SGK232 - Feuerhexen über New York
»La Conetta« war die Sensation in Las Vegas.
Sie war eine Frau von unbeschreiblicher Schönheit, hatte eine
Stimme, für die die Kritiker voll des Lobes waren, und konnte dazu tanzen, daß
nicht nur die männlichen Besucher des Golden Nugget Club in Begeisterungsstürme
ausbrachen.
Der Farmer Thomas Franklin stammte aus der Gegend um Philadelphia.
Zum ersten Mal in seinem Leben er war gerade zweiunddreißig geworden - hielt er
sich in Las Vegas auf, und das allein.
Er geriet von einem Vergnügen ins andere, natürlich auch in den
Golden Nugget Club, um »La Conetta« zu sehen.
Der junge Mann mit den buschigen Augenbrauen und den etwas hilflos
wirkenden Gebärden vergaß an diesem Abend die Welt um sich. Er hatte nur noch
Augen für »La Conetta«.
»Sie ist ein Teufelsweib«, entfuhr es ihm, als er sie über die
Bühne wirbeln sah.
Die Lichter schimmerten auf der samtenen Haut und ließen jede
Bewegung zur Augenweide werden. Thomas Franklin saß allein am Tisch. Es gab
niemand, dem seine Bemerkung aufgefallen wäre. Nur am Nebentisch saß ein
Pärchen. Dem Mann entgingen Franklins Worte nicht, und er grinste den Farmer
unverschämt an.
»Da würde man alles daransetzen, um sie kennenzulernen, nicht wahr ?« sprach er unvermittelt.
Franklin nickte eifrig. »Es gibt eigentlich nichts, was man nicht
erreichen könnte, wenn man nur hartnäckig genug ist«, philosophierte er.
Sein Gesprächspartner hob erstaunt die Augenbrauen. »Olala Sie
sind ja von der ganz schnellen Sorte! Aber ich glaube, bei >La Conetta<
kann unsereiner nicht landen...«
Die letzten Worte sprach er sehr leise und beugte sich Thomas
Franklin entgegen. Mit einem Blick gab er dem Farmer zu verstehen, daß er
dessen Gefühle verstand und teilte.
Franklin warf einen Blick über seinen Nachbarn hinweg auf die
grazile Schwarzhaarige, die den Tisch mit ihm teilte.
»Das ist meine Schwester«, erklärte der Mann. »Da kann ich mir
solche Bemerkungen erlauben...« Er lachte dunkel, und die junge Frau wandte
Thomas Franklin ihr Gesicht zu. Sie stimmte in das Lachen mit ein.
»Und vielleicht haben sie mit dem, was Sie vorhin sagten, recht«,
fuhr der andere zu sprechen fort. »Sie ist teuflisch schön. Solange ist sie
übrigens noch gar nicht da, habe ich mir sagen lassen .«
In den nächsten zwei Stunden hatten sie nichts anderes zu tun, als
sich über diese Frau zu unterhalten. Der Stoff ging ihnen nicht aus.
Die Melodien, die die Schöne sang, gingen einem unter die Haut.
Thomas Franklin trank an diesem Abend weniger als in den Tagen
zuvor. Es schien, als wolle er sich für irgend et was vorbereiten.
Gegen Mitternacht ging die Show, die >La Conetta< bot, zu
Ende.
Zu diesem Zeitpunkt wußte Franklin noch nicht mal den richtigen
Namen der Frau, die unter dem Künstlernamen >La Conetta< auftrat. Einiges
sprach dafür, daß sie spanisches oder südamerikanisches Blut in ihren Adern
hatte. Thomas Franklin verließ seinen Platz, zündete sich draußen vor dem
Eingang eine Zigarette an und dachte nach.
Dann kehrte er über den Hintereingang in den Club zurück. Hier
lagen die Privaträume und Garderoben der Künstler. Auf der Bühne war inzwischen
ein Magier mit seinem Programm an der Reihe.
Doch wer >La Conetta< singen hörte und tanzen sah, dem stand
der Sinn nicht mehr nach anderen Darbietungen.
Beinahe magnetisch zog Thomas Franklin jene fremde, faszinierende
Frau an, die er heute zum ersten Mal sah. Und doch hatte er das Gefühl, sie
schon seit einer Ewigkeit zu kennen...
Merkwürdig! Er fühlte sich wie berauscht bei dem Gedanken,
unbedingt die Bekanntschaft dieser Frau zu machen. Und es kam ihm nicht mal
seltsam vor, daß er es wagte, sich >La Conettas< Garderobe zu nähern. Der
Auftritt der schönen Künstlerin machte ihm sogar selbst Mut. Es schien, als
wolle >La Conetta< mit ihrer Art vorzutragen nur ihre Verehrer
auffordern, auf sie zuzukommen.
An den mahagonifarbenen Türen waren kleine, messingfarbene
Schilder befestigt, auf denen die Namen der zur Zeit im Golden Nugget Club
anwesenden Künstler eingraviert waren.
Dann stand Franklin vor der Tür.
Er bekam plötzlich Herzklopfen, atmete tief durch und zwang sich
zur Ruhe.
Er klopfte und wartete.
Deutlich war hinter der Tür das Rascheln von Kleidern zu hören.
Offensichtlich zog >La Conetta< sich gerade um. Unwillkürlich huschte ein
vielsagendes Lächeln um die Lippen des jungen Mannes. Da kam er ja gerade zur
rechten Zeit. Aus dem Rascheln wurde ein Knistern.
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