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Tod Eines Mäzens

Titel: Tod Eines Mäzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lindsey Davis
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beurteilte ihn nur anhand der Fakten. Zum Glück für Titus Flavius Domitianus, zweiter Sohn Vespasians, zählte ich als bloßer Ermittler für ihn nicht. Aber wir beide wussten, was ich von ihm hielt. Im Laufe seiner Machenschaften war er verantwortlich für den Tod eines jungen Mädchens gewesen, das mir einmal etwas bedeutet hatte. »Verantwortlich« war hier ein diplomatischer Euphemismus.
    Domitian wusste, dass ich verheerende Informationen besaß, gestützt auf gut verborgene Beweise. Er hatte alles getan, um mich klein zu halten, hatte bisher allerdings nur gewagt, meinen gesellschaftlichen Aufstieg zu verzögern, doch die Drohung für Schlimmeres war immer vorhanden. Was natürlich auch umgekehrt galt. Wir wussten beide, dass wir noch nicht miteinander fertig waren.
    Der Abend versprach jetzt schwierig zu werden. Der anmaßende junge Cäsar war dazu degradiert worden, literarische Preise zu verleihen. Er schien unparteiisch zu urteilen – aber es war unwahrscheinlich, dass Domitian ein freundlicher Kritiker meiner Arbeit sein würde.
     
    Nachdem er alle bis auf Rutilius beiseite geschoben hatte, stolzierte das Prinzlein vorbei, begleitet von seiner glanzvoll ausgetricksten Frau Domitia Lepida – die Tochter des großen Generals Corbulo, ein spektakulärer Fang, den Domitian unverfroren ihrem früheren Ehemann weggeschnappt hatte. Er übersah mich. Daran gewöhnte ich mich heute Abend allmählich.
    In der Aufregung gelang es den Ungeladenen, sich reinzuschmuggeln, aber es schien jetzt das Beste, ein so großes Publikum wie möglich zusammenzukriegen. Unter den letzten Ankömmlingen entdeckte ich plötzlich Maia; typisch für sie, trat sie rasch herein, erweckte Aufsehen mit ihren dunklen Locken und ihrer selbstbeherrschten Art. Petronius Longus wollte sie hineinbegleiten, aber sie drängte sich durch die Menge, umging sowohl Petro als auch mich, steuerte beherzt auf den besten Platz im Saal zu und quetschte sich neben Mama. Das kaiserliche Gefolge hätte sich mit großem Zeremoniell in der Apsis niederlassen sollen, aber alle blieben seitlich stehen. Höflinge wuchteten sich auf die schulterhohen Wandvorsprünge hoch. Domitian geruhte auf einer tragbaren Bank Platz zu nehmen. Ich erkannte – was Rutilius vermutlich entgangen war –, dass es sich nur um einen Höflichkeitsbesuch handelte. Man war gekommen, um sich huldvoll zu zeigen, achtete aber darauf, freie Bahn zu haben, sobald man sich langweilte.
    Inzwischen war klar, dass der von uns in kleinem Kreise geplante Abend aus dem Ruder gelaufen war. Rutilius und ich hatten die Kontrolle über die Ereignisse vollkommen verloren. Es herrschte eine Atmosphäre gespannter Erwartung. Die Gewichtung des Publikums war ungleich, da der Prinz und sein Gefolge sich auf der linken Seite zusammendrängten, den freien Platz einnahmen, den wir hatten bewahren wollen, und die Sicht unserer Freunde und Familien dahinter behinderte. Selbst Rutilius wirkte leicht verärgert. Vollkommen Fremde schoben sich durch den Saal. Helena küsste mich förmlich auf die Wange, dann ließen sie und Petronius mich stehen, um sich irgendwo einen Platz zu suchen.
    Wir räusperten uns zögernd. Niemand hörte es.
    Dann kehrte von allein Ordnung ein. Rutilius ging noch einmal rasch seine Schriftrollen durch, war bereit, als Erster zu beginnen. Er hatte einen ganzen Arm voll, während ich nur eine Schriftrolle hatte, auf die mein dubioses Opus von meinen Frauensleuten übertragen worden war. Helena und Maia waren der Ansicht, dass schlechte Handschrift zu peinlichen Pausen führte, wenn sie mich mit meinen ursprünglichen Schrifttafeln mir selbst überließen. Es stimmte, dass meine Bemühungen eine ganz andere Würde anzunehmen schienen, nachdem sie in sauberen, drei Zoll breiten Spalten auf makellosem Papyrus niedergeschrieben waren. (Helena hatte den Papyrus als Geste der Unterstützung zur Verfügung gestellt; Maia hatte sparsamer vorgehen und die Rückseiten alter Rezepte für Pferdearzneien verwenden wollen, das einzige Erbe, das ihr verstorbener Mann ihr hinterlassen hatte.) Ich drückte an der Rolle herum, wickelte sie unabsichtlich immer enger um den Stab, während ich so tat, als würde ich Rutilius ermutigend zugrinsen. Dann erhob sich zu unserer Überraschung der Bärtige, um den sich die Uneingeladenen drängten, und trat vor die Stufe, auf der wir unsere Lesung abhalten wollten.
    Jetzt sah ich ihn deutlicher – graue Haare, die in Büscheln von seiner eckigen Stirn abstanden,

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