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Tiere essen

Tiere essen

Titel: Tiere essen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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ungerührt weiterlaufen ließen. Bei einem »Lieferanten des Jahres« von KFC, Pilgrim’s Pride, wurden Hühner bei vollem Bewusstsein getreten, zertrampelt, gegen Wände geschleudert, ihnen wurde Tabaksaft in die Augen gespuckt, buchstäblich die Scheiße aus dem Leib gedrückt oder die Schnäbel abgerissen. Tyson und Pilgrim’s Pride beliefern nicht allein KFC; während ich dies schreibe, sind sie die beiden größten Hühnchenverarbeiter des Landes, die zusammen jedes Jahr fast fünf Milliarden Tiere töten.
    Auch ohne verdeckte Nachforschungen und Enthüllungen über die extremen (wenn auch nicht ungewöhnlichen) Misshandlungen durch Mitarbeiter, die ihren Frust an Tieren auslassen, wissen wir, dass Tiere aus industrieller Viehzucht elendig dahinvegetieren.
    Schauen wir uns das Leben einer trächtigen Sau an. Ihre unglaubliche Fruchtbarkeit ist der Grund für ihre besondere Hölle. Während eine Kuh immer nur ein Kalb zur Welt bringt, kann die moderne Zuchtsau im Schnitt neun Ferkel werfen, säugen, großziehen – und die Zahl wird von den industriellen Züchtern ständig weiter erhöht. Sie muss unweigerlich so häufig wie nur irgend möglich trächtig sein, also den größten Teil ihres geschlechtsreifen Lebens. Wenn der Wurftermin naht, werden ihr wahrscheinlich Medikamente verabreicht, damit sie zu einem dem Züchter genehmen Zeitpunkt wirft. Sobald die Ferkel entwöhnt sind, werden der Sau Hormone gespritzt, damit sie so rasch wie möglich wieder empfängnisbereit ist und nur drei Wochen später bereits wieder künstlich befruchtet werden kann.
    In vier von fünf Fällen verbringt die Sau die 16 Wochen Schwangerschaft in einem Kastenstand, der so eng ist, dass sie sich nicht umdrehen kann. Ihre Knochendichte nimmt aufgrund des Bewegungsmangels ab. Sie hat keinerlei Einstreu und bekommt daher vom Reiben am Käfig oft münzgroße, schwärzlich schwärende wunde Stellen. (Bei einer verdeckten Ermittlung in Nebraska wurden trächtige Sauen mit einer Vielzahl offener, entzündeter Wunden im Gesicht, an Kopf, Schultern, Rücken und Beinen – manche davon faustgroß – auf Video aufgenommen. Ein Mitarbeiter kommentierte: »Die haben alle Wunden … hier drin gibt es kaum ein Schwein, das nicht solche Wunden hat.«)
    Noch ernster und tief greifender ist das Leiden der trächtigen Sauen aufgrund von Langeweile, Isolation und Unterdrückung des starken Brutpflegetriebs. In der Natur würde sie viel Zeit damit verbringen, zu scharren und schließlich aus Gras, Heu oder Stroh ein Nest zu bauen. Um zu starke Gewichtszunahmezu vermeiden und Futterkosten zu sparen, lässt man die Sau im Käfig häufig hungern. Schweine mögen von Natur aus nicht am selben Ort schlafen, wo sie defäkieren, doch genau dazu zwingt sie der Kastenstand. Die trächtigen Sauen müssen wie alle Schweine in industrieller Haltung auf ihren Exkrementen liegen oder darauftreten, um sie durch die Bodenspalten zu drücken. Die Industrie verteidigt die Gefangenschaft damit, dass sich die Tiere so besser kontrollieren und betreuen ließen, doch in Wirklichkeit wird auf diese Weise die Pflege erschwert, denn ob eine Sau lahm oder krank ist, lässt sich praktisch nicht ausmachen, wenn sich ohnehin keines der Tiere bewegen kann.
    Tierschutzanwälte haben diese grausame Wirklichkeit, die sich kaum leugnen lässt, inzwischen öffentlich gemacht und damit große Empörung ausgelöst. In letzter Zeit haben drei Bundesstaaten – Florida, Arizona und Kalifornien – per Referendum beschlossen, die Kastenstände für trächtige Sauen nach und nach abzuschaffen. In Colorado hat die Industrie unter dem Druck einer Kampagne der Humane Society, der größten Tierschutzorganisation Amerikas, eingewilligt, ein Gesetz mit zu erarbeiten und zu tragen, das die Käfige verbietet. Das ist ein unglaublich hoffnungsvolles Signal. Natürlich bleiben bei einem Verbot in vier Staaten noch sehr viele Bundesstaaten übrig, wo solche Praktiken weiter zum Alltag gehören, doch es scheint, als könne der Kampf gegen die Kastenstände gewonnen werden. Das ist ein Sieg, der viel bedeutet.
    Immer häufiger werden trächtige Sauen nicht mehr in Gitterkäfige gezwängt, sondern leben in kleinen Gruppenbuchten. Sie können nicht über die Weide laufen oder gar die Sonne genießen, wie die Schweine auf Paul Willis’ Farm, aber sie haben genug Raum zum Schlafen und können sich ausstrecken. Die Körper dieser Sauen sind nicht mit eiternden Wunden übersät. Sie nagen nicht wie

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