Titan 07
unbegrenzte Energie über die Wand gleiten. Als er schließlich den Schneidbrenner abstellte, war Fara in Schweiß gebadet.
»Das begreife ich nicht«, keuchte er. »Unmöglich – kein Metall kann der dauernden Bearbeitung mit Atomenergie widerstehen.«
»Wie Jor dir gesagt hat«, unterbrach der Bürgermeister. »Diese Waffengeschäfte sind – mächtig. Sie breiten sich im ganzen Kaiserreich aus, und sie erkennen die Kaiserin nicht an.«
Fara scharrte verwirrt mit den Füßen im Gras. Er mochte dieses Gerede nicht. Es klang – ketzerisch. Und außerdem war es Unsinn. Es konnte nur Unsinn sein. Bevor er sprechen konnte, meinte irgendwo hinter ihm ein Mann: »Ich habe gehört, die Tür öffnet sich nur solchen Leuten, die denen im Geschäft nicht schaden können.«
Die Worte weckten Fara aus seiner Betäubung. Aufgeschreckt bemerkte er zum erstenmal, daß sein Mißerfolg eine verheerende psychologische Wirkung auf die Umstehenden gehabt hatte. Scharf erwiderte er: »Lächerlich! Wenn es solche Türen gäbe, hätten wir sie alle. Wir…«
Ein plötzlicher Gedanke lähmte ihn mitten im Satz: Ihm fiel ein, daß er niemanden gesehen hatte, der die Tür zu öffnen versuchte; und bei der ganzen Unlust ringsum war es doch durchaus möglich, daß…
Er trat auf die Tür zu, packte den Türknauf und zog. Die Tür öffnete sich mit unnatürlicher Leichtigkeit, die ihm das flüchtige Gefühl gab, er habe nur den Knauf in der Hand. Tief durchatmend zog Fara die Tür weit auf.
»Jor!« schrie er. »Jetzt rein!«
Der Polizist machte eine ungeschickte Bewegung – ungeschickt, weil er vorsichtig sein wollte, sich dann aber bewußt wurde, daß er sich vor so vielen Zuschauern nicht im Hintergrund halten durfte. Unbeholfen stürzte er auf die geöffnete Tür zu – und die schloß sich blitzschnell vor seiner Nase.
Einfältig glotzte Fara auf seine Hand, die immer noch geschlossen war. Ein Schaudern durchfuhr ihn. Der Türknauf hatte – sich ihm entzogen! Er hatte sich gedreht, war zähflüssig geworden und hatte sich seinen gekrümmten Fingern entwunden. Schon die Erinnerung an die kurze Empfindung gab ihm das Gefühl des Unheimlichen.
Ihm wurde bewußt, daß die Menge schweigend und aufmerksam zuschaute. Fara griff wieder nach dem Knauf, nicht ganz so ungeduldig diesmal; und nur für einen Moment fühlte er Widerwillen aufsteigen, als der Türgriff sich in keine Richtung bewegen ließ.
Seine Entschlossenheit gewann wieder die Oberhand, und mit ihr kam ihm eine Idee. Er gab dem Polizisten einen Wink. »Geh zurück, Jor, während ich ziehe.«
Der Mann trat zurück, aber es half nicht. Und auch hartnäckiges Zerren nützte nicht. Die Tür blieb fest verschlossen. Irgendwo in der Menge meinte ein Mann düster: »Sie hatte beschlossen, dich reinzulassen – dann hat sie ihre Meinung geändert.«
»Was redest du für einen Quatsch!« Fara sprach heftig. » Sie hat ihre Meinung geändert. Bist du verrückt? Eine Tür hat keinen eigenen Willen.«
Eine Welle von Furcht ließ seine Stimme dabei zittern. Diese plötzliche Angst aber machte ihn über alle Vorsicht hinweg mutig. Mit einer entschlossenen Bewegung wandte Fara sich dem Geschäft zu.
Drohend ragte das Gebäude in den Nachthimmel, innen hell wie der Tag, riesig in Breite und Länge, fremd, drohend, überhaupt nicht mehr leicht zu erobern. Ihm wurde unwohl bei der Frage, was wohl die Soldaten der Kaiserin tun würden, wenn man sie zum Handeln veranlaßte. Und plötzlich – kurzes Aufflackern einer grauenvollen Möglichkeit – wuchs das Gefühl, daß auch die Soldaten nicht fähig sein könnten, irgendwas zu tun.
Fara schrak davor zurück, daß solch eine Vorstellung sich in sein Denken einschleichen konnte. Abrupt brach er diese Gedankengänge ab und sagte entschlossen: »Die Tür hat sich einmal für mich geöffnet. Sie wird es auch ein zweites Mal tun.«
Sie tat es. Sie tat es ganz einfach. Sanft, ohne Widerstand, mit demselben Gefühl der Leichtigkeit wie vorher folgte die fremdartige gefühlvolle Tür dem Druck seiner Finger. Hinter der Türschwelle Schummerlicht, ein großer nach außen verdunkelter Raum. Er hörte die Stimme von Bürgermeister Mel Dale hinter sich: »Fara, seien Sie kein Narr. Was wollen Sie dort drinnen?«
Fara war ein wenig erstaunt zu bemerken, daß er die Schwelle überschritten hatte. Er drehte sich um, stutzte und starrte in den verschwommenen Fleck, den die Gesichter draußen bildeten. »Nun…«, begann er ausdruckslos; dann
Weitere Kostenlose Bücher