Titan 19
unsere Wissenschaft aufzeigen kann. Sie sterben, einfach so. Unsere Bevölkerung verringert sich. Menschen, vergeßt uns nicht! Mensch, wer auch immer du bist, komm schnell, komm jetzt, bring Hilfe! Aber, um deiner selbst willen, lande nicht! Bleibe über dem Planeten im Orbit und betrachte uns durch deine Bildschirme, auf daß du zur Heimat des Menschen Nachricht zurücktragen kannst von den verlorenen Kindern der Menschheit draußen zwischen den fremden äußersten Sternen!«
Wahrhaftig fremd!
Die Wahrheit war noch viel fremder und wahrhaftig abscheulich.
Suzdal war davon überzeugt, daß die Botschaft wahr sein mußte. Man hatte ihn für die Reise ausgewählt, weil er freundlichen Sinns, intelligent und tapfer war; und dieser Appell rührte an alle diese Eigenschaften.
Später, viel später, als man ihn verhaftete, fragte man Suzdal: »Suzdal, Sie Narr, weshalb haben Sie die Nachricht nicht geprüft? Sie haben die Sicherheit aller Menschheiten um eines närrischen Appells willen riskiert!«
»Er war nicht närrisch!« verteidigte sich Suzdal. »Jene Notkapsel hatte eine traurige, wunderschöne Frauenstimme, und die Geschichte erwies sich als wahr.«
»Bei wem?« fragte der, der ihn verhörte, mit ausdrucksloser und stumpfer Stimme.
Suzdals Stimme klang müde und traurig, als er darauf antwortete. »Mit meinen Büchern. Mit meinem Wissen.« Und dann fügte er widerstrebend hinzu. »Und mit meinem eigenen Urteil…«
»War Ihr Urteil gut?« fragte man ihn.
»Nein«, sagte Suzdal, und er ließ das einzelne Wort in der Luft hängen, als wäre es das letzte Wort, das er je sprechen würde.
Aber Suzdal selbst war es, der das Schweigen brach und hinzufügte: »Ehe ich den Kurs setzte und schlafen ging, aktivierte ich meine Sicherheitsoffiziere in den Würfeln und ließ sie die Geschichte prüfen.
Sie bekamen die wahre Geschichte von Arachosia, sie schon. Sie entzifferten sie aus den Mustern der Notkapsel, und berichteten mir, als ich aufwachte, die wahre, die echte Geschichte ganz schnell.«
»Und was taten Sie?«
»Ich tat, was ich tat. Ich tat das, wofür ich erwarte, bestraft zu werden. Da gingen die Arachosianer bereits außen auf meinem Schiffsrumpf herum, sie hatten mein Schiff gefangen. Sie hatten mich gefangen. Wie sollte ich auch wissen, daß die wunderschöne, traurige Geschichte nur für die ersten zwanzig Jahre stimmte, von denen die Frau erzählte. Und sie war gar keine Frau. Nur ein Klopt. Nur die ersten zwanzig Jahre…«
In den ersten zwanzig Jahren war für die Arachosianer alles gut gegangen. Dann kam die Katastrophe, aber das war nicht die Geschichte, die die Notkapsel berichtete. Sie konnten es nicht verstehen. Sie wußten nicht, weshalb es gerade ihnen widerfahren mußte. Sie wußten nicht, weshalb es zwanzig Jahre, drei Monate und vier Tage wartete. Aber ihre Zeit kam.
Wir glauben, daß es etwas in der Strahlung ihrer Sonne gewesen sein muß, oder vielleicht eine Kombination der Strahlung jener besonderen Sonne und der Chemie, die selbst die weisen Maschinen in dem Muschelschiff nicht völlig analysiert hatten, etwas, das sich ausdehnte und von innen heraus verbreitet wurde. Die Katastrophe schlug zu. Es war eine ganz einfache Katastrophe. Und unaufhaltsam.
Sie hatten Ärzte. Sie hatten Krankenhäuser. Sie verfügten sogar über ein gewisses Maß an Forschungskapazität.
Aber sie konnten nicht schnell genug forschen. Nicht ausreichend, um dieser Katastrophe zu begegnen. Es war einfach ungeheuerlich und enorm.
Die Weiblichkeit wurde karzinogenetisch.
Jede Frau auf dem ganzen Planeten begann zur gleichen Zeit Krebs zu entwickeln. An den Lippen, den Brüsten, dem Unterleib, manchmal am Kinn, am Lippenrand, den zarten Körperteilen. Der Krebs trat in vielen Gestalten auf, und doch war es immer dasselbe. An der Strahlung war irgend etwas, das den menschlichen Körper durchdrang und dafür sorgte, daß eine bestimmte Form von Desoxycorticosteron sich in eine – auf der Erde unbekannte – Unterart von Pregnandiol verwandelte, das unfehlbar Krebs verursachte. Er breitete sich schnell aus.
Zuerst starben die kleinen weiblichen Babys. Die Frauen klammerten sich weinend an ihre Väter, ihre Männer. Die Mütter versuchten, sich von ihren Söhnen zu verabschieden.
Einer der führenden Ärzte war selbst eine Frau. Eine starke Frau. Sie schnitt rücksichtslos lebendes Gewebe von ihrem lebenden Körper, legte es unter das Mikroskop, nahm Proben von ihrem eigenen Urin, ihrem Blut, ihrem
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