Tochter des Glueck
gehört, wie Brigadeführer Lai hineinspricht. Er wohnt im Hofhaus, und ich durfte es eines Tages anschauen.«
Wir kommen an Hochöfen vorbei, und ich erkenne mehrere Frauen aus Z. G.s Kunstunterricht, die jetzt das Feuer schüren.
»Kumei, erzähl unseren Gästen von den Frauen in unserem Dorf«, ordnet der Brigadeführer an.
»Wir Frauen sind aus den engen Grenzen unserer Häuser befreit worden.« Sie klingt begeistert wie immer. »Durch den Großen Sprung nach vorn müssen wir nicht mehr die harte Arbeit als Ehefrauen und Mütter leisten. Wir leben nicht mehr als Parasiten in unserem Zuhause. Wir wurden von unserem frustrierenden und ichbezogenen Leben befreit.«
»Alles, was man den Leuten versprochen hat, seit ich zuletzt hier war, ist verwirklicht worden – von dem Telefon über das Essen für alle bis hin zur wirklichen Befreiung der Frauen«, sage ich.
Der Brigadeführer lächelt mir anerkennend zu, aber meine Mutter muss natürlich wieder nach dem Haar in der Suppe suchen.
»Entschuldigung, aber darf ich fragen, wer sich dann um die Kinder kümmert?«, fragt sie. »Wer macht die Wäsche? Wer bereitet die Mahlzeiten zu? Wer pflegt die Alten und die Kranken?«
Meine Mutter kann einem wirklich auf die Nerven gehen, doch der Brigadeführer antwortet mit leutseligem Gelächter.
»Für eine Frau deines Alters ist es sicherlich nicht leicht, Veränderungen zu akzeptieren«, sagt er. (Das kommt bei meiner Mom gar nicht gut an.) »Die Volkskommune bietet Kinderbetreuung, eine Wäscherei und eine Kantine …«
»Wunderbar«, sagt meine Mutter. »Das würde ich mir gerne ansehen. Werden diese Einrichtungen von Männern geführt?«
Der Brigadeführer prahlt: »Die Kantine bedeutet Freiheit für die Frauen. Sie sind befreit von Tretmühle und Wok …«
»Jedenfalls ist jetzt alles besser gelöst«, sagt Sung-ling und tritt zwischen meine Mutter und den Brigadeführer. Sie nimmt meine Mutter am Ellbogen und führt sie in das Hofhaus. Unser Gepäck lassen wir im vordersten Hof, genau wie an meinem ersten Abend hier. Dann machen wir uns wieder auf, über den Weg, der an die Mauer des Hofhauses angrenzt. Große Plakate kleben an der Mauer. Sie zeigen das Leben in der Kommune, die Stahl- und Eisenproduktion, den Fischfang und die neuen Straßen auf dem Land. Wir überqueren die kleine Brücke und gehen weiter den Pfad entlang, der parallel zum Bach verläuft. Ich würde gerne mit Tao einen Umweg über den Pavillon der Wohltätigkeit machen, aber er ist vorne bei Z. G. Die beiden stecken die Köpfe zusammen und unterhalten sich angeregt.
»Wenigstens können wir dieselbe Arbeit verrichten und dasselbe Essen genießen wie unsere Väter, Männer, Söhne und Brüder«, fährt Sung-ling fort. »Es gibt nicht mehr nur Reste für uns. Wir werden nach unserer Arbeitsleistung bezahlt. Je mehr wir leisten, desto mehr bekommen wir. Jetzt kann ich mein Geld ausgeben, wie ich will. Kein Mann kann mir Befehle erteilen. Jede Frau ist ihr eigener Herr – und Meister. Das ist doch gut, findest du nicht?«
»Doch«, gibt meine Mutter zu. »Das sind alles gute Errungenschaften.«
Ich lächle. Endlich hat Mom etwas gehört, das ihr gefällt.
»Die Volkskommune ist wirklich eine gute Sache«, fügt Sung-ling hinzu. »Man kann die Vorteile gar nicht auf einer einzigen Liste aufführen.«
»Die Volkskommune ist groß!«, schreit Kumei geradezu. Als die Leute zu ihr hinsehen, wird sie rot, senkt den Blick und bedeckt ihre Narbe mit der Hand.
»Kumei hat recht.« Nun spricht Tao. »Das Glück lächelt auf uns alle herab!«
Obwohl es so brennend heiß ist, läuft mir ein Schauer über den Rücken, so aufgeregt bin ich. Ich bin glücklich, wieder hier zu sein. Dies sind meine Freunde, hier gehöre ich her.
Nach etwa zehn Minuten kommen wir über eine weitere Steinbrücke. Rechts breiten sich Reisfelder aus. Wir halten uns links und kommen an Kürbis-, Mais- und Süßkartoffelfeldern vorbei. Vor uns stehen mehrere Gebäude. Außer einem sind alle aus getrockneten Maisstauden gebaut. Die Maisstauden wurden zusammengebunden zwischen Bambusrahmen gesteckt und dienen als Wände und Dächer.
Brigadeführer Lai streckt theatralisch den Arm aus. »Die Volkskommune Löwenzahn Nummer acht! In diesem Gebäude ist unser Kindergarten untergebracht. Wir haben auch den Glücksgarten – ein Heim für die Alten …«
»Besteht das auch aus Maisstauden?«, fragt meine Mutter.
Brigadeführer Lai ignoriert sie. »In einem anderen Dorf haben wir
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