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Todesträume am Montparnasse

Titel: Todesträume am Montparnasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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Namen der Frauen wissen, die Lancerau nach der Vergewaltigung zu Hause aufgesucht und sein Geschlechtsteil mit Lack besprüht haben, Madame.«
    Die Psychologin schüttelte den Kopf.
    »Wie kommen Sie darauf, dass ich irgendwelche Namen kenne?«
    LaBréa wurde ungehalten und schlug einen schärferen Ton an.
    »Wir wissen, dass sämtliche Opfer der Männer, die mit Farbe besprüht worden sind, sich unmittelbar nach der Tat an Sie gewandt und bei Ihnen psychologischen Beistand gesucht haben.« Er drehte seinen Kopf zur Tür. »Inklusive des letzten Opfers, Marielou Delors, die ja sogar bei Ihnen wohnt!«
    »Ja, vorübergehend.« Die Züge der Frau verhärteten sich. »Vielleicht ist Ihnen nicht bekannt, wie sich eine Frau nach einer Vergewaltigung fühlt? Zumal nach einer, wie Marielou Delors sie erlebt hat. Das Opfer stirbt einen seelischen Tod, wenn Sie verstehen, was ich meine. Und zwar nicht nur durch die Tat, sondern auch durch das, was danach geschieht. Die Vernehmung auf dem Polizeirevier, die Untersuchung im Krankenhaus. Der Prozess, sofern es einen gibt. Der Versuch der Verteidigung, das Opfer in den Dreck zu ziehen und …«

    LaBréa unterbrach sie.
    »Ich weiß, Madame, ich weiß. Mich müssen Sie in dieser Hinsicht nicht agitieren.«
    »Ich will Sie nicht agitieren, du liebe Güte! Ich will Ihnen nur klarmachen, in welcher Verfassung die Frauen sind, wenn sie zu mir kommen. Und welches Trümmerfeld ich beiseiteräumen muss, damit sie nach solch einem traumatischen Erlebnis wieder einigermaßen lebensfähig werden. Wenn sie das überhaupt jemals werden.«
    »Die Namen dieser Sprayerfrauen, Madame«, schaltete sich Claudine ein. »Nur das interessiert uns.«
    Christine Payan verschränkte die Arme über der Brust. Diese Geste hatte etwas Trotziges, wie bei einem Kind.
    »Selbst wenn ich sie wüsste, würde ich sie Ihnen nicht verraten.«
    »Was diese Gruppe da seit geraumer Zeit veranstaltet, läuft unter dem Tatbestand Körperverletzung «, setzte Claudine nach.
    »Schon möglich. Hat einer der Vergewaltiger diesbezüglich Anzeige erstattet?« Der Blick der Psychologin wanderte von Claudine zu LaBréa. »Nein? Na also«, fuhr sie fort, ohne eine Antwort abzuwarten. »Wo kein Kläger, da kein Richter.«
    »Ganz so ist das nicht«, begann LaBréa und musterte erneut sein Gegenüber. »Heute Morgen, kurz nach dem Selbstmord von Julien Lancerau, ist nämlich
die Leiche eines Mannes gefunden worden, dessen Geschlechtsteil man gleich ganz abgesäbelt hat.«
    Er beobachtete Payans Reaktion, doch die fiel eher spärlich aus. Kein Entsetzen, keine Überraschung, auch keine gespielte. Nur der Blick ihrer blassen Augen, der unvermindert auf ihm ruhte und keine Regung preisgab.
    »Man hat sich gar nicht erst mit einer Sprayeraktion aufgehalten, sondern ist gleich aufs Ganze gegangen und hat den Mann kastriert. Verstehen Sie, was ich damit sagen will, Madame?«
    »Nein, Commissaire. Ganz und gar nicht. Was wollen Sie denn damit sagen?« Sie blickte ihn fragend an und tat ihm nicht den Gefallen, eine Schlussfolgerung zu ziehen. Es blieb LaBréa nichts anderes übrig, als dies selbst zu tun.
    »Stellen Sie sich doch nicht dumm, Madame. Das Geschlechtsteil eines Mannes zu besprühen, der eine Frau vergewaltigt hat, ist ein symbolischer Akt der Kastration. Das müsste Ihnen als Psychologin doch klar sein. Vom symbolischen Akt zur tatsächlichen Handlung ist es oftmals nur ein kleiner Schritt.«
    »War denn der Mann, der kastriert wurde, ebenfalls ein Vergewaltiger?«, wollte Christine Payan wissen.
    »Das wissen wir nicht, Madame. Für uns ist es jedoch wichtig zu erfahren, ob es einen Zusammenhang gibt zwischen den Sprayeraktionen dieser militanten Frauen, die Sie ja anscheinend kennen und decken,
und der tatsächlichen Kastration eines Mannes, der auf diese Weise ermordet wurde.«
    Ein leises Lächeln huschte über die Lippen der Frau.
    »Nun, es ist doch Ihre Aufgabe, herauszufinden, ob es da einen Zusammenhang gibt. Beweise haben Sie ja anscheinend keine, sonst hätten Sie sie genannt. Tut mir leid, ich kann Ihnen nicht weiterhelfen. Aber wenn Sie meine Meinung hören wollen: Die ›militanten Frauen‹, wie Sie die Gruppe nennen, die seit einiger Zeit für Schlagzeilen sorgt und potenzielle Vergewaltiger vermutlich das Fürchten lehrt, die haben sicher nichts mit dem Kastrationsmord zu tun, in dem Sie ermitteln.«
    »Woher wissen Sie das so genau?«
    »Sagen wir mal so: Vertrauen Sie einfach meiner Intuition und meinem

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