Tod im Tower: John Mackenzies erster Fall (German Edition)
schlug er sich mit der Hand auf den Mund.
„Donnerwetter, nun habe ich ganz vergessen, dass dieser Mensch ja mit Ihnen verwandt ist, wie er mir sagte. Nichts für ungut, Mackenzie.“ Doch John grinste nur breit.
„Sir, mein Kompliment für Ihre Menschenkenntnis. So schnell hat bisher noch niemand meinen Cousin durchschaut. Der Fairness halber muss ich aber sagen, dass er den Ruf hat, ein cleverer Ermittler zu sein.“ Mullins wiegte nachdenklich den Kopf.
„Hm. Ich möchte mich ungern darauf verlassen, dass er diesen Fall lösen wird. Wie Sie sich vorstellen können, ist es unser oberstes Interesse, dass diese Geschichte schnell wieder aus den Schlagzeilen verschwindet. Heute früh hatte ich schon diverse Anrufe von ganz oben deswegen. Unsere verehrte Dienstherrin –“, er warf einen Blick auf das königliche Porträt an der Wand – ist not amused, wie ich höre. Wir müssen also alles in unserer Macht stehende tun, damit der Mörder dieser jungen Frau gefunden wird, und zwar flott.“
„Was meinen Sie, Chief? Scotland Yard arbeitet doch sicher mit Hochdruck daran. Was könnten wir noch zusätzlich tun?“
Mullins stand auf und kam um den Schreibtisch herum. Er hockte sich auf die Schreibtischkante und fixierte John mit einem durchdringenden Blick.
„Ihnen ist doch klar, dass der Kreis derer, die dieses Verbrechen begangen haben können, sehr begrenzt ist? Da ist zum einen die Touristengruppe, sechsunddreißig Leute. Dann die sechsköpfige Politikertruppe, die Richard Campbell und sein Wahlkampfmanager, Nigel Owen, in den Club eingeladen haben. Von der militärischen Garde waren vierzehn Mann im Tower. Zehn von ihnen waren aktiv an der Schlüsselzeremonie beteiligt und hätten ihre Plätze im kritischen Zeitraum nicht verlassen können, daher scheiden sie als Verdächtige aus. Die anderen vier bewachten zusammen mit zwei von uns die Kronjuwelen. Dann haben wir unseren guten Doktor und unseren Priester mit ihren Ehefrauen, dazu Sid, unseren Barmann. Und schließlich: die Beefeater, von denen gestern einschließlich mir und Ihnen zweiunddreißig anwesend waren. Die restlichen vier sind im Urlaub. Dann kommen noch die hier lebenden Ehepartnerinnen in Betracht. Von den sechs minderjährigen Kindern unserer Männer befand sich keines hier. Wie Sie ja wissen, besuchen sie alle Internate. Wenigstens über sie brauchen wir uns keine Gedanken zu machen.“
Mullins fuhr sich erregt über seinen ohnehin schon zerzausten Rotschopf. „Verstehen Sie mich, Mackenzie: Natürlich liegt es mir fern, einen meiner Männer einer solchen Sache zu verdächtigen, aber dennoch kann ich es nicht völlig ausschließen, dass einer von ihnen darin verwickelt ist. Und deshalb möchte ich, dass Sie Nachforschungen anstellen!“ John dachte, er hätte sich verhört.
„Wie bitte, Sir?“
„Erstens: Nur drei von uns haben ein wasserdichtes Alibi. Das bin ich, weil ich die Schlüsselzeremonie durchgeführt habe. Dann Conners, der für die Touristen zuständig und damit ständig im Blickfeld der Leute war. Und schließlich Sie. Alle anderen hatten entweder frei oder waren für Wachdienste eingeteilt, so dass erst überprüft werden muss, wo sie zum fraglichen Zeitpunkt tatsächlich waren. Zweitens: Wie ich höre, hat Doc Hunter Sie für die nächsten Tage krankgeschrieben. Lassen Sie mich raten: Ihr Tinnitus plagt Sie wieder?“ John nickte stumm.
„Sie haben also ein wenig Freiraum in nächster Zeit. Drittens: Sie sind dazu ausgebildet worden, Menschen zuzuhören, ihr Verhalten zu beobachten und daraus Schlüsse zu ziehen. Viertens: Sie sind noch nicht lange Mitglied der Beefeater und damit der unvermeidlichen Seilschaften, die sich in der Truppe bilden. Ihnen würde ich zutrauen, auch möglicherweise schmerzliche Erkenntnisse über Mitglieder der Einheit nicht unter den Teppich zu kehren. Kurzum: Sie sind der ideale Kandidat für unsere internen Ermittlungen.“
Mullins hob abwehrend die Hand, als John den Mund öffnete. „Mir ist bewusst, dass ich Sie nicht dazu zwingen kann. Aber ich möchte Sie bitten, es sich zu überlegen. Ich vertraue Whittington nicht, punktum. Er hat nicht nur die Öffentlichkeit, sondern auch MI5 im Nacken sitzen, die bei einem Kapitalverbrechen in unmittelbarer Nähe der Kronjuwelen natürlich auf den Plan treten. Polizei und Geheimdienst haben die besten Möglichkeiten, unsere Touristengruppe und die werten Politiker zu überprüfen. Aber was unsere Männer betrifft, sitzen wir hier an der Quelle
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