Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
leben abgeschieden in Stadtklöstern und opfern ihr Leben im Dienste des Herrn, indem sie Mädchen an ihren Eliteinternaten unterrichten und manchmal auch als Gouvernante arbeiten. Ich habe noch nie ein Mitglied des Ordens getroffen, aber ich habe schon oft gesehen, wie sie ganz in Schwarz in ihren geschlossenen Kutschen durch den Ort fahren. Sie wirkten immer verhärmt und freudlos. Regina, die Tochter von Mrs Corbett, hatte eine Schwester zur Gouvernante, bevor sie heiratete.
Ist das Vaters Plan? Ist diese Gouvernante darauf spezialisiert, hoffnungslose Fälle wie Maura und mich unter die Haube zu bringen?
Ich wende mich Vater zu. Der Vorwurf liegt mir schon auf der Zunge. Er wollte doch meine Meinung hören, oder nicht? Dabei hat er seine Entscheidung schon längst getroffen! Oder hat sie vielmehr von jemand anderem treffen lassen.
Er sieht mir meine Verärgerung an und lässt den Kopf hängen wie die Clematis draußen im Garten ihre Blüten.
Verdammt. Ich kann nicht mit ihm streiten. Seit Mutter gestorben ist, ist nicht mehr genug von ihm übrig, um eine Auseinandersetzung mit ihm zu führen.
»Wenn es bereits entschieden ist, werden wir das Beste daraus machen. Sie ist bestimmt großartig. Danke, dass du dir solche Gedanken um uns machst, Vater.« Ich werfe ihm mein bezauberndstes Lächeln zu, ganz die hingebungsvolle Tochter. Nicht wahr? Wenn ich will, kann ich so süß sein wie Tess’ Erdbeerkuchen.
»Aber selbstverständlich will ich nur das Beste für euch Mädchen.« Vater lächelt unsicher zurück. »Möchtest du deinen Schwestern die Nachricht überbringen oder soll ich es ihnen beim Abendessen sagen?«
Ah, deswegen hat er mich also kommen lassen. Er hatte niemals vor, mich nach meiner Meinung zu fragen. Es war nur ein Vorwand, weil er nicht den Mut hat, es ihnen selbst zu erzählen! Und wenn Maura einen Wutanfall bekommt und Tess schmollt, kann er sich damit trösten, dass Cate zugestimmt hat, dass es das Beste wäre . Als wennich in der Angelegenheit irgendetwas mitzureden gehabt hätte.
»Nein, schon gut. Ich werde es ihnen sagen.« Besser sie werden mir gegenüber unverschämt als Vater gegenüber. »Ich werde es jetzt gleich tun. Noch einen guten Tag, Mrs Corbett.«
Mrs Corbett streicht unsichtbare Fusseln von ihrem schweren Wollrock. »Guten Tag, Miss Cate.«
Ich mache einen Knicks und ziehe die Tür hinter mir zu. Insgeheim verfluche ich ihre schwarze Seele. Sie hat ja keine Vorstellung davon, welcher Gefahr sie uns damit ausgesetzt hat.
Maura sitzt zusammengekauert mit einer Patchworkdecke um die Schultern auf ihrer Fensterbank und liest einen ihrer Schauerromane. Die sind zwar verboten, aber sie hat einen ganzen Stapel davon unter einem losen Brett in ihrem Schrankboden versteckt. Sie gehörten einmal Mutter.
Als ich, ohne anzuklopfen, in ihr Zimmer rausche, legt sie einen Finger als Lesezeichen in das Buch und funkelt mich mit ihren saphirblauen Augen an.
»Schon mal was von Anklopfen gehört?«, fragt sie. »Ist gerade sehr in Mode bei Leuten mit Manieren.«
»Oh, ja. Ich weiß, was für eine Verfechterin von guten Manieren du bist«, lache ich.
»Was gibt es?« Sie richtet sich auf, und ein nackter Fuß kommt unter ihrem blauen Rock zum Vorschein. »Sag schnell. Ich muss herausfinden, was mit diesem armen Mädchen passiert. Sie ist kurz davor, von diesem Herzog geschändet zu werden.«
Ich verdrehe die Augen. Ausgezeichnete Lektüre für eine junge Dame. Wenn Vater sie erwischen würde, hätte sogar er Einwände dagegen. Aber ich habe gerade andere Sorgen.
»Vater hat sich entschieden, eine Gouvernante einzustellen. Eine der Schwestern.«
Maura macht ein Eselsohr in die Seite und legt das Buch aus der Hand.
Eine Gouvernante bedeutet nicht unbedingt unseren Untergang. Aber sie wird die Dinge sehr viel schwieriger machen, besonders wenn sie von der frommen, redseligen Art ist. Es ist schon nicht leicht, unser Geheimnis vor Vater, den O’Hares und Lily, unserem Dienstmädchen, zu bewahren. Noch eine weitere Person dem Haushalt hinzuzufügen – noch dazu eine Person, die all ihre Zeit damit verbringen wird, über unser Betragen zu urteilen –, wird alles nur noch komplizierter machen.
»Vater hat das entschieden? Als ob er den Mumm dazu hätte, sich so etwas auszudenken.« Maura tippt ans Fenster. Draußen steigt Mrs Corbett gerade in ihre Kutsche, ihr Mantel flattert im Wind. Sie sieht aus wie eine große, fette Krähe.
Ich hatte das Gleiche über Vater gedacht, aber es
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