Todesritual: Thriller (German Edition)
brachte.
»Das ist ein guter Anfang. Ein sehr guter Anfang«, sagte der Zahnarzt.
»Ein guter Anfang?«
»Ich brauche mehr.«
»Mehr?«
»Beweise.«
»Beweise?«
»Ja, Beweise, Mr. Mingus. Beweise für die tatsächliche Penetration. Sie wissen schon … Gonzo-Zeug«, sagte Prescott. Auf Max’ verblüfften Gesichtsausdruck hin wurde er noch deutlicher: »Sexfotos. Viele, viele Sexfotos. Und nicht aus irgendeinem Versteck heraus, sondern schön mit der Handkamera. Ordentlich verwackelt und alles. Und zwar bis Ende nächsten Monats, pünktlich zu Halloween.«
Und so kam es, dass sich Max Mingus nun in einem Zimmer des Hotels Zürich wiederfand.
Als Erstes war er sich mit Teddy, dem Nachtportier, einig geworden, einem rothaarigen Typen mit randloser Brille, der aussah wie gerade mal achtzehn. Er und der Wachmann waren offensichtlich die Einzigen, die um diese Zeit im Hotel im Einsatz waren.
Für 400 Dollar hatte Teddy ihm verraten, dass das Paar jeden Donnerstagabend zwischen sieben und neun Uhr auf Zimmer 30 verbrachte und dass Fabiana ebenjenes Zimmer bis Ende des Jahres reserviert hatte. Max mietete für einen Monat das Nebenzimmer.
Zimmer 29 und 30 waren durch eine Tür verbunden. Teddy erklärte, früher einmal seien die beiden Zimmer als Suite vermietet worden, als im Zürich noch hauptsächlich Familien und ältere Gäste abgestiegen waren. Den Schlüssel zur Zwischentür hatte Teddy ihm für weitere 400 Dollar ausgehändigt. Die steifen und quietschenden Angeln hatte er ohne Aufpreis geölt. Noch einmal 400 Dollar – und die Aussicht auf mehr Geld später – kosteten Teddys Schweigen, seine Diskretion und seine Wachsamkeit.
Max hatte das Liebesnest in Augenschein genommen. Es sah fast genauso aus wie sein Zimmer: ein Doppelbett, darüber in einem Bilderrahmen ein altes Werbeplakat der Tourismusbehörde von Miami, vor dem Fenster ein runder Tisch mit zwei Korbsesseln und einer Lampe, neben der Tür drei kleine Spiegel in der Form fliegender Gänse, in der Ecke ein Fernseher mit DVD-Spieler. Teddy hatte erzählt, die Poster seien das einzig Bemerkenswerte an dem Hotel – in jedem Zimmer hänge ein historisches Unikat. Das in Max’ Zimmer stammte von 1950, dem Jahr seiner Geburt. Das in Zimmer 30 war von 1961. Der einzige erkennbare Unterschied bestand darin, dass nebenan die Klimaanlage funktionierte – die Luft roch sehr viel frischer.
Am nächsten Donnerstag nahm er die Zeit.
19:07 Uhr bis 19:23 Uhr: Reden. Hauptsächlich Cortland, aber verstehen konnte Max ihn nicht, weil er sehr leise redete, ein tiefes Gemurmel. Es war wohl witzig, oder aber Fabiana war verliebt, jedenfalls lachte sie viel.
19:24 bis 19:41: Meistens Stille, dann das eine oder andere Stöhnen.
19:43 bis 20:17: Vögeln. Laut. Sie stöhnte, wimmerte und jaulte. Er ächzte und schnaufte. Dann fing sie an zu schreien und zu kreischen. Auf Spanisch. »Más profuuuundo! Másss pro! -fuuuundo! Sí! Sí! Mi amor! Sí, mi amor! Allí! Allí! Sí! Síííí! Mi amor! Mi ángel.«
Da hatte sich Max auf der anderen Seite der Tür bereits die Finger in die Ohren gesteckt, um das Schlimmste auszublenden. Es war ihm über die Maßen peinlich, überhaupt da zu sein, er schämte sich, auf diese Art sein Geld zu verdienen.
20:18 bis 21:04: Tiefes, erschöpftes Atmen – von ihr und von ihm. Fabiana sagte: »Su pene es una varita mágica« , worauf Cortland lachte und sagte: »Nenn mich Harry Ficker, Baby.«
Max hörte die Dusche.
21:38: Die Tür fiel ins Schloss.
Max schaute aus dem Fenster und sah Fabiana aus dem Hotel treten und in Richtung Collins Avenue gehen.
21:52: Ein zweites Mal die Tür.
Cortland verließ das Hotel und ging in die gleiche Richtung davon wie zuvor Fabiana.
Drei Wochen lang hatte Max das Paar belauscht. Mehr Zeit, als er brauchte, aber er hatte keinen Folgeauftrag, und er konnte seinen Klienten nicht ausstehen, weshalb er die Sache so weit in die Länge zog, wie es sich irgendwie rechtfertigen ließ.
Die beiden fingen heute etwas später an als beim ersten Mal, aber die Zeiten waren praktisch identisch.
Und die ganze Zeit hatte er sich den Kopf zerbrochen, wie er sich ins Zimmer schleichen und Fotos machen sollte, ohne gesehen zu werden. Zwei Möglichkeiten waren ihm eingefallen. Erstens: sich im Kleiderschrank gegenüber dem Bett verstecken. Er hatte es versucht, passte aber nicht ganz hinein. Die Türen waren zu schmal für seine Schultern, sodass er sich nur seitlich hineinzwängen konnte. Das war ihm
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