Tiere im Rampenlicht - aus meinem Leben als Filmtiertrainer
wütender Kettenhund. Es war wundervoll! Die Regie war begeistert, das Drehbuch wurde an dieser Stelle umgeschrieben und alle lobten den tollen Tiertrainer. Ich aber konnte nur stolz auf meinen kleinen Superhund verweisen, eine echte Vollblutschauspielerin, die wieder einmal genau wusste, wie die Szene am besten rüberkommt.
Besonderes Mitgefühl hatte ich in diesem Fall übrigens mit dem Team der Ausstattung, das dafür verantwortlich war, nach jeder erfolgten Kollision den ramponierten Anhänger wieder zusammenzuflicken und sommerlich geschmackvoll das Arrangement mit Plastikrasen und Plastikblumen erneut so zu dekorieren, als wäre nichts gewesen.
Natürlich hat auch Pelzchen Superstar etwas kleiner angefangen. Die allererste tragende Rolle hatte die Hundedame im Film »Die Traumnummer« mit Ingo Naujoks, den wir aus dem
»Tatort« neben Maria Furtwängler als Kriminalautor kennen. In »Traumnummer« spielte er ebenfalls seine erste Hauptrolle. Sozusagen zwei Neuentdeckungen. Der damals frisch verheiratete Ingo saß für diesen Film im Rollstuhl und war Pelzchens Herrchen. Während der menschliche Darsteller mehrere Wochen lang das Rollstuhlfahren trainierte, lernte, wie schnelle Richtungswechsel funktionieren, wie man einen Hochstart hinlegt, eine Vollbremsung auf dem Asphalt macht oder das Hindernis Treppe bewältigt, hatten auch wir einen Rollstuhl zu Hause. Denn die Aufgabe des Hundes in diesem Film war es, den behinderten Ingo zu beschützen. Mal ist Pelzchen mit hoch erhobenem Kopf im Rollstuhl mitgefahren, mal war sie seine Begleiterin auf vier Pfoten, seine Feinde schlug sie in die Flucht, und selbst bei seinem Liebesleben konnte sie nachhelfen. All das musste natürlich geübt werden. Die Hündin sollte sich ganz sicher fühlen, wenn sie auf Ingo Naujoks Schoß saß, während der etwas beschwerlich und vor allem wackelig Treppen hinter sich brachte. Alle Berührungsängste mit dem Vollbremsungen vollführenden Rollstuhl mussten abgelegt werden, da dieses Gefährt ja gewissermaßen ein Teil des Film-Herrchens war. Ingo ist ein Pfundskerl, mit dem das Drehen die reine Freude war. Die perfekte Chemie zwischen ihm und Pelzchen war auch im Film deutlich zu spüren. Sechs Wochen lang waren die beiden vom Drehbuch festgelegte Freunde, dirigiert vom »Schwarzwaldklinik«- und »Traumschiff«-Regisseur Hans-Jürgen Tögel.
Bevor Pelzchen so dick ins Filmbusiness einstieg, tingelte sie in kleinen Gastrollen durch die Lande, mit Horst Tappert und Fritz Wepper immer wieder in »Derrick«, mit Rolf Schimpf in »Der Alte«. Sie fand Leichen, war ein total verwilderter Köter oder brillierte als kläffender Nachbarshund, der allen auf die Nerven ging. Die erste Episodenrolle erhielt sie in »Dr. Stefan Frank – der Arzt, dem die Frauen vertrauen« mit
Sigmar Solbach in der Hauptrolle. Die Nation weinte nach ihrem unvergesslichen Auftritt: Ein ausgesetzter Hund wird von einem kleinen Jungen gefunden und versorgt. Dankbar rettet daraufhin der mutige Hund dem Jungen nach einem Segelunfall das Leben. Am Strand des Chiemsees lag Pelzchen auf dem T-Shirt des Kindes und rührte sich »vor Verzweiflung« nicht vom Fleck. In dem Moment, wo Sigmar Solbach nach ihr rief, gab ich ihr ein Zeichen, meine Handfläche zeigte an, dass sie trotz Sigmars Ruf verharren sollte. Ihr auffälliges Verhalten ließ den Serienarzt stutzig werden, schließlich brachte er sie auf direktem Weg auf die Intensivstation zu ihrem kleinen Freund. Der arme Junge lag im Koma, der Hund saß auf seinem Bett und schlabberte sein ganzes Gesicht nass. Für Leberwurst tat Pelzchen alles, und daher war reichlich von der feinen, auf der Haut nicht sichtbaren Sorte auf dem Gesicht des Jungen verteilt worden. Die intensiven Liebesbezeugungen des Hundes ließen das Wunderbare geschehen: Der Kleine öffnete wieder die Augen.
Danach folgten viele Episodenrollen wie beispielsweise in »Tierarzt Dr. Engel« mit Wolfgang Fierek, der leider durch seinen Motorradunfall die Serie aufgeben musste. Gedreht wurde im Berchtesgadener Land. Pelzchen wurde mal wieder von einem Auto angefahren und von Wolfgang gerettet, verarztet und liebevoll gesund gepflegt.
Garant für gute Einschaltquoten, Geheimwaffe von ARD und ZDF war Christine Neubauer längst noch nicht, als wir 2004 begannen, für »Die Landärztin« im österreichischen Großrahming zu drehen. In diesem Mehrteiler wurde Pelzchen sogar in die Drehbücher der nächsten Folgen geschrieben, »Strolchi« gefiel einfach
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