Todeszeichen: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
Opfers war anstrengend gewesen, und es war schon so spät, dass sie heute ohnehin nichts mehr erreichen würden.
Also packten sie zusammen und gingen beide ihrer Wege, nachdem sie sich für neun Uhr am nächsten Morgen in Jennifers Büro verabredet hatten.
Es sah nicht so aus, als würde Marcel Meyer bald wieder zum Dienst erscheinen, und Grohmann wollte die Chance nutzen, noch etwas länger in die direkte Ermittlungsarbeit hineinzuschnuppern.
Sobald Marcel zurückkehrte, wären sie offiziell einer zu viel im Team. Außerdem konnte es durchaus sein, dass es dem Kommissar missfiel, wenn sich Grohmann derart in seinen Zuständigkeitsbereich drängte.
Jennifer fuhr nach Hause, duschte heiß und versuchte, etwas Schlaf nachzuholen. Sie konnte jedoch nicht abschalten und ging im Geiste immer wieder die Liste mit all den Punkten durch, die sie am nächsten Tag abarbeiten musste.
Irgendwann mitten in der Nacht tauchte Gaja auf und schmiegte sich schnurrend an sie. Vermutlich hatte sie den Thunfisch in ihrem Napf gefunden und bedankte sich für die Unfähigkeit ihres Frauchens, ungeliebtes Katzenfutter zu besorgen, mit intensiver Anhänglichkeit.
Viel Schlaf hatte Jennifer nicht bekommen, als sie am Freitagmorgen um fünf Uhr wieder aufwachte. Obwohl sie sich wie gerädert fühlte, entschied sie sich aufzustehen. Ihr Kopf ließ ihr ohnehin keine Ruhe, also fuhr sie um sechs ins Büro.
Die Zeit bis zu Grohmanns Eintreffen nutzte sie, um ein paar eilige Dinge in anderen Fällen zu erledigen.
Dann rief sie beim Bestattungsunternehmen an und ließ den Anrufbeantworter wissen, dass die Tote identifiziert worden war und sie eine Verwandte aufgespürt hatten. Charlotte hatte es abgelehnt, ihre Handynummer herauszugeben. Sie würde sich im Laufe des Tages selbst mit dem Bestatter in Verbindung setzen.
Anschließend schrieb Jennifer eine Zusammenfassung des Gesprächs mit Charlotte Seydel und sendete sie per E-Mail an Peter Möhring, ihren direkten Vorgesetzten.
Die rätselhafte Aktennummer, die beim Einwohnermeldeamt registriert war, übergab sie Freya, die häufig derartige Recherchen übernahm und immer schon um halb acht im Büro war. Jennifer versah diesen Auftrag jedoch nur mit geringer Priorität, denn die Assistentin hatte noch einige wichtigere Anfragen auf dem Tisch.
Auf der Homepage der Böttcher Lageristik GbR fand Jennifer die Information, dass die Privatlager und Schließfächer von neun bis achtzehn Uhr auf dem Firmengelände im Industriegebiet uneingeschränkt zugänglich waren. Für dringende Fälle, die außerhalb der Geschäftszeiten lagen, war eine Handynummer angegeben.
Der Mann, der Jennifers Anruf entgegennahm, war alles andere als begeistert, als sie ihm sagte, dass sie um acht kommen würde, um etwas aus einem Schließfach abzuholen. Er wollte sie erst auf neun Uhr vertrösten, die Erwähnung einer polizeilichen Ermittlung ließ ihn allerdings sehr schnell seine Meinung ändern.
Wenig später traf sie auf dem Gelände ein. Als ihr der Mann, der offenbar als Nachtwächter für die Lagerfirma tätig war, eröffnete, dass sie drei ausstehende Monatsmieten von insgesamt fünfundvierzig Euro bezahlen müsse, bevor sie den Inhalt des Schließfaches mitnehmen könne, wurde ihr klar, warum Charlotte Seydel ihr einfach den Schlüssel übergeben hatte. Auch eine Art, seine Schulden zu begleichen. Zähneknirschend zahlte sie den Betrag.
Zurück im Büro, stellte Jennifer die Umzugskiste auf Marcels Schreibtisch und warf einen kurzen Blick hinein. Der Karton war bis zum Rand mit einem heillosen Durcheinander von Papieren gefüllt. Jennifer seufzte. Immerhin wusste sie jetzt, wie ihre Wochenendbeschäftigung aussehen würde.
Sie erledigte noch die beiden Anrufe bei dem Psychologen und dem Kunstexperten, denen sie das Foto mit dem neu aufgetauchten »Werk« des Mörders zugeschickt hatte. Sie hatte Glück, dass beide schon so früh erreichbar waren, leider konnte jedoch weder der eine noch der andere neue Erkenntnisse beisteuern.
Auch von der Spurensicherung gab es nichts Neues.
Anschließend erfasste Jennifer die noch offenen Punkte unsortiert auf dem Whiteboard, gerade so, wie sie ihr in den Sinn kamen: Die Nachbarn von Katharina Seydel befragen. In das Bordell fahren, in dem sie zumindest gelegentlich gejobbt hatte. Die Hinterbliebenen der anderen Opfer nach einer Verbindung zu Katharina Seydel befragen. Erkundigungen bei den örtlichen Ärzten und Kliniken einholen, ob sie dort in Behandlung gewesen
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