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Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Töchter des Windes: Roman (German Edition)

Titel: Töchter des Windes: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Sonne schien, sowieso ins Dorf.
    Als sie abends das Feuer löschte, um ins Bett zu gehen, war sie dankbar, daß Maggie offenbar zu beschäftigt gewesen war, um bei ihr hereinzusehen. Noch einen Tag, vielleicht zwei, sagte sich Brianna, dann würde sie ihrer Schwester die Briefe zeigen.
    Aber heute abend würde sie sich entspannen und an nichts mehr denken, was in irgendeiner Weise belastend war. Sie würde sich ein wenig verwöhnen, das hatte sie sich verdient, vor allem, da ihr Rücken von der übertriebenen Schrubberei zu schmerzen begann. Ein langes Bad mit ein paar der Schaumperlen, die Maggie ihr aus Paris mitgebracht hatte, eine Tasse Tee, ein Buch. Sie würde die große Wanne oben benutzen und so tun, als wäre sie in ihrem eigenen Hause Gast. Statt in ihrem schmalen Bett in dem Zimmer neben der Küche schliefe sie in aller Pracht in dem Raum, den sie insgeheim als das Brautgemach bezeichnete.
    »Heute abend sind wir König und Königin, Con«, erklärte sie dem Hund, während sie großzügig Schaumperlen unter das aus dem Hahn strömende Wasser schüttete. »Wir essen im Bett und lesen dazu ein Buch von unserem zukünftigen Gast. Einem bedeutenden Amerikaner«, fügte sie hinzu, und Con wedelte zufrieden mit dem Schwanz.
    Sie glitt aus ihren Kleidern, stieg in das heiße, duftende Wasser und stieß einen wohligen Seufzer aus. Eine Liebesgeschichte wäre passender, dachte sie, als sie den Thriller mit dem Titel Das Erbe des Heliotrops in die Hände nahm. Trotzdem lehnte sie sich gemütlich zurück und versank in der Geschichte
einer von der Vergangenheit gequälten und in der Gegenwart gefährdeten Frau.
    Die Geschichte fesselte sie so sehr, daß sie das Buch, als das Wasser kalt wurde, in eine Hand nahm und, während sie sich mit der anderen Hand abtrocknete, weiterlas. Zitternd streifte sie sich ein langes Flanellnachthemd über den Kopf und zog die Nadeln aus ihrem Haar. Nur aus jahrelanger Gewohnheit heraus legte sie das Buch lange genug zur Seite, um das Bad zu reinigen. Aber auf das Abendessen verzichtete sie, kuschelte sich statt dessen ins Bett und zog sich die Decke bis zum Kinn.
    Sie hörte kaum, wie der Wind an den Fenstern zerrte und der Regen gegen die Scheiben schlug. Grayson Thanes Geschichte hatte Brianna in die schwüle Hitze eines Südstaatensommers versetzt, wo sie auf der verzweifelten Flucht vor einem Mörder war.
    Mitternacht war längst vorüber, und schließlich siegte die Müdigkeit. Das Buch in der Hand, den schnarchenden Hund neben dem Bett und das furchtsame Geheul des Windes im Ohr, schlief sie ein. Und träumte – wie sollte es anders sein – von kaltem Grauen und nackter Angst.
     
    Grayson Thane war ein impulsiver Mensch. Aber er war sich dieser Schwäche bewußt, und so nahm er die dadurch entstehenden Katastrophen im allgemeinen ebenso gelassen wie die Triumphe hin. Im Augenblick war er gezwungen zuzugeben, daß der Impuls, mitten im Winter, in einem der schlimmsten Unwetter, das er je erlebt hatte, von Dublin nach Clare zu fahren, ein Fehler gewesen war.
    Aber zugleich sah er die Tour als Abenteuer an. Und Abenteuer hatte er schon immer geliebt.
    Kurz hinter Limerick hatte er eine Reifenpanne gehabt, und bis diese behoben war, hatte er sich trotz des Regenmantels, den er eine Woche zuvor in London erstanden hatte, wie eine ertrunkene Ratte gefühlt.
    Zweimal hatte er sich verfahren und war schmale, gewundene Straßen entlang gekrochen, die kaum breiter waren als die Gräben, die man zu ihren Seiten sah. Im Verlauf seiner Nachforschungen hatte er gelesen, wenn man sich in Irland verfuhr, würde einem erst der ganze Charme des Landes offenbart.
    Ganz glauben konnte er das nicht.
    Er hatte Hunger, war bis auf die Haut durchnäßt und fürchtete, sein Benzin reiche vielleicht nicht, bis er an irgendeine Örtlichkeit käme, die auch nur im entferntesten an einen Gasthof oder gar ein Dorf erinnerte.
    Vor seinem geistigen Auge tauchte die Landkarte auf. Sich Bilder vergegenwärtigen zu können war ein angeborenes Talent, und ohne große Mühe rief er sich jede Linie der Karte, die ihm von seiner Wirtin geschickt worden war, ins Gedächtnis zurück.
    Das Problem bestand darin, daß es stockfinster war, daß der Regen wie ein reißender Fluß über die Windschutzscheibe schoß und daß der Sturm seinen Mercedes auf diesem gottverlassenen Abziehbild einer Straße herumwarf, als wäre er ein Blechspielzeug.
    Er wünschte sich verzweifelt eine Tasse Kaffee.
    Als sich die Straße

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