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Todesträume am Montparnasse - Ein Fall für Kommissar LaBréa

Titel: Todesträume am Montparnasse - Ein Fall für Kommissar LaBréa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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des serbischen Dorfältesten, achtzehn und zwanzig Jahre alt. Nachbarn von Amilas Eltern. Der andere Täter war offenbar der Vorgesetzte der beiden. Alle drei trugen die Uniform der Miliz. Der vierte Vergewaltiger, der am Nachmittag kam, trug die Uniform der jugoslawischen Armee.«
    Christine Payan, die, während das Video abgespielt wurde, seitlich vom Fernseher gestanden hatte, drückte jetzt auf Stopp.

    LaBréa atmete tief durch. Das, was er soeben gesehen hatte, ließ ihn nicht unberührt. Ein Mädchen, das so alt war wie Jenny, war auf brutalste Weise misshandelt worden. Hatte man die Täter von damals gefasst? Waren sie ihrer gerechten Strafe zugeführt worden? Er beschloss, die Psychologin nicht danach zu fragen, stattdessen wollte er wissen: »Warum zeigen Sie uns das, Madame? Um uns abzulenken?«
    »Abzulenken?« Christine Payan lachte kurz auf. »Wovon denn? Ich sagte Ihnen doch bereits, ich habe nichts mit diesen Mordfällen zu tun.«
    »Aber vielleicht haben Sie eine Ahnung, wer damit zu tun haben könnte«, schaltete Claudine sich ein.
    »Selbst wenn ich es wüsste, würde ich es Ihnen nicht sagen.«
    »Diesen Satz habe ich schon einmal aus Ihrem Mund gehört«, merkte LaBréa an. »Als es um die Sprayerfrauen ging.«
    Die Psychologin warf LaBréa einen unergründlichen Blick zu und sagte: »Da wir schon dabei sind - sehen Sie sich ruhig noch die nächste Sequenz auf dem Video an. Sie dauert nicht lange.« Sie drückte den Startknopf.
    Claudine wollte einschreiten, doch LaBréa gab ihr ein kurzes Handzeichen. Es interessierte ihn, was sie als Nächstes zu sehen bekamen. Denn das gab möglicherweise Aufschluss darüber, warum die Frau ihnen diese Bilder vorführte.

    Ein kleiner Raum ist zu sehen. Vielleicht ein Verhörzimmer. Nackte Wände, in der Mitte ein Tisch. Ein junger Mann sitzt auf einem Stuhl. Er hat ein hübsches Gesicht, beinahe verträumte Augen und mag Anfang zwanzig sein. Ein Untertitel wird eingeblendet: »Verhör von Dragan Ilicz, Zagreb, 14. Dezember 1993.« Ein unsichtbarer Ermittler hinter der Kamera stellt die Fragen. Schon beim ersten Satz wird klar, dass das Gespräch in der Sprache des jungen Mannes geführt wird, vermutlich Serbisch. Die französische Übersetzung erfolgt mittels zweier männlicher Voiceover-Stimmen. So entsteht ein übersetzter Dialog, während der Originalton heruntergefahren wird. Der Soldat beginnt.
    SOLDAT:
    Mein Name ist Dragan Ilicz. Ich stamme aus Prijedor. Im Sommer 1992 schloss ich mich den bosnoserbischen Milizen an. Ich war an verschiedenen Frontabschnitten im Einsatz.
     
    ERMITTLER:
    Sie haben während Ihrer Vernehmungen durch die kroatischen Sicherheitskräfte angegeben, Ihnen seien Vergewaltigungen befohlen worden. Von wem?
     
    SOLDAT:
    Von den Offizieren. Ich selbst wollte gar nicht, musste aber den Befehl ausführen.

    ERMITTLER:
    Und Ihre Kameraden? Haben die gewollt?
     
    SOLDAT:
    Ja, die meisten schon.
    (Er wird nervös und streicht sich fahrig die Haare aus der Stirn.)
    Sie haben Spaß dran gehabt. Im Krieg muss man auch seinen Spaß haben, sagten uns die Offiziere.
     
    ERMITTLER:
    Die Frauen haben sich doch sicher gewehrt.
    (Der Soldat schweigt.)
    Was haben Sie gemacht, wenn sie sich wehrten?
     
    SOLDAT:
    Wir haben sie geschlagen.
     
    ERMITTLER:
    Damit sie gefügig wurden?
     
    SOLDAT:
    Sie wehrten sich dann nicht mehr. Die Offiziere standen dabei und haben uns gezwungen. Die meisten haben selbst auch geschlagen.
     
    ERMITTLER:
    Haben auch die Offiziere die Frauen vergewaltigt?

    SOLDAT:
    Ja. Sie kamen immer zuerst dran.
     
    ERMITTLER:
    Kennen Sie die Namen der Offiziere?
    (Der Soldat zögert, dann sagt er:)
     
    SOLDAT:
    Slobodan Mirko … Janko Vuskovic …
    (Er schweigt erneut.)
     
    ERMITTLER:
    Und die Frauen und Mädchen? Kannten Sie die?
     
    SOLDAT:
    Nur die aus unserem Dorf. Später, in den anderen Dörfern, kannte ich sie nicht.
     
    ERMITTLER:
    Sie haben also Frauen vergewaltigt, die Sie kannten? Schulfreundinnen, Nachbarinnen?
    (Der Soldat schweigt. Die Kamera zeigt jetzt seine Hände, die unruhig auf der Tischplatte hin und her rutschen.)
    Haben alle Kameraden aus Ihrer Einheit Frauen vergewaltigt?
     
    SOLDAT:
    Ja. Aber sie hatten mehr Spaß daran als ich. Ich wollte das eigentlich nicht.

    ERMITTLER:
    Wie viele Frauen haben Sie, Dragan Ilicz, vergewaltigt?
     
    SOLDAT:
    Das weiß ich nicht mehr.
     
    ERMITTLER:
    In wie viele Dörfer und Frontabschnitte sind Sie mit Ihrer Einheit einmarschiert, bevor Sie in Gefangenschaft

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