Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod Live

Tod Live

Titel: Tod Live Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D.G. Compton
Vom Netzwerk:
Farbenkodes nach, tippte eine kurze Nachricht in den Teleprinter, und irgendwo im Tiefkeller bewegte sich ein Relais. Sie wußte, daß es sich tatsächlich bewegte, denn sie hatte in ihrem ersten Jahr dort unten einen dreiwöchigen Kursus mitgemacht. Sie überprüfte Barbaras Terminbericht: Das Titelbild würde in knapp drei Stunden in die erste Auflage gehen. Dann war sie nicht mehr hier – zur Abwechslung wollte sie einmal pünktlich nach Hause gehen –, aber Barbara brauchte keinen zweiten Anstoß.
    Sie wollte zur Abwechslung mal pünktlich nach Hause. Es war eine plötzliche Entscheidung. Und sie hatte gerade noch Zeit, den neuen Paladine in Gang zu bringen. Aimees Ärzte waren mitfühlend. PALADINE, tippte sie. ÄRZTESZENARIO. ZUFALLSAUSWAHL. Der Printout kam schnell, und sie sortierte die Sequenzen. Barbara prüfte auf Vertrautheit und druckte eine Sequenz, die einer früheren in vier Punkten ähnlich war, unter einem zwei Jahre alten Datum. Vier Ähnlichkeitspunkte waren zuviel, auch nach einer Pause von zwei Jahren. Sie überlegte, ob sie austauschen sollte.
    Wenn sie nach Hause kam, würde Harry unten im Hobbyraum sein; er rechnete erst gegen sechs Uhr mit ihr. Sie arbeitete niemals nur das vorgeschriebene Minimum – auch wenn der Produktionsplan voll war, gab es immer Arbeiten im Büro, mit denen sie sich die Heimkehr in ihre leere Wohnung oder den Besuch irgendeines Freizeiterfüllungskursus ersparen konnte. Nun konnte sie zur Abwechslung mal rechtzeitig heimgehen und brauchte ihn trotzdem erst um sechs Uhr zu sehen, es ihm dann erst zu sagen.
    Es gab natürlich auch die Möglichkeit, gar nicht nach Hause zu gehen.
    Sie kramte die Karte mit den Telefondiensten hervor, fand TELEFONSEELSORGE und wählte die Nummer. Es dauerte lange, bis sich jemand meldete.
    »Vikar Pemberton.«
    Jetzt war es zu spät, sich herauszuwinden. »Ich werde sterben«, sagte sie.
    »Sie hätten mich nicht angerufen, wenn Sie das wirklich vorhätten. Was haben Sie genommen?«
    »Anstoß.«
    »Glauben Sie mir, meine Liebe, das Leid von heute sind die verblassenden Erinnerungen von morgen. Nur der Tod ist dauerhaft. Sagen Sie mir, was Sie eingenommen haben.«
    »Ich habe nichts eingenommen.«
    »Sie haben angerufen, und das verrät uns beiden, daß Sie nicht wirklich sterben wollen. Wo sind…«
    »Ich will nicht sterben.«
    »Wir alle sterben, meine Liebe, aber erst, wenn es Gott gefällt, nicht wenn uns daran liegt. Ich halte es für vermessen, die Bestimmung des Zeitpunkts übernehmen zu wollen. Fast als ob… Sagen Sie mir, von wo aus Sie anrufen.«
    »Ich will nicht sterben.«
    »Ich kann jederzeit auflegen. Ich kann die Vermittlung bitten, dem Anruf nachzugehen. Wir haben Erfahrung mit solchen…«
    »Unmöglich«, sagte sie. »Sie können zwar das Gebäude feststellen, nicht aber den Hausapparat.«
    »Sie sind also in einem Gebäude. Bürohaus? Wohnblock?«
    Sie fragte sich, was das sollte, bei dem armen Mann anzurufen. Vielleicht brauchte er Sorgen, die nicht die seinen waren. Sie konnte ihm da einiges erzählen.
    »Wenn Sie nicht antworten, liebe Unbekannte, muß ich auflegen. Ich bitte Sie…«
    »Vater, ich habe gesündigt.« Das sagt man doch, nicht?
    »Sünde ist ein krasses Wort, meine Liebe. Sie haben versagt, wie wir alle. Der Herr Jesus, vom Weibe geboren, versteht die Pein unseres Versagens.«
    Katherine fragte sich, was das um Himmels willen mit dem Teepreis in China zu tun hatte. Und wovon hier überhaupt die Rede war.
    »Ist das der Grund«, fragte sie, »warum Sie dort am Ende eines Telefons sitzen und Ihre Kirchen leer sind?«
    »Man merkt sofort, daß Sie lange nicht in der Nähe einer Kirche gewesen sind. Unsere Kirchen sind ganz und gar nicht leer.«
    »Dann also mit menschlichen Wracks gefüllt. Hilfe für menschliche Wracks.«
    »Sie beantworten Ihre Frage selbst.«
    Katherine runzelte die Stirn. Wenn er sich rätselhaft geben wollte, verschwendete sie nur ihre Zeit. Und das stimmte ja eigentlich auch. Sie verschwendete ihre Zeit. Und er nannte sie ›Meine Liebe‹.
    »Das Christentum ist tot, Vikar. So tot, wie ich in vier Wochen sein werde.«
    Und das, stellte sie fest, war überhaupt der Grund ihres Anrufs – das hatte sie ihm sagen wollen. Sie legte auf.
    Barbara zeigte ihr noch immer eine Sequenz, die in vier Punkten ähnlich war, über einem zwei Jahre alten Datum. Einige Leser von Aimee Paladine hatten ein verflixt gutes Gedächtnis. Katherine kaute auf ihrem Kugelschreiber herum und versuchte,

Weitere Kostenlose Bücher