Titan - 2
der Geburt einer neuen Ära Anteil gehabt zu haben.«
Keith setzte zu einer Antwort an, überlegte es sich dann aber. Noch nervöser als zuvor zündete er sich eine frische Zigarette an.
Binnen einer Woche waren in sämtlichen Zeitungen der Welt Fotos von Keith erschienen, wie er dem Präsidenten die Hand schüttelte. Der Präsident blickte ungewöhnlich ernst drein, Keith schaute sehr jung aus und ziemlich beunruhigt. Die Regierung spielte sehr geschickt ihre Trümpfe aus. Keith wurde von der Öffentlichkeit ferngehalten, während die Spannung immer mehr zunahm und die Menschen auf der ganzen Welt in Sorge und Hoffnung warteten.
In der New York Times erschien folgender kurzer Leitartikel:
»Ein junger Mann ist aus dem Nirgendwo auf unseren Planeten gekommen. Er ist in einem so hochentwickelten Schiff gekommen, daß unsere besten Flugzeuge im Vergleich dazu aussehen wie amüsante Kinderspielzeuge. Man kann annehmen, daß die Zivilisation, die dieses Schiff entwarf und baute, auch andere Schiffe gebaut hat.
Der Botschafter, den uns diese Zivilisation geschickt hat, scheint ein etwas schüchterner, sympathischer junger Mann zu sein. Seine Absichten sind allem Anschein nach die besten, obwohl konkrete Beweise dafür fehlen. Wir können uns mit diesem Mann zu seinen Bedingungen verständigen, wenn wir wollen, vielleicht nicht als Ebenbürtige, aber doch als Freunde.
Wenn wir uns aber diesen Mann ansehen, der uns so sehr gleicht, können wir nicht umhin, uns zu fragen, warum gerade er für diese Aufgabe ausgewählt wurde. Wir wissen nichts von seiner Welt. Wir wissen nichts von dem Volk, das er vertritt. Es mag wünschen, wie er sagt, unser Freund zu werden. Und vielleicht bietet sein Volk der Menschheit die größte Chance, die sie in ihrer Geschichte je erhalten hat.
Denken wir aber an die Indianer, die unser Land zuerst bewohnten. Die ersten Weißen, die sie sahen, machten ihnen keine Angst. Sie hielten diese Männer für Götter und bewunderten ihre seltsamen Gewohnheiten und ihr hoch überlegenes technisches Wissen. Die Indianer wußten nichts von den vielen weißen Männern, die nachkommen würden.
Daran müssen wir denken, wenn wir heute diesen jungen Mann sehen, der durch den Raum zu uns gekommen ist. Wir lernen ihn kennen und finden ihn sympathisch und bewundern das Schiff, in dem er gekommen ist. Aber wir möchten ihm eine ganz bestimmte Frage stellen:
Gibt es noch mehr von Ihrer Sorte?«
Der Artikel wurde oft zitiert und hatte gute Aussichten, der New York Times einen weiteren Pulitzer-Preis einzubringen.
Ende Jänner kam Keith endlich den in ihn gesetzten Erwartungen nach und hielt eine Rede vor den Vereinten Nationen. Das öffentliche Interesse an dieser Rede war natürlich ungeheuer, so daß Fernseh- und Radioteams scharenweise anrückten.
Keith machte sich während der weitschweifigen Einführungsreden ausführliche Notizen und schien sich ernstlich für das zu interessieren, was die verschiedenen Delegierten zu sagen hatten. Er war immer noch ziemlich hager und schien seinem eigenen Auftritt mit sehr wenig Begeisterung entgegenzusehen.
Nur widerwillig betrat er das Rednerpodium, das von grellen Scheinwerfern, Kameras und Mikrofonen eingekreist war. Seine Hände zitterten, und er mußte sich wiederholt räuspern.
Als er jedoch einmal in Fahrt war, wurde seine Rede sehr eindrucksvoll und bewegend.
»Ich kam auf eine neue Welt«, begann er auf englisch, mit angemessenen Pausen für die Simultandolmetscher. »Ich kam über einen Ozean, der unvorstellbar groß ist. Ich kam nicht an der Spitze einer bewaffneten Streitmacht, sondern allein und wehrlos. Ich kam in Frieden und Freundschaft, um ein Band der Bruderschaft zwischen zwei Zivilisationen zu knüpfen.«
Die versammelten Diplomaten applaudierten spontan.
»Es ist nun an der Zeit«, fuhr er mit wachsender Sicherheit fort, »daß Sie Ihre Zwistigkeiten begraben und den Ihnen zustehenden Platz in der Familie der Welten einnehmen. Kriege müssen fortan der Vergangenheit angehören, so daß wir alle Seite an Seite vereint der Zukunft entgegenschreiten können. Auf allen Planeten einer Million Sonnen gibt es keine stärkere Macht als die Freundschaft, kein beseligenderes Ziel als Harmonie zwischen allen Menschen.«
Verstärkter Applaus.
Er sprach noch über eine Stunde in derselben Art weiter und schloß endlich: »Sie mögen stolz sein auf Ihre großartige Welt, doch sollten Sie auch Demut kennen. Ich selbst schätze Ihre Welt und Ihre
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