Tiere essen
vermeidet man derartige Probleme, indem man den Tieren mehr Raum und mehr Beschäftigungsmöglichkeiten gibt und für stabile soziale Gruppen sorgt.
In den ersten zwei Lebenstagen wird den Schweinen außerdem häufig Eisen injiziert, weil die Muttermilch der Sau wegen des raschen Wachstums der Ferkel und der intensiven Zuchtbedingungen meistens schlecht ist. Innerhalb von zehn Tagen werden männlichen Ferkeln die Hoden aus dem Leib gerissen, auch das natürlich ohne Betäubung. Der Grund dafür ist der Fleischgeschmack – amerikanische Verbraucher bevorzugen derzeit das Aroma kastrierter Tiere. Zur Identifizierung werden den Ferkeln außerdem häufig münzgroße Stücke aus den Ohren geschnitten. Zur Zeit der Entwöhnung sind bereits neun bis 15 Prozent Ferkel verendet.
Je schneller sie anfangen, feste Nahrung zu sich zu nehmen, desto eher erreichen sie ihr »Marktgewicht« (110 bis 120 Kilo). Die »feste Nahrung« enthält in diesem Fall häufig getrocknetes Blutplasma, ein Abfallprodukt der Schlachthäuser. (Und das macht die Ferkel tatsächlich rasch fetter. Außerdem schädigt es ihre Darmflora schwer und nachhaltig.) Ohne äußeren Zwang hören Ferkel meist nach 15 Wochen auf zu saugen, doch in der Intensivhaltung werden sie normalerweise nach 15 Tagen entwöhnt, immer häufiger schon nach zwölf Tagen. So jung können sie feste Nahrung noch gar nicht richtig verdauen, weshalb man ihrem Futter zahlreiche Medikamente zusetzt, um Durchfall zu verhindern. Die entwöhnten Ferkel werden dann in Mastkäfige gesperrt, die man aufeinanderstapelt, sodass Urin und Fäkalien von den oberen Tieren auf die unteren laufen. Mäster lassen die Ferkel so lange wie nur möglich in diesen Käfigen, bis sie an ihren letzten Aufenthaltsort verbracht werden: in beengte Buchten. Die Überfüllung ist gewollt, denn, wie es in einer amerikanischen Schweinemastzeitschrift heißt: »Überfüllung zahlt sich aus.« Wenn die Tiere keinen Platz haben, um sich zu bewegen,verbrennen sie auch weniger Kalorien und werden schneller und mit weniger Futter fett.
Wie in jeder Fabrik ist ein reibungsloser Ablauf für den Produktionsprozess wichtig. Ferkel, die nicht rasch genug wachsen – »Kümmerlinge« –, verbrauchen unnötig Ressourcen, weshalb es für sie keinen Platz im Betrieb gibt. Sie werden an den Hinterbeinen gepackt, aus der Bucht geschwungen und knallen dann mit dem Kopf zuerst auf den Betonboden auf. Diese übliche Tötungspraxis nennt sich »klopfen«. »Wir haben manchmal 120 an einem Tag geklopft«, sagte ein Arbeiter aus einem Betrieb in Missouri.
Wir schwingen sie einfach raus, klopfen sie auf den Boden und schmeißen sie an die Seite. Wenn man dann so zehn, zwölf, 14 geklopft hat, bringt man sie in den Raum mit der Laderutsche und stapelt sie dort, bis der Kadaverlaster sie abholen kommt. Wenn man dann wieder in den Laderaum kommt, und manche sind noch am Leben, muss man sie noch mal klopfen. Manchmal bin ich reingekommen, und da liefen wel che rum, denen ein Augapfel raushing, oder sie blute ten wie verrückt, oder der Kiefer war gebrochen.
»Sie nennen das ›Euthanasie‹«, sagte die Frau des Arbeiters aus Missouri.
Eine ganze Flut Antibiotika, Hormone und anderer Medikamente, die dem Futter beigemischt wird, hält die meisten Tiere trotz der schaurigen Bedingungen am Leben. Die meisten dieser Pharmazeutika sollen die Atemwegsprobleme bekämpfen, die in Schweinemastbetrieben allgegenwärtig sind. Die feuchtwarme Atmosphäre, in der die Tiere eingesperrt sind, ihre große Zahl auf engstem Raum, das vom Stress geschwächte Immunsystem und die giftigen Gase aus dem gesammelten Kot und Urin machen solche Probleme praktisch unvermeidlich. 30 bis 70 Prozent aller Schweine haben bis zum Schlachttermin irgendeineAtemwegsentzündung, und die Sterblichkeitsrate allein bei solchen Krankheiten beträgt vier bis sechs Prozent. Diese ständigen Erkrankungen fördern natürlich die Entstehung neuer mutierter Grippeviren, weshalb manchmal der gesamte Schweinebestand eines ganzen Bundesstaates zu 100 Prozent mit einem neuen tödlichen Virus infiziert ist, der sich unter den so eng zusammengepferchten kranken Tieren ausgebreitet hat (und immer häufiger infizieren solche Viren auch Menschen).
In der Welt der Massentierhaltung wird alles, was man gemeinhin erwartet, auf den Kopf gestellt: Tierärzte haben nicht das maximale Wohl der Tieres, sondern die maximale Rentabilität im Blick. Medikamente dienen nicht der Heilung von
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