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Tödlich ist die Nacht

Tödlich ist die Nacht

Titel: Tödlich ist die Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hoag
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Das Zentrum von Downtown kannte er wie eine Ratte ihr Revier, jedes Abflussrohr, jede Mülltonne, jeden Spalt in einer Mauer, die als Abkürzung, Fluchtweg, Schutz oder Versteck dienen konnten. Hier war er verletzbar, schutzlos wie ein Kaninchen im offenen Gelände. Beute.
    Der Wagen kam hinter ihm her. Der Jäger. Die Lichtkegel der Scheinwerfer schwenkten in der Dunkelheit kurz nach oben und nach unten, als der Wagen erneut über die Bordsteinkante rumpelte.
    Jace war schon öfter von irgendwelchen Autos verfolgt worden – Teenager, die sich einfach einen Spaß daraus machten, Männer in einem Anfall von Jähzorn, weil er sie geschnitten hatte oder sich bergauf hatte ziehen lassen oder an ihren Seitenspiegel gestoßen war. Arschlöcher, die es ihm zeigen wollten, ihm Angst machen wollten. Er hatte nie Angst gehabt. Er war auch noch nie gejagt worden.
    Wenn er es bis ans andere Ende des Weges schaffte, bevor ihn der Wagen einholte und mit seinen Scheinwerfern erfasste, hatte er eine Fifty-fifty-Chance zu entkommen. Das Ende des Wegs schien Kilometer entfernt zu sein.
    Und es war bereits zu spät.
    Das Licht der Scheinwerfer strich über seinen Rücken wie eine Pranke, die ihn packen wollte. Der Wagen kam mit dem Getöse eines Schnellzugs angeprescht und ließ dabei Mülltonnen wie Kegel in alle Richtungen fliegen.
    Scheiße, Scheiße, Scheiße.
    Sein Glück reichte nicht einmal bis ans Ende des Wegs. Er konnte den Wagen nicht abschütteln. Er konnte nicht umkehren und daran vorbeiflitzen. Zu seiner Linken: ein Gebäude ans andere gereiht, davor Mülltonnen und leere Kartons und anderes Gerümpel – ein Hindernisparcours. Zu seiner Rechten: ein Maschendrahtzaun mit Stacheldraht am oberen Ende. Hinter ihm: der Engel des Todes.
    Jace griff mit einer Hand nach hinten und zerrte das Bügelschloss aus seiner Tasche. Die Stoßstange des Wagens rammte sein Hinterrad. Um ein Haar wäre Jace auf der Motorhaube gelandet. Er fuhr so nah wie möglich an den Zaun heran und bremste, so dass er hinter die Stoßstange seines Verfolgers zurückfiel.
    Mit der linken Hand schleuderte er das schwere Bügelschloss gegen die Windschutzscheibe. Auf der Scheibe breitete sich ein Netz von Rissen aus. Der Wagen schwenkte nach rechts und drückte ihn gegen den Zaun. Jace machte eine rasche Bewegung zur Seite, zog sich mit beiden Händen an dem Maschendraht hoch und hielt sich fest, als das Fahrrad unter ihm weggezerrt wurde. Die Kappe seines rechten Schuhs blieb im Pedal hängen und sein Körper wurde zur Seite gerissen, als der Wagen das Fahrrad vor sich herschob.
    Der Draht schnitt in seine Finger, als das Fahrrad versuchte ihn mitzuziehen. Es fühlte sich an, als würden ihm die Arme ausgekugelt, als würde ihm der Fuß am Knöchel abgerissen, dann war er plötzlich frei und stürzte zu Boden.
    Er landete rücklings auf dem rissigen Asphalt, rollte sich herum und richtete sich auf den Knien auf, die Augen starr auf den Wagen gerichtet, während sein Fahrrad unter dessen rechtem Hinterreifen ein schreckliches Ende fand.
    Sein einziges Transportmittel. Sein Lebensunterhalt. Hin.
    Er war völlig auf sich gestellt. Zu Fuß. Und an einem Fuß fehlte der Schuh. Ein stechender Schmerz zuckte durch seinen verrenkten Knöchel, als er sich aufrappelte und auf die Häuser
    zurannte, bevor der Wagen ganz zum Stehen kam.
    Eine Stimme dröhnte in seinem Kopf: Lauf, lauf, lauf!!!
    Er war jung, er war schnell, er rannte um sein Leben. Sein Blick fiel auf eine halbhohe Mauer, die einen schmalen Durchgang zwischen zwei Häusern versperrte. Er würde darauf zurennen, über die Kante flanken und verschwunden sein. Knöchel hin oder her, er konnte das Arschloch hinter dem Lenkrad immer noch locker abhängen.
    Aber er konnte keine Kugel abhängen.
    Im selben Augenblick, in dem Jace den Schuss knallen hörte, schlug die Kugel in die Mülltonne links neben ihm ein.
    Scheiße!
    Er musste über diese Mauer. Er musste einfach. Nichts wie rüber und weg von hier.
    Hinter sich hörte er rasch näher kommende Schritte.
    Der zweite Schuss ging weit rechts an ihm vorbei und traf eine andere Mülltonne.
    Eine Männerstimme brüllte: »Verdammt!«
    Zu nah. Zu nah.
    Rasch näher kommende Schritte.
    Jace zog sich an der Mauer hoch und wurde heftig zurückgerissen, als sein Verfolger die Kuriertasche zu fassen bekam, die er quer über den Rücken geschnallt hatte.
    Er fiel auf den Mann und riss ihn mit sich zu Boden. Der Körper des Verfolgers dämpfte seinen Sturz. Jace

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