dunkel gewöhnt hatten, sah ich, dass der hintere Teil des Gewölbes mit rostigen Eisenstangen abgesperrt war. Die Tür in der Mitte war mit einem lächerlich großen Vorhängeschloss zugesperrt.
    »Gehen Sie nicht zu nahe ran«, sagte Perkins und holte einen großen Blecheimer von einem Wandbrett. »Ich habe ihn jetzt seit fast fünf Jahren mit Joghurt gefüttert, und er fängt an, sich zu langweilen.«
    »Joghurt?«
    »Natürlich mit einer Beimischung von Kleie. Aber die ewigen griechischen Jungfrauen konnten wir einfach nicht mehr bezahlen. Sie waren zu teuer.«
    »Hat ihn nicht Theseus erschlagen?« fragte ich, als sich im Hintergrund des Gewölbes ein dunkler Schatten bewegte und ein dumpfes Grollen ertönte. Trotz der Gitterstangen war mir recht unbehaglich.
    »Meistens ja«, sagte Perkins. »Aber irgendwelche übermütigen Rohlinge haben 1943 einige Exemplare aus einer vergessenen Frontausgabe von Schwab's
Sagen des klassischen Altertums
befreit und in Stalingrad ausgesetzt. Ein kluger Jurisfiktion- Agent hat mitgekriegt, was passiert ist, und wir haben ihn ein paar Monate später wieder eingefangen - seitdem ist er hier.«
    Perkins füllte den großen Eimer zur Hälfte mit Joghurt und rührte Weizenkleie aus einem Papiersack hinein. Dann stellte er den Eimer über einen Meter entfernt von den Gitterstäben ab und schob ihn mit einem Besenstiel ganz in den Käfig.
    Der Minotaurus erschien aus der Dunkelheit des Gewölbes, und ich spürte, wie meine Nackenhaare sich sträubten. Sein großer muskulöser Körper war schmutzig, und die langen, spitzen Hörner an seinem zottigen, schwarzen Kopf wirkten schrecklich gefährlich. Er ging wie ein Gorilla und ließ die Arme pendeln, um das Gleichgewicht zu halten. Mit haarigen Händen griff er nach seinem Eimer und zog sich damit in den Hintergrund des Gewölbes zurück. Ich sah seine Zähne blitzen und ein paar tief liegende gelbe Augen, die mich hungrig und böse anfunkelten.
    »Ich dachte, ich nenne ihn Norman«, murmelte Perkins. »Kommen Sie, ich will Ihnen etwas zeigen.«
    Wir verließen das dunkle Gewölbe und kehrten ins Laboratorium zurück, wo Perkins ein großes ledergebundenes Buch aufschlug, das auf dem Tisch lag.
    »Das ist das Jurisfiktion-Bestiarium«, sagte er und zeigte auf das Bild eines Grammasiten.
    »Ein Adjektivor«, sagte ich. »Den kenne ich aus den
Großen Erwartungen.
«
    »Sehr gut. Im Brunnen der Manuskripte sehr häufig. Wurde zeitweilig sogar als Nutztier gehalten. In der Bibliothek aber völlig unter Kontrolle.«
    Er schlug die Seite um und zeigte auf eine Art Anglerfisch, der allerdings keine Lampe, sondern einen unbestimmten Artikel vor seinem Maul trug.
    »Das ist ein
Nounfish
«, erklärte Perkins. »Er schwimmt an den Rändern der Text-See herum und hofft, verirrte Substantive zu fangen, die einen Satz anzufangen versuchen.«
    Er blätterte weiter und zeigte mir eine zierliche Made.
    »Ist das ein Bücherwurm?« fragte ich, obwohl ich das Tierchen sofort erkannt hatte.
    »In der Tat. Kann man eigentlich gar nicht als Ungeziefer bezeichnen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Buch-Welt. Sie fressen Wörter und scheiden neue Bedeutungen aus. In der Außenwelt habt ihr Regenwürmer, die den Boden auflockern. Bücherwürmer machen hier so etwa das Gleiche.«
    Ich nickte.
    »Ohne die Bücherwürmer«, fuhr Perkins fort, »hätten alle Wörter nur eine Bedeutung. Und jede Bedeutung hätte nur ein Wort. Ihr eigentlicher Lebensbereich sind die Wörterbücher, aber ihr segensreiches Wirken wird in der ganzen Buch-Welt verspürt.«
    »Warum werden sie dann überhaupt als Ungeziefer betrachtet?«
    »Nun, sie haben auch Nachteile. Wenn man zu viele Bücherwürmer in seinem Roman hat, wird die Sprache ganz schrecklich blumig.«
    »Solche Bücher hab' ich früher ganz gern gelesen«, musste ich zugeben.
    Er blätterte weiter, und ich entdeckte die Grammasiten, denen ich vor einigen Stunden begegnet war.
    »Verbisoide«, sagte er seufzend. »Die müssen rücksichtslos bekämpft werden. Wenn sie das Verb fressen, brechen die meisten Sätze zusammen; und wenn das ein paar Mal zu oft passiert, ist der ganze Roman hin.«
    »Warum tragen sie eigentlich bunte Westen und Ringelsocken?« fragte ich.
    »Weil ihnen sonst kalt ist,

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