Die 39 Zeichen 06 - Gefahr am Ende der Welt
Prolog
Nach dem Tode Grace Cahills gibt es bei der Testamentseröffnung eine Überraschung: Grace hat ihre Erben vor die Wahl gestellt, entweder eine Million Dollar aus ihrem umfangreichen Vermögen anzunehmen oder auf das Geld zu verzichten und dafür an einer Art »Wettbewerb« mitzumachen, in dem 39 Zeichen die Teilnehmer am Ende zu einem Geheimnis führen sollen, das dem Gewinner unvergleichliche Macht verspricht.
Der elfjährige Dan und die 14-jährige Amy Cahill, Grace’ geliebte Enkelkinder, beschließen, die Herausforderung anzunehmen. Die beiden Waisen verzichten auf das Geld und entscheiden sich stattdessen für die ungewöhnliche Rätseljagd, die sie schließlich nicht nur um die ganze Welt führen soll, sondern sie auch mit der Geschichte ihrer berühmten Familie konfrontiert.
Mit dieser Entscheidung begeben sie sich in größere Gefahr, als sie zunächst ahnen, denn ihre konkurrierenden Verwandten scheinen in jeder Hinsicht skrupellos zu sein: die Geschwister Kabra – Ian und Natalie – sind im selben Alter wie Dan und Amy und gehören dem Familienzweig der Lucians an, den strategisch und politisch begabten Cahills; auch Irina Spasky, ehemalige und hochgefährliche KGB-Agentin ist eine Lucian; der Film- und Musikstar Jonah Wizard dagegen ist ein Janus, der künstlerische Zweig der Familie; die fünfköpfige Familie Holt
ist Teil des Tomas-Clans, der physisch und militärisch ausgerichtet ist; und schließlich gibt es da noch Alistair Oh, einen verarmten Industriemagnaten, der zu den Ekaterina gehört, die vor allem auf technisch-erfinderischem Gebiet hervorstechen.
Welchem Zweig Amy und Dan angehören, hat ihnen ihre Großmutter nie verraten.
Ein geheimnisvolles Telegramm lockt Amy und Dan nach Russland. Um an den nächsten Hinweis zu gelangen, müssen sie sich auf die Spur der berühmten Zarenfamilie Romanow begeben. Doch erst als sie von völlig unerwarteter Seite Hilfe erhalten, gelingt es ihnen nicht nur das nächste Rätsel zu lösen:
BERNSTEIN,
sondern auch das wohl bekannteste Kunstwerk aus Bernstein zu finden – das Bernsteinzimmer, das seit dem Zweiten Weltkrieg als verschwunden galt. Was aber die beiden gefälschten australischen Pässe ihrer Eltern dort zu suchen haben, das können sich Amy und Dan nicht erklären …
Erstes Kapitel
In Amy Cahills Ohren rauschte es. Wenn sie die Augen schloss, konnte sie sich vorstellen, unter einem herrlichen tropischen Wasserfall zu stehen. Leider versteckte sie sich lediglich auf der Toilette eines Flughafens.
Sie saß in einer Kabine auf dem WC-Sitz, die Füße hochgezogen, den Rucksack unsicher auf den Knien. Sie hörte, wie andere spülten, den Wasserhahn aufdrehten und rasch wieder gingen, den Trolley hinter sich her ziehend. Auf dem Flughafen von Sydney in Australien ging es hektisch zu.
Hektik war gut. Hektik bot ihr Schutz. Wenn man Verfolgern entwischen wollte, bot sich eine Toilette geradezu an. Sofern es einem nichts ausmachte, eine Viertelstunde auf dem WC-Deckel zu kauern.
Den Verfolgern entwischen . Noch vor wenigen Wochen hätte das für Amy nur bedeutet, dass sie ihren kleinen Bruder Dan daran hindern musste, seine Nase in ihr Tagebuch zu stecken. Heute hatte sie es mit echten Verfolgern zu tun. Für eine Vierzehnjährige, allzu echt.
Amy stellte sich auf den Deckel und spähte über die Tür. Kurz vorher waren mehrere Teenager hereingekommen, die nun auf Französisch schnatterten, während sie sich die Hände wuschen und sich im Spiegel begutachteten. Die Reiseleiterin rief: » Allons-y !«, und, noch immer schwatzend und lachend,
wuselte die Gruppe mit ihren Koffern im Schlepptau zum Ausgang.
Das war die Gelegenheit. Amy schlüpfte aus der Kabine, lächelte eins der hübschen französischen Mädchen an, mischte sich unter die Touristinnen und mogelte sich beim Hinausgehen in die Mitte der Gruppe.
Sie achtete sorgfältig darauf, dass die Französinnen zwischen ihr und dem gegenüberliegenden Ausgang blieben. Als sie zur Gepäckausgabe abbogen, schlüpfte Amy in ein Café. Sie spähte den Korridor entlang und suchte nach etwas Vertrautem – oder einem verdächtigen Fremden.
Alles sah normal aus. Das Problem war nur, dass das nicht unbedingt nur Gutes zu bedeuten hatte. Seit Neuestem bedeutete »normal«, dass alles und jeder eine Bedrohung sein konnte.
Wie stand es zum Beispiel um die japanische Familie da drüben mit den supercoolen Schuhen? Oder den beiden amerikanischen Rucksacktouristen im Partnerlook? Was war mit
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