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Tiere essen

Tiere essen

Titel: Tiere essen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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Massentierhaltung, die inzwischen 95 Prozent des amerikanischen Schweinefleischs produziert. (Zum Zeitpunkt der Niederschrift gab das mexikanische Schnellrestaurant Chipotle als einzige landesweite Kette an, einen beträchtlichen Teil seines Schweinefleischs aus artgerechter Tierhaltung zu beziehen.) Wenn man nicht bewusst nach Alternativen sucht, kann man ziemlich sicher sein, dass der Schinken, die Speckstreifen, das Kotelett auf dem Teller aus Massentierhaltung stammen.
    Der Unterschied zwischen dem Leben eines Schweins aus Massentierhaltung – mit Antibiotika vollgepumpt, verstümmelt, auf engstem Raum eingepfercht und jedes Sinnenreizes beraubt – und dem eines Schweins, das auf einem gut geführten Betrieb aufwächst, wo traditionelle Tierhaltungsmethoden mit besten Neuentwicklungen kombiniert werden, ist erstaunlich. Man wird kaum einen besseren Schweinefarmer finden als Paul Willis, Speerspitze der Bewegung zur Erhaltung der traditio nellen Schweinezucht (und Leiter der Schweinefleischabteilung von Niman Ranch, dem einzigen landesweiten Anbieter von Fleisch aus traditioneller Haltung), und man wird kaum ein offensichtlich gewissenloseres Unternehmen finden als Smithfield, den größten Schweinefleischproduzenten des Landes.
    Ich war versucht, in diesem Kapitel zunächst die Hölle der Fleischfabriken von Smithfield zu beschreiben, um dann die relative Idylle der besten traditionellen Betriebe anzuschließen. Aber diese Reihenfolge würde suggerieren, dass sich die Schweinefleischindustrie insgesamt in Richtung mehr Tierschutz und Umweltbewusstsein bewegt, während doch genau das Gegenteil zutrifft. Es gibt keine »Rückkehr« zur guten alten Schweinezucht. Die »Bewegung« in Richtung traditioneller Familien-betriebe gibt es zwar wirklich, doch besteht sie vor allem aus alteingesessenen Farmern, die langsam lernen, sich besser zu vermarkten und zu behaupten. In den USA expandiert immer noch die Massenschweinehaltung, deren weltweites Wachstum sich sogar noch aggressiver darstellt.

Unsere guten alten wohlmeinenden Versuche
    ALS ICH MEINEN WAGEN in Thornton, Iowa, vor Paul Willis’ Farm parkte, von wo dieser die Schweinefleischproduktion für Niman Ranch mit ungefähr 500 anderen kleineren Betrieben koordiniert, war ich ein wenig verwirrt. Paul hatte gesagt, ich sollte in sein Büro kommen, aber ich sah bloß ein unscheinbares Backsteinhaus und ein paar landwirtschaftlich genutzte Gebäude. Es war noch morgendlich still, und eine schmächtige weiß-braune Hofkatze kam auf mich zu. Ich schlenderte umher und suchte nach irgendetwas, das meiner Vorstellung von Büro nahekäme, als Paul zu Fuß vom Feld kam, einen Kaffee in der Hand und mit einem gefütterten blauen Overall bekleidet, dazu eine kleine Mütze, die sein kurz geschorenes graubraunes Haarbedeckte. Nach einem kurzen Lächeln und einem festen Händedruck führte er mich ins Haus. Ein paar Minuten saßen wir schweigend in einer Küche, deren Einrichtung anscheinend zu Zeiten des Kalten Krieges aus dem Ostblock geschmuggelt worden war. Es war noch Kaffee in der Maschine, aber Paul bestand darauf, neuen zu kochen. »Der hier steht schon eine Weile«, erklärte er und zog seinen gefütterten Overall aus, worunter er einen weiteren mit schmalen blauen und weißen Streifen trug.
    »Ich nehme an, Sie wollen das aufnehmen«, sagte er, ehe er zu erzählen anfing. Diese Offenheit und Hilfsbereitschaft, diese Bereitschaft, seine Geschichte für ein größeres Publikum zu erzählen, gab den Ton für den Rest unseres gemeinsamen Tages vor – auch für die Momente, in denen unsere Meinungsverschiedenheiten offen zutage traten.
    »Ich bin in diesem Haus aufgewachsen«, fing Paul an. »Die Familie traf sich hier zum Essen, vor allem sonntags, Verwandte wie Großeltern, Tanten und Onkel, Cousins und Cousinen kamen. Nach dem Essen, bei dem es immer Gemüse der Saison gab, Maiskolben zum Beispiel oder frische Tomaten, rannten wir Kinder raus und spielten den Rest des Tages am Fluss oder im Wald, bis wir nicht mehr konnten. Der Tag war nie lang genug für all die Dinge, die Spaß machten. Dieses Zimmer, in dem ich jetzt arbeite, war die gute Stube, wo für die Sonntagsessen gedeckt wurde. An den anderen Tagen aßen wir in der Küche, und meistens waren noch ein paar Männer zum Essen da, vor allem, wenn besondere Arbeiten anstanden – Heu machen oder Schweine kastrieren oder irgendwelche Bauprojekte, ein Kornsilo zum Beispiel. Alles, wofür man zusätzliche

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