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Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Titel: Tief im Herzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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waren.
    Es griff ihm ans Herz, diesen Raum zu betreten und zu wissen, daß seine Eltern nie wieder hier sein würden.
    »Der Kaffee ist stark«, bemerkte Ethan. »Und der Whisky ebenso. Such dir was aus.«
    »Ich nehme beides.« Cam goß eine Tasse voll und gab einen Schuß Johnnie Walker hinzu, dann setzte er sich. »Willst du mir auch eins auf die Nase geben?«
    »Hab’ ich doch. Vielleicht mach ich’s noch mal.« Ethan beschloß, seinen Whisky unverdünnt zu trinken und zwar einen doppelten. »Im Augenblick ist mir nicht danach zumute.« Er stand am Fenster und schaute hinaus, den unberührten Whisky in der Hand. »Vielleicht denke ich immer noch, daß du in den letzten Jahren öfter hättest herkommen sollen. Vielleicht konntest du es ja auch nicht und jetzt spielt es keine Rolle mehr.«
    »Ich bin kein Fischer, Ethan. Ich mache das, was ich gut kann. Das haben sie auch von mir erwartet.«
    »Ja.« Er konnte sich nicht vorstellen, warum man das Bedürfnis hatte, von dem Ort wegzulaufen, wo man zu Hause war, wo man Schutz fand. Und Liebe. Aber es hatte keinen Sinn, dies Cam vorzuwerfen. »Das Haus müßte mal gründlich renoviert werden.«
    »Das hab’ ich bemerkt.«
    »Ich hätte mir mehr Zeit nehmen, mich mehr darum kümmern sollen. Man denkt immer, es wäre noch soviel Zeit, aber dann kommt alles ganz anders. Die Stufen an der Hintertür verfaulen allmählich, sie müssen ersetzt werden. Das hatte ich immer vor.« Er drehte sich um, als Phillip hereinkam. »Grace muß heute abend arbeiten, deshalb kann sie Seth nur ein paar Stunden dabehalten. Also schieß los, Phillip. Wir müssen uns beeilen.«
    »Na schön.« Phillip goß sich Kaffee ein, den Whisky rührte er nicht an. »Vor ein paar Monaten soll eine Frau zu Dad gekommen sein. Sie tauchte im College auf und sorgte dort für Ärger, doch damals achtete keiner groß darauf.«
    »Was für Ärger?«
    »Sie machte eine Szene in seinem Büro, schrie und heulte. Dann marschierte sie zum Dekan und wollte Dad wegen sexueller Belästigung anzeigen.«
    »Das war doch erstunken und erlogen.«
    »Das dachte der Dekan offenbar auch.« Phillip goß sich eine zweite Tasse ein. »Sie behauptete, Dad habe sie während ihres Studiums belästigt und geschlagen. Aber es existierten keine Unterlagen, die bewiesen, daß sie jemals dort studiert hatte. Sie erklärte, nur als Gasthörerin an seinem Kurs teilgenommen zu haben, weil sie sich die Studiengebühren nicht habe leisten können. Aber auch das ließ sich nicht bestätigen. Dads guter Ruf sprach dagegen, und die Sache schien damit vom Tisch zu sein.«
    »Er war ziemlich erschüttert«, warf Ethan ein. »Er wollte nicht mit mir darüber reden. Er wollte mit niemandem
reden. Dann fuhr er für etwa eine Woche weg, sagte, er wolle nach Florida, um zu angeln. Er kam mit Seth im Schlepptau zurück.«
    »Und ihr wollt mir weismachen, daß die Leute denken, er sei sein Sohn? Himmel noch mal, er soll etwas mit dieser Tussi gehabt haben, die zehn, zwölf Jahre gewartet und sich dann erst über ihn beschwert hat?«
    »Wie gesagt, damals hat sich keiner was dabei gedacht«, erwiderte Phillip. »Er war bekannt dafür, daß er Streuner mit nach Hause brachte. Aber da war das Geld.«
    »Welches Geld?«
    »Er schrieb Schecks aus, einen über zehntausend Dollar, einen über fünftausend und einen weiteren über zehntausend, alle in den letzten drei Monaten. Ausgestellt waren sie auf Gloria DeLauter. Einem Bankangestellten ist es aufgefallen, und er hat es weitererzählt, weil Gloria DeLauter der Name der Frau war, die Dad wegen sexueller Belästigung an den Kragen wollte.«
    »Warum hat mir denn keiner erzählt, was hier vor sich geht?«
    »Das mit dem Geld hab’ ich selbst erst vor ein paar Wochen erfahren.« Ethan starrte in seinen Whisky, dann entschied er, daß er ihm mehr nützen würde, wenn er ihn im Magen hatte und so kippte er ihn hinunter. »Als ich ihn danach fragte, sagte er nur, der Junge sei alles, was zähle. Ich solle mir keine Sorgen machen. Sobald er alles geregelt habe, werde er es mir erklären. Er bat mich um ein wenig Zeit, und er sah so … wehrlos aus. Du weißt ja nicht, wie das war, ihn so verängstigt, so alt und hinfällig zu erleben. Du hast ihn nicht gesehen, du warst nicht hier, hast ihn nicht besucht. Also habe ich gewartet.« Der Whisky und seine Gewissensbisse verbündeten sich mit seinem Zorn und seinem Kummer und brannten in seinem Innern wie Feuer. »Und das war falsch.«
    Erschüttert stieß Cam

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