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Titan 6

Titan 6

Titel: Titan 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne SF Classics
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nach ihrer ›Funktion‹ eingestuft wurden – das heißt, nach ihrer Rolle, die sie in der Wirtschaft spielten. Die Ideologie, die dieser Theorie zugrundelag, behauptete, daß es richtig und gut sei, wenn jeder Mensch über seine Mitmenschen soviel Macht ausübte, als seiner Funktion entsprach, und daß jede andere Form von Gesellschaftsordnung dumm, unrealistisch und wider die ›natürliche Ordnung der Dinge‹ sei.
    Die alles umfassenden Wechselbeziehungen des modernen Wirtschaftslebens schienen dem Autor entgangen zu sein.
    Seine Ideen waren mit einer oberflächlichen, mechanistischen Pseudo-Psychologie verbrämt, die sich auf die beobachtete Rangordnung bei Hühnern und die berühmten Pavlovschen Experimente über konditionierte Reflexe bei Hunden stützte. Er ging darüber hinweg, daß Menschen weder Hunde noch Hühner sind. Der alte Dr. Pavlov schenkte ihm jedenfalls nicht die geringste Beachtung – was auch für viele andere galt, die sich blind und unwissenschaftlich über die Bedeutung seiner wichtigen Experimente ausließen, ohne deren strenge Einschränkungen in Betracht zu ziehen.
    Der Funktionalismus setzte sich nicht sofort durch. In den dreißiger Jahren hatte schließlich fast jeder, vom Busfahrer bis zum Garderobenfräulein, seine Ideen, wie die Welt höchst einfach zu verbessern wäre, und ein überraschend hoher Prozentsatz dieser Leute brachte es fertig, ihre Vorstellungen zu veröffentlichen.
    Nach und nach aber breitete sich der Funktionalismus aus, vor allem unter den kleinen Leuten allenorts, die sich einbilden konnten, daß ihre jeweiligen Berufe unentbehrlich seien, und daß sie deshalb, nach der ›natürlichen Ordnung‹, eigentlich die Obermacher sein müßten. Da so viele Funktionen tatsächlich unentbehrlich waren, war eine solche Einbildung sehr leicht aufrechtzuerhalten.
     
    *
     
    Gaines starrte Van Kleeck einen Moment lang betroffen an, bevor er antwortete. »Van«, sagte er langsam, »Sie glauben doch nicht wirklich, daß Sie damit durchkommen, oder?«
    Der kleine Mann plusterte sich auf. »Warum nicht? Wir sind bereits damit durchgekommen. Ihr könnt Streifen 20 nicht mehr in Gang bringen, bevor ich es euch erlaube, und ich kann auch die gesamte Straße stoppen, wenn es notwendig wird.«
    Gaines wurde sich unbehaglich bewußt, daß er es mit einem von Komplexen beladenen Fanatiker zu tun hatte, und zwang sich zu Ruhe und Geduld.
    »Sicher können Sie das, Van – aber wie steht’s mit dem Rest des Landes? Sie glauben doch nicht, daß die Armee der Vereinigten Staaten ruhig zusehen wird, wie Sie in Kalifornien Ihr privates Königreich einrichten?«
    Van Kleecks Miene wurde hinterhältig. »Damit habe ich gerechnet. Ich habe eben ein Manifest an alle Straßentechniker des Landes durchgegeben und ihnen gesagt, was wir unternommen haben, und daß sie sich erheben sollen und ihre Rechte beanspruchen. Wenn jede Straße im Land zum Stillstand kommt und die Leute langsam hungrig werden, wird sich’s der Präsident wohl zweimal überlegen, ob er die Armee auf uns losläßt, denke ich. Oh, er könnte natürlich einen Trupp losschicken, der mich gefangensetzen oder töten soll – ich habe keine Angst vor dem Sterben! – aber er würde es nicht wagen, Straßentechniker ganz allgemein beschießen zu lassen, weil das Land nicht ohne uns auskommt – er wird also mit uns auskommen müssen, und zu unseren Bedingungen!«
    In dem, was er sagte, lag eine Menge bitterer Wahrheit. Wenn der Aufstand der Straßentechniker landesweit durchgeführt wurde, konnte die Regierung ihn ebensowenig mit Gewalt niederschlagen, als ein Mensch sein Kopfweh dadurch kurieren wird, daß er sich eine Kugel durchs Hirn jagt. Aber war der Aufstand landesweit?
    »Wieso glauben Sie, daß die Techniker im Rest des Landes eurem Beispiel folgen werden?«
    »Warum nicht? Das liegt in der natürlichen Ordnung der Dinge. Wir leben in einem Maschinenzeitalter; die wirkliche Macht liegt überall in den Händen der Techniker, aber sie sind durch abgedroschene Phrasen so weit gebracht worden, daß sie ihre Macht nicht ausüben. Und von allen Arten von Technikern sind die wichtigsten und absolut unentbehrlichen die Straßentechniker. Von jetzt an werden sie die Dinge in die Hand nehmen, wie es der natürlichen Ordnung entspricht!« Er wandte sich einen Augenblick ab, spielte mit einigen Papieren auf seinem Schreibtisch und bemerkte schließlich: »Das ist vorläufig alles, Gaines. Ich muß jetzt das Weiße Haus anrufen und

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