TITLE
Gartens.
Ein Schweizer in kostbarer Livree stand unter dem Haupteingang. Nur mit einer gewissen Furcht richtete ich das Wort an eine Persönlichkeit, die mir so bedeutend erschien, und fragte sie mit vor doppelter Gemütsbewegung zitternder Stimme, ob Miß Arabella in London sei. »Was wollen Sie von Mylady?« fragte der Schweizer. – »Ich hatte vor ungefähr einem Monate die Ehre sie in Chester zu treffen,« antwortete ich. »Sie sagte mir, ich sollte sie in London aufsuchen und hier ist die Adresse, welche sie mir gegeben.« Der Schweizer zog die Schnur einer Glocke, die Glocke läutete und eine Art Zofe, eine Frau von etwa vierzigJahren, kam die Treppe herunter. »Antworten Sie diesem jungen Mädchen, Mistreß Norton,« sagte der Schweizer, indem er seine würdevolle Haltung und seine majestätische Unbeweglichkeit wieder annahm. Ich wiederholte der Dienerin, was ich zu dem Schweizer gesagt, und überreichte ihr die Adresse, welche Miß Arabella mir gegeben. »Ja, das ist in der Tat Mylady's Handschrift,« sagte die Dienerin, nachdem sie gelesen, »unglücklicherweise ist sie jetzt nicht in London.« – »O mein Gott! Wo ist sie denn? Ich bin ja einzig und allein in der Absicht nach London gekommen, um sie aufzusuchen.« – »Der letzte Brief, den wir von ihr erhalten haben, war von Dover. Sie meldete uns darin, daß sie sich nach Frankreich einschiffte.« – »Und,« fragte ich, während diese erste Täuschung mir das Herz zusammenschnürte, »wissen Sie nicht, wann sie vielleicht wiederkommt?« – »Nein, es ist bloß wahrscheinlich, daß sie zur Zeit der Wettrennen wieder hier sein wird.« – »Und wann werden diese Wettrennen stattfinden?« – »Vom 15. bis 25. August.« – »Was sollen wir tun?« fragte ich Dick, indem ich mich nach ihm herumdrehte. – »Wir können weiter nichts tun, als warten,« antwortete er. – »Wenn Sie Ihren Namen aufschreiben wollen, Miß,« sagte die Dienerin, »so wird man, sobald Mylady zurückkommt, ihr denselben geben.« – »Das werde ich sehr gern tun.« – Mit diesen Worten trat ich in die Loge des Schweizers und schrieb auf ein Blatt Papier: »Emma Lyonna.« – »Sie werden die Güte haben,« setzte ich hinzu, »Mylady zu sagen, daß das junge Mädchen dagewesen ist, welchem sie in Wales am Meeresstrande begegnet ist und welchem sie ihre Adresse mit der Aufforderung gegeben, sie in London zu besuchen.« – »Und wo wird man Sie finden, wenn Mylady befiehlt, daß man Sie suche?« – »Das weiß ich selbst noch nicht und ich weiß auch nicht, was mittlerweile aus mir werden wird.« – »Vor der Hand,« setzte Dick hinzu, »wohnen wir –« Ich unterbrach ihn, denn ich begriff sofort, daß die Nennung unserer Herberge uns eben nicht sonderlich zur Empfehlung gereichen würde. »Vor der Hand,« sagte ich, »wird man bei Mr. James Hawarden, Chirurg in Leicester Square, stets erfahren können, wo ich bin. Wünschen Sie, daß ich die Adresse dieses Herrn unter meinem Namen schreibe?« – »Das ist nicht nötig. Er hat Tom kuriert, als dieser das Bein gebrochen hatte.« – »Ich danke. Und nun,« sagte ich zu Dick, »sei so gut, mich zu Mr. Hawarden zu führen.« – Dick erkundigte sich nach dem Wege, den wir nun einzuschlagen hätten. Glücklicherweise warLeicester Square nicht sehr weit von Oxfordstreet entfernt und wir lenkten unsere Schritte sofort nach dem neuen Ziele.
6. Kapitel.
Mr. James Hawarden war nicht zu Hause, doch sollte er noch vor sieben Uhr zurückkommen und es war jetzt halb sechs. Man forderte mich auf, so lange zu warten. Ich bat Dick, in unser Gasthaus, welches nicht weit von Leicester Square entfernt sein konnte, zurückzukehren und mich in einer Stunde abzuholen. In der Tat lag Leicester Square am Wege und ungefähr auf der Hälfte von Oxfordstreet bis zur Themse, auf welche die Fenster unseres Zimmers gingen. Nach Verlauf einer halben Stunde hörte ich drei- oder viermal an die Tür pochen. Es war der Hausherr, welcher zurückkam und sich auf diese Weise ankündigte. Er trat in die Art Sprechzimmer, wo ich ihn erwartete, und obschon es mittlerweile beinahe Abend geworden war, so erkannte er mich doch sofort. »Ah, Sie sind es, mein schönes Kind!« sagte er zu mir mit einem Lächeln, welches einen gewissen Anflug von Wehmut hatte. »Ich dachte mir, als ich Hawarden verließ, wohl, daß ich Sie bald in London sehen würde.« – »Ist das ein Vorwurf, den Sie mir da machen, Sir?« fragte ich ihn. – »Nein, die Jugend ist
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