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Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte

Titel: Thursday Next 03 - Im Brunnen der Manuskripte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasper Fforde
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wirklich geglaubt, dass so etwas Verrücktes auf dem Weg der Evolution entstanden sein könnte? Ach, übrigens, wie finden Sie Miss Havisham?«
    »Ich mag sie sehr.«
    »Das tun wir alle. Ich glaube, sie mag uns auch, aber das würde sie niemals zugeben.«
    Wir waren beim Burgfried angekommen, und Perkins stieß die Eingangstür auf. Im Inneren befanden sich sein Büro und das Laboratorium. An der einen Wand standen Regale mit allen möglichen Präparaten, und auf dem Tisch lag ein partiell sezierter Grammasit, in dessen Einge weiden halb verdaute Wörter steckten.
    »Ich weiß immer noch nicht, wie sie es machen«, sagte Perkins und schubste den Kadaver mit einem Löffel. »Irgendwie zerfallen die Wörter zu Buchstaben. Haben Sie Mathias schon kennen gelernt?«
    Ich hob den Kopf, sah aber bloß eines großes rotbraunes Pferd, dessen Fell im Licht glänzte. Ich schaute das Pferd an, das Pferd schaute mich an. Dann schaute ich an dem Pferd vorbei, aber da war niemand sonst. Und dann fiel der Groschen.
    »Guten Morgen, Mathias«, sagte ich so höflich wie möglich. »Ich bin Thursday Next.«
    Perkins lachte, und das Pferd wieherte und sagte mit tiefer Stimme: »Freut mich, Ihre Bekanntschaft zu machen, Madam. Erlauben Sie, dass ich noch einen Augenblick weiterarbeite?«
    Ich nickte, und das Pferd wandte sich wieder seinen komplizierten Aufzeichnungen zu. Ein großes Hauptbuch lag vor ihm auf dem Boden, und mit einem Federkiel fügte es in gestochener Handschrift immer neue Zahlen zu den Kontoständen auf beiden Seiten hinzu.
    »Ein Houyhnhnm?« fragte ich. »Ebenfalls aus
Gullivers Reisen?
«
    Perkins nickte. »Mathias, seine Stute und die beiden Yahoos wurden 1963 als Berater für den
Planeten der Affen
herangezogen.«
    »Louis Aragon hat mal gesagt, die Aufgabe der Genies bestünde darin, Ideen für die Kretins zu stiften, die zwanzig Jahre später daherkommen«, sagte Mathias von der anderen Seite des Raumes.
    »Ich glaube nicht, dass Pierre Boulle ein Kretin war, Mathias«, sagte Perkins. »Aber das ist ja immer dasselbe bei dir:
Voltaire hat dies gesagt und Goethe jenes ...
Manchmal denke ich, dass du bloß -« Er suchte nach den richtigen Worten.
    »Stammt nicht von Leonardo da Vinci der Ausspruch, dass Leute, die ständig zitieren, nicht ihren Verstand gebrauchen, sondern nur ihr Gedächtnis?« fragte das Pferd, um ihm auf die Sprünge zu helfen.
    »Genau«, sagte Perkins frustriert. »Genau das wollte ich gerade sagen.«
    »Tempora mutantur, nos et mutamur in illis«
, murmelte das Pferd und starrte gedankenverloren zur Decke.
    »Das allerdings beweist nur, wie eingebildet du bist«, sagte Perkins. »Es ist doch immer dasselbe, wenn wir Besucher haben.«
    »Irgendjemand muss ja das Niveau in diesem öden Provinznest ein bisschen anheben«, erwiderte Mathias, »und wenn Sie mich noch einmal ein ›halbgebildetes Huftier‹ nennen, beiße ich Sie in die Kruppe, ich meine, die Arschbacken.«
    Perkins und das Pferd starrten sich feindselig an.
    »Hatten Sie nicht gesagt, es gäbe zwei Houyhnhnms?« fragte ich, um die Situation zu entspannen.
    »Meine Partnerin und geliebte Stute«, erklärte das Pferd, »weilt gegenwärtig in Oxford,
Ihrem
Oxford, und studiert politische Wissenschaften am All Souls College.«
    »Fällt das nicht auf?« fragte ich. »Ein Pferd in Oxford?«
    »Sie würden sich wundern, wie unaufmerksam Professoren sein können«, erwiderte Perkins. »Das Schwein Napoleon hat am Nuffield College dialektischen Materialismus studiert und mit
summa cum laude
bestanden. Wir müssen jetzt gehen. Hier entlang, bitte. Der Minotaurus wohnt im Verlies. Sie kennen den Mythos?«
    »Natürlich«, sagte ich. »Es handelt sich um den Sprössling von König Minos Frau. Halb Stier, halb Mensch, nicht wahr?«
    »Genau«, Perkins kicherte lüstern. »Die Boulevardpresse hat sich seinerzeit überschlagen:
Kretischer Königshof schockiert über Stierkind, Das Kalb der Königin, Wer ist der Vater?
usw. Wir haben das Labyrinth nachgebaut, aber der Monsterschutzverein wollte es erst inspizieren, um sicherzustellen, dass wir ihn artgerecht halten.«
    »Und wie war das Ergebnis?«
    »Das war vor über zwölf Jahren. Ich fürchte, die Kommission ist immer noch drin. Bis dahin muss der Minotaurus weiter hier unten leben.« Er öffnete eine Tür, die in ein Gewölbe unter der Burg führte. Es war dunkel und stank nach verfaulten Knochen und Schweiß.
    »Äh, Sie halten ihn doch unter Schloss und Riegel?« fragte ich, während

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