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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Koontz
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nicht.«
    »Liebst du sie?«
    »Ja.«
    »Liebst du sie wirklich?«
    »Sie ist mein Ein und Alles.«
    Wie merkwürdig, dass Schweiß sich so kalt anfühlen konnte.
    »Wenn sie dein Ein und Alles ist«, sagte der Fremde, »dann findest du einen Weg.«
    »Es gibt keinen.«
    »Wenn du zur Polizei gehst, schneiden wir ihr nacheinander die Finger ab und brennen ihr die Wunden aus, damit sie nicht verblutet. Wir schneiden ihr die Zunge aus dem Mund. Stechen ihr die Augen aus. Dann lassen wir sie irgendwo liegen, damit sie so schnell oder langsam krepieren kann, wie sie will.«
    Der Fremde sprach ohne drohenden Unterton, ganz sachlich, so als würde er keine Drohung ausstoßen, sondern nur die Einzelheiten eines Geschäftsmodells erläutern.
    Im Umgang mit solchen Menschen hatte Mitchell Rafferty keinerlei Erfahrung. Es kam ihm vor, als spräche er mit einem Besucher vom anderen Ende der Galaxis.
    Wieder brachte er kein Wort heraus, weil er plötzlich den Eindruck hatte, er könnte ganz leicht und ungewollt das Falsche sagen und damit Hollys sofortigen Tod herbeiführen.

    Der Kidnapper sagte: »Damit du weißt, dass wir es ernst meinen …«
    Nach einer Pause fragte Mitch: »Was?«
    »Siehst du den Typ auf der anderen Straßenseite?«
    Mitch drehte sich um und sah einen einsamen Fußgänger, den Mann, der langsam seinen Hund spazieren führte. Die beiden waren erst bis zur Mitte der Häuserzeile gekommen.
    Der sonnige Tag bekam einen Glanz wie von Porzellan. Gewehrfeuer erschütterte die Stille, dann stürzte der Mann mit einem Loch im Kopf zu Boden.
    »Mittwoch um Mitternacht«, sagte der Mann am Telefon. »Wir meinen es verdammt ernst.«

2
    Der Hund stand wie in Vorstehhaltung da, einen Vorderlauf gehoben, den Schwanz reglos ausgestreckt, die Nase in der Luft, um einen Geruch zu wittern.
    Beim zweiten Blick wurde Mitch klar, dass der Golden Retriever den Schützen gar nicht wahrgenommen hatte. Durch den Zusammenbruch seines Herrn erschrocken, war der Hund mitten im Schritt erstarrt und stand nun verwirrt da.
    Mitch, der sich direkt gegenüber auf der anderen Straßenseite befand, war ebenso gelähmt. Obwohl der Kidnapper aufgelegt hatte, hielt Mitch sich immer noch sein Handy ans Ohr.
    Ein völlig absurder Gedanke kam ihm in den Sinn: Wenn um ihn herum nichts geschah, wenn weder er noch der Hund sich bewegten, kehrte die Zeit sich vielleicht um, rief die Kugel in den Lauf zurück und machte die Gewalttat ungeschehen.
    Vernunft siegte über Aberglauben. Er überquerte die Straße, zuerst zögernd, dann im Dauerlauf.
    Wenn der auf dem Boden liegende Mann nur verwundet war, konnte man womöglich etwas tun, um ihn zu retten.
    Als Mitch sich dem Hund näherte, begrüßte dieser ihn mit einem kurzen Schwanzwedeln.
    Ein Blick auf das Opfer machte jede Hoffnung zunichte, es mit Erster Hilfe am Leben zu erhalten, bis der Rettungswagen eintraf. Ein beträchtlicher Teil des Schädels war zertrümmert.
    Da Mitch keine Erfahrung mit echter Gewalt hatte, nur
mit der redigierten, analysierten, entschuldigten und gezähmten Sorte, die von den Fernsehnachrichten geliefert wurde, und von der künstlichen Gewalt in Filmen, war er angesichts dieses Grauens völlig hilflos. Was ihn lähmte, war eher Schock als Furcht.
    Dann ergriff ihn etwas anderes als Schock, eine Wahrnehmung von Dimensionen, die er noch nie verspürt hatte. Er kam sich vor wie eine Ratte in einem von einer Glasscheibe abgedeckten Labyrinth, die zum ersten Mal den Blick von den vertrauten Gängen hob und eine Welt jenseits der Scheibe sah, mit Formen und Gestalten, mit geheimnisvollen Bewegungen.
    Der Hund, der inzwischen neben seinem Herrn auf dem Gehsteig lag, zitterte und winselte.
    Mitch spürte, dass noch jemand anders in der Nähe war, und fühlte sich beobachtet, ja mehr als das. Prüfend betrachtet. Unter die Lupe genommen. Verfolgt.
    Das Herz schlug ihm bis zum Hals.
    Er blickte sich um, sah jedoch keine Menschenseele. Der Schuss konnte von überallher abgegeben worden sein, aus dem Fenster eines der Häuser ringsum oder von einem Dach aus. Vielleicht steckte der Schütze auch hinter einem geparkten Wagen.
    Die Person, deren Anwesenheit er spürte, war jedoch nicht der Schütze. Er fühlte sich nicht aus der Entfernung beobachtet, sondern aus direkter Nähe. Es war, als würde jemand über ihm aufragen .
    Kaum eine halbe Minute war vergangen, seit der Mann da vor ihm ermordet worden war.
    Der Knall des Gewehrs hatte niemanden aus einer der noblen Villen gelockt.

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