Time-Travel-Triologie 01 - Die Prophetin von Luxor
mit seinen quäkenden Radios und hupenden Autos. Ich trat die Zigarette aus und schämte mich für mein Gequassel.
»Es tut mir leid. Das klingt verrückt.«
Ich drehte mich von Anton weg.
»Kommen Sie, ich lade Sie zu Kaffee und Kuchen ein«, bot er mir an.
»Danke.« Ich machte mich mit ihm auf den Weg und versuchte dabei, die übernatürlichen Gefühle abzuschütteln.
Nachdem ich den Nachmittag im Museum von Luxor verbracht hatte, kaufte ich Die Wiederentdeckung des Alten Ägyptens , klatschte mir Sonnenschutzfaktor 50 auf die Haut und schob eine CD in meinen Discman. Dann setzte ich mich draußen an den wunderschön gestalteten Pool und las über das Ägypten während des französischen Empires, las Seite um Seite von Menschen, deren Namen ich schon als Kind von Cammy gehört hatte. Alte Porträts und minutiöse Wiedergaben alter Kunstwerke ergänzten die Kapitel. Trotzdem fühlte ich mich unruhig und begann, auf meinem Skizzenblock an einem Logo herumzuspielen. Dabei mischte ich die Hieroglyphen für Katze in ein fremdartiges, aber ganz ansehnliches Design. Es paßte nicht hundertprozentig, aber ich kam der Sache näher.
Spitznamen wie jener, den Cammy mir als Kind gegeben hatte – »Kätzchen« –, gehören zu den Dingen, die man im Lauf der Zeit hassen lernt. Die Hieroglyphen dafür waren allerdings interessant, deshalb ignorierte ich die Bedeutung. Ich konnte sowieso nicht auf altägyptisch buchstabieren, doch die Formen gefielen mir.
Die untergehende Sonne rief mich in die Wirklichkeit zurück.
So nahe am Äquator brachte der strahlende Sonnenuntergang den Himmel nur wenige Minuten zum Leuchten, dafür durchdrangen die Farben einfach alles – Rosa, Violett und Gold, die für einen kurzen, aber exquisiten Augenblick miteinander verschmolzen. Dann kam die Nacht in weichem Blau-Schwarz, das sich wie eine umhüllende Decke anfühlte, in der silbern die ersten Sterne funkelten. Widerwillig ging ich hinein in die künstliche Kälte des Hotels. Heute nacht würde mir der Schlaf eine willkommene Fluchtmöglichkeit sein.
Der 23. Dezember, mein Geburtstag. Als die Sonne aufging, war ich bereits eine Stunde wach. Ich frühstückte auf der Hotelterrasse und machte ein paar schnelle Skizzen von den eleganten Feluken, die von Ufer zu Ufer schossen und deren dreieckige weiße Segel schmerzhaft hell in der Sonne leuchteten.
Anton erschien nicht zum Frühstück, was mich nach unserem gemeinsamen Kaffee vom Vortag nicht überraschte. Ich hatte keine zwei zusammenhängenden Worte herausgebracht – was schon eigenartig genug war –, und nach mehreren Anläufen zu einer Unterhaltung hatte er kapituliert. Er hatte sich schließlich verabschiedet, weil er noch eine Moschee besichtigen wollte, und ich hatte seine Einladung, ihn zu begleiten, ausgeschlagen.
Der gestrige Tag hatte mich tief verstört.
Nach meiner dritten Tasse türkischen Kaffees allerdings fühlte ich mich gewappnet, alles zu überstehen, sogar einen weiteren Tag als typische Touristin. Also stieg ich in meine Espadrilles.
Der Tempel von Karnak war atemberaubend. Als ich mit Camille hier gewesen war, war sie mitten in ihren Erklärungen davongewandert, um in ehrfürchtigem Schweigen den größten Tempel der Welt zu bestaunen. Ich hatte noch einmal alleine herkommen wollen. Bislang hatte ich alle »hilfreichen« Fremdenführer abwehren können, indem ich mit meinen bewährten Kugelschreibern ein paar Kinder bestach, die dafür sorgen sollten, daß ich ungestört blieb. Bevor ich von einer Gruppe italienischer Touristen belagert wurde, hatte ich von verschiedenen Wänden sehr gute Skizzen anfertigen können. Danach schlich ich zwischen den Säulen hindurch ins Innere des Heiligtums, wo ich auf drei Kammern stieß.
Wie Goldlöckchen, das vermeiden möchte, drei pelzigen Fleischfressern über den Weg zu laufen, wagte ich in jede einen Blick. Cammy hatte erklärt, diese Kammern seien den ortsansässigen Göttern vorbehalten, der Heiligen Familie von Luxor: Amun-Re, dem Sonnengott; Mut, seiner Gefährtin; und Chonsu, ihrem Kind. Danach hatte ich mich ausgeblendet, denn die Feinheiten der ägyptischen Religion verwirrten und befremdeten mich. Als Kind hatte Cammy mir zu erklären versucht, wie die verschiedenen Götter und Mythen sich alle zusammenfügten, selbst wenn sie einander direkt widersprachen. Ausführlich hatte sie mir erläutert, daß die Menschen nur aufgrund familiärer Verbindungen Priester und Priesterinnen wurden, und nicht, weil sie den
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