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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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sich hinsetzen kann. Jungs, habt ihr schon mal ‘n süßeres kleines Mädchen als Carol gesehen? Wie? Schon jemals unschuldigere Augen gesehen? Komm, Carol, komm, setz dich neben deinen alten Onkel Luke. Rück mal ‘n bißchen, Bamey. Haste mich nicht verstanden?«
    Aber ehe ich noch etwas sagen konnte, erschien Kay in der Tür zur Kanzel am anderen Ende des Ganges, hinter ihr der Kapitän. Sie gingen auf die Kartenspieler zu, Frank Hoffer drängte sich zwischen den umherstehenden Männern hindurch und sagte zu Luke: »Mister Lukas.«
    »He, Käpten! He, mein Sohn!« er hob den Steinkrug hoch. »Wie wär’s mit ‘nem Schluck?«
    »Mister Lukas —«
    »Kommen wir gut voran, mein Sohn? Ist schon Land in Sicht?«
    »Mister Lukas, ich möchte Sie nicht an Ihrem Vergnügen hindern. Der Flug soll ja Ihnen und allen Spaß machen. Aber auch wir haben unsere Vorschriften, und Sie täten mir einen Gefallen, wenn Sie sich daran hielten.«
    »Vorschriften?« sagte Luke und stand auf. Bamey, sein Nachbar, zog ihn wieder auf seinen Sitz.
    »Sie verstehen mich schon, Mister Lukas«, redete Frank weiter und wandte sich an die anderen in einem höflichen, aber sehr bestimmten Ton: »Meine Herren, ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie Ihre Plätze wieder einnähmen. Es ist nicht gerade sicher, während des Fluges zu stehen. Wir könnten in ein kleines Luftloch geraten, und das wäre nicht gerade angenehm für Sie.«
    »Na, na, Käpten«, setzte einer der Männer an.
    »Darf ich um Ihren Namen bitten, Sir?«
    »Blythe, Jim Blythe —«
    »Mister Blythe, ich habe es erlebt, daß eine Maschine mir tausend Fuß tief abgesackt ist, mir nichts dir nichts. Ich habe es erlebt, daß jemand in meiner Maschine einen Schädelbruch erlitt mitten in so einem Luftloch. Wenn ich also bitten darf, nehmen Sie Ihre Plätze wieder ein, ja? Ich wäre Ihnen sehr verbunden.«
    Einer nach dem anderen trollten sich die Männer davon.
    Nur Luke rief wütend: »He, Käpten!«
    »Bitte?«
    »Was soll das? Wieso kommen Sie hierher und kommandieren alle herum?«
    »Ich tue nur meine Pflicht, Mister Lukas.«
    »So? Seit wann?«
    »Seit dem Start. Ich habe das Kommando für diese Maschine. Ich bin verantwortlich für die Sicherheit der Passagiere und der Besatzung. Wollen Sie sonst noch etwas wissen?«
    Luke blickte ihn finster an.
    »Okay«, sagte Frank. »Regen Sie sich nicht auf, ja? Und wenn Sie mir einen freundlichen Rat nicht übelnehmen: wenn ich Sie wäre, ich korkte diesen Steinkrug zu und versteckte ihn eine Zeitlang.«
    »Käpten, ich mach’ Ihnen einen Vorschlag. Sie übernehmen meine Karten für die nächste Runde, und ich flieg’ Ihr Schiff für Sie. Wie wär’s? Ist das ‘n anständiger Vorschlag?«
    Frank lachte und ging zurück in die Kanzel. Aber er hatte genau das getan, um was Kay ihn gebeten haben mußte; er hatte diese randalierende Bande auseinandergetrieben, er hatte den Lärm gedämpft, er hatte die Ordnung wiederhergestellt in wenigen Sekunden. Es war die reinste Zauberei, wie ein Mann sich so durchzusetzen vermochte.
    Als wir zurückgingen in die Kombüse, sagte Kay: »Mir blieb nichts anderes übrig. Ich hab’ mein möglichstes versucht mit diesem alten Gauner, aber ich konnte mich nicht einmal verständlich machen, ich mußte Frank rufen.«
    »Er hat sie richtig angepackt.«
    »Und wie. Er ist ein prima Kerl.«
    Die Klingeln auf der Schalttafel in der Kombüse surrten unentwegt. Die grünen Ruflichter knisterten förmlich. »Mein Gott«, sagte ich zu Kay. »Ich hab’ ein halbes Dutzend Bestellungen auf Getränke. Die müssen ja allmählich wild werden da draußen.«
    »Laß sie warten«, meinte Kay.
    »Aber sie warten schon lange —«
    »Dann geh’ raus und beruhige sie.«
    »Was soll ich denn sagen?«
    »Sag, die elektrische Schaltanlage funktioniert nicht richtig, das genügt.«
    Nun, das hätte ich mir auch selber ausdenken können, aber erfinderisch war ich noch nie, abgesehen davon, daß ich noch wenig Erfahrung hatte. Und natürlich wirkte es wie ein Zauber, ich ging auf und ab und sagte mit herzzerreißendem Flüstern: »Ach, es tut mir leid, daß wir Sie warten lassen müssen, Sir, aber unsere elektrische Schalttafel in der Kombüse streikt.« Und diese großen durstigen Viehzüchter hätten nicht netter und teilnahmsvoller sein können. Sie verstanden.
    Auf dem Rückweg traf ich Ray Duer, der langsam den Gang entlangkam. Endlich nach Monaten und Monaten standen wir einander wieder gegenüber von Angesicht zu

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