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Titan 05

Titan 05

Titel: Titan 05 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederik Pohl , Wolfgang Jeschke
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habe.
    Alle Gegensätze sind sich gleich. Alles, was ich haßte, und alles, was ich liebte, es unterscheidet sich nicht mehr. Alles, was ich fürchtete, und alles, was ich ersehnte – es ist alles gleich. Ich sage dir, es ist jetzt alles dasselbe. Es ist dieselbe Strafe, etwas zu wollen und es zu bekommen, wie etwas zu wollen und es nicht zu bekommen.
    Das einzige, was zählt, Nels, sind jene ruhigen, schönen Momente im Leben, wenn du keine Wünsche hast, wenn du nichts bist. Wenn du nichts erstrebst und die Welt einfach um dich herum ist. Wenn du einfache Dinge spürst, wie Wasser auf der Haut, wenn du dich rein und unschuldig fühlst, und wenn du über nichts nachdenkst.
    Das ist alles am Leben, Nels. Und ich bin Tice, und ich sage dir dies. Und du weißt, daß ich tot bin, und daß ich dir keine Lügen erzählen kann.
    Dies ist die Botschaft – und sie ist es, die ich fürchtete.
    Ich fürchtete auch den Krieg. Du weißt selbst, wonach der Krieg riecht. Er riecht gewissermaßen wie ein billiger Schlachthof im Juli. Überall schlechter Geruch. Irgend etwas brennt, der Geruch von brennendem Gummi und von Pulverdampf stechen dir in die Nase. Ich habe dir schon früher erzählt, welche Angst ich vor dem Krieg hatte. Und mitten darin rieche ich den Duft des Parfüms, den das Mädchen in jenem Hotel in Melbourne hatte, jenes Mädchen, von dem ich dachte, daß ich es haben wollte, bis sie etwas sagte und ich etwas darauf erwiderte, und das war dann auch schon alles, was zwischen uns war. Und nun bin ich tot.
    Und noch etwas, Nels. Ich spreche so, als wäre es irgendein Trick. Ich weiß nicht, wie ich etwas über die anderen wissen kann, die anderen, die tot sind, so wie ich. Ich habe noch nie einen getroffen, und vielleicht werde ich nie mit einem sprechen. Ich habe bloß das Gefühl, daß sie auch hier sind, aber sie sprechen nicht.
    Es ist eigentlich nicht so, daß sie nicht sprechen können. Sie wollen nicht einmal sprechen. Sie fühlen sich nicht so, als müßten sie etwas sagen. Sprechen ist nur ein Trick. Es ist ein Trick, den jeder erlernen kann, und ich glaube, dazu bedarf es bloß eines bedeutungslosen Menschen, eines Menschen, der sein Leben lebte, als ob es keine Hölle gäbe, und der jetzt in dieser Hölle ist. Eines solchen Menschen bedarf es bloß, sich an den Trick des Sprechens zu erinnern.
    Auf diese Weise spreche ich nun zu dir, Nels. Ich glaube, du wirst so sterben wie ich. Es ist egal, Nels. Es ist zu spät, sich noch zu ändern – das ist alles.
    Lebwohl, Nels, du bist in verdammt guter Verfassung. Du hast dein Leben gelebt. Dich hat der Wind in den Haaren gezaust. Du hast ins Licht der Sonne geblinzelt, und du hast nicht zuviel gehaßt, gefürchtet und geliebt.
    Als der alte Mann mit dem Diktieren fertig war, baten der FBI‐Mann und ich ihn, es noch einmal zu wiederholen.
    Er lehnte es ab.
    Wir erhoben uns alle. Wir holten den FBI‐Beamten herein.
    Der alte Mann weigerte sich weiterhin, ein zweites Mal den Text zu sprechen, den nur er aus all den verschiedenen Geräuschen des Bandes heraushören konnte.
    Wir hätten ihn in Gewahrsam nehmen und dazu zwingen können, aber darin sahen wir keinen großen Gewinn, bevor wir nicht die Aufnahme nach Washington zurückgebracht hatten, um sie untersuchen zu lassen.
    Er sagte uns Lebwohl, als wir das Haus verließen.
    »Vielleicht kann ich es in einem Jahr noch einmal machen. Aber das Schlimme daran für mich ist, meine Herren, daß ich es für echt halte und glaube. Das war die Stimme meines Bruders, Tice Angerhelm, und der ist tot. Und Sie brachten mir etwas ganz Seltsames und Fremdartiges. Ich weiß nicht, woher Sie ein Medium oder einen Gedankenleser haben, der dies auf Band aufnehmen konnte, dazu noch so, daß nicht Sie, sondern ich es hören konnte. Und ich habe es nur gehört, meine Herren, und ich meine, ich habe Ihnen ganz gut erzählt, was es war. Und die Worte, die ich gebrauchte, waren nicht von mir. Sie waren von meinem Bruder. Und nun gehen Sie, meine Herren, und tun Sie damit, was Sie wollen, und wenn Sie nicht wünschen, daß ich jemandem erzähle, daß die amerikanische Regierung mit Medien arbeitet, dann werde ich es auch nicht tun.«
    Mit diesen Worten verabschiedete er sich von uns.
    Wir beeilten uns, zum Flughafen zu kommen. Wir nahmen das Band mit, während ein Duplikat schon per Fernschreiber nach Washington unterwegs war.
    Dies ist das Ende der Geschichte und das Ende des Scherzes. Potarischkow bekam ein Exemplar und der

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