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Töchter der Luft

Töchter der Luft

Titel: Töchter der Luft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Glemser
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klaren Augen, und er brach sich fast den Arm, als er es zum besten gab. Die letzte Strophe ging etwa so:
    Liebe!!!
    Wie?? Wieder Liebe!!!
    Ein Schnupfen im Dunkel!!!
    Ein Schrei in der Nacht!!!!!!
    Aber, hüte dich! Oh! Mädchen! Mit! den! Klaren! Augen!
    Ich bin Dynamit!!!!!!
    Ich bin ein Erdbeben!!!!!
    Ich!!!!
    Du????

    Es rief eine Sensation hervor, vor allem wegen dieser vier Fragezeichen am Schluß. Jeder wußte, daß ich damit gemeint war, und als Angel sich hinsetzte, völlig außer Puste, zischten einige dieser geschlagenen Helden, als hätte ich absichtlich den kleinen Mann mit Typhus angesteckt. Und schon sprang Angel, erschöpft, wie er war, auf und hielt eine leidenschaftliche Rede zur Verteidigung der Frauen und der Wasserstoffbombe, und dann gab er mir seine Sonnenbrille, und ich war wieder in den Reihen auf genommen.
    »Ich hab’ ‘ne Flasche mitgebracht«, knurrte Eena wie eine alte Bulldogge, »ich kann dich nicht trocken abfahren lassen.«
    »Aber, Eena, das war doch nicht nötig«, rief ich.
    Sie war immer so großzügig und freigebig, mochte sie auch noch so oft an die falsche Adresse kommen. Sie tat mir so leid. Gott weiß, es ist schon schwierig, jemanden vom richtigen Geschlecht zu finden, den man lieben könnte; es muß hundertmal schwieriger sein, jemanden vom falschen Geschlecht zu finden.
    Die Flasche steckte in einer braunen Tüte, damit ich nicht erriete, was es sei. Ich erriet es natürlich. Es war ihre übliche Marke Old Paralysis. Eigentlich wollte ich nichts trinken, ich wollte nicht mit einer Alkoholfahne abreisen, aber schließlich ging mein Flugzeug erst in zwei Stunden, und bis dahin würde die Fahne wohl weg sein. Und schon hockten wir alle auf meinem dreibeinigen Sofa und genehmigten uns einen, während Eena mir ins rechte Ohr brüllte und Angel mir ins linke säuselte. Sie waren meine Freunde, sie waren nett, aber ich hörte ihnen gar nicht zu. Ich schaute mich in dem Zimmer um und dachte, mon Dieu, hier hab’ ich sechs Monate lang gehaust, hier, in diesem Schmutz, drei mal vier Meter, von der Decke fällt der Putz, an dem Teppich nagen die Silberfische, keine Luft, kein Licht kommt durch das blinde Fenster, keine Wärme entströmt dieser abgeblätterten Zentralheizung. Hier hatte Eena versucht, Liebe in mir zu erwecken, hier hatten alle möglichen Leute gelacht und gelärmt, hatten auf dem Fußboden geschlafen, hatten sich auf dem Fußboden übergeben; all das hätte doch eigentlich eine tiefe Wirkung auf mich haben müssen, all dieser Schmutz, dieser Lärm, diese Ausgelassenheit: aber welche? Im ganzen gesehen war es nicht allzu schlimm. Ich hatte nur ein Vierundzwanzigstel meines Lebens damit zugebracht, Erfüllung zu suchen in Greenwich Village; und während ich noch diesen tiefschürfenden Gedanken wälzte, schlenderte Big Top Charlie zur Tür herein, ohne anzuklopfen, grinste von einem Ohr zum andern und ließ seine Bizeps spielen.
    »He«, sagte Big Top. »Du bist noch nicht weg?«
    »Nein«, sagte ich. »Ich bin noch nicht weg.«
    »Hallo, Big Top, ‘nen Glas?«
    »Gift«, sagte er.
    Er kam zum Sofa herüber und fuhr mir durchs Haar. Es war, als würde es einem umgepflügt von einem dieser Ausschachtungsbagger für Wolkenkratzer. Ich kann Big Top Charlie nicht beschreiben. Als ich ihn zum erstenmal sah, fiel ich geradezu mitten auf der Straße in Ohnmacht. Er lehnte ganz lässig an der Mauer bei MacDougal, die Hände in den Hosentaschen, die Füße gekreuzt, und ich hatte das Gefühl, gleich stürzt die Mauer ein bei diesem Klotz von Kerl. Er war gut seine ein Meter neunzig groß mit fast zwei Metern Schulterbreite und fünfzig Zentimeter Taille etwa, und seine Muskeln wölbten sich, so etwas hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Seine Haut war tief, tief goldbraun, sein Haar war blonder als meines, er war so verdammt nordisch von oben bis unten, daß mein Herz stockte. Diese Muskeln! Dieses göttergleiche Lächeln ¡Diese blauen, blauen, blauen, blauen Augen! Eins muß ich hier schnell einschalten: ich bin nicht das erste weibliche Wesen, das überschnappt wegen Big Top. Das geschieht alle Augenblicke. Ich wage zu behaupten, daß er sich Stunde um Stunde ein anderes Weib aussuchen könnte, wenn er wollte; aber er will’s gar nicht. Er hat’s mir erklärt an unserem ersten gemeinsamen Abend. Wir tranken einen Cappuccino in irgendeinem Espresso, und nach einer Weile sagte er, wir könnten schließlich nicht die ganze Nacht hier herumsitzen, warum wir

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