Tödliche Nähe
sehen, ob er nicht doch schon verschwinden konnte.
Wenn er nicht bald abhaute …
Auf dieser Party wollte er nicht sein … und das sollte er auch nicht. Aber die ganze, verdammte Stadt war nun mal hier.
An manchen Orten hielt sich ein Mann nur zu gern auf – im Bett mit einer großen, schlanken Frau im Arm, zum Beispiel. Wenn man Law Reilly fragte, stand das ganz oben auf der Liste.
Wobei er auch nichts gegen eine Hütte in den Bergen einzuwenden hätte, in der er allein mit seinem Laptop wäre. Den Computer würde er gegebenenfalls auch gegen eine große, schlanke Frau eintauschen.
Er gäbe sich sogar damit zufrieden, mit seinem Rechner in einem Schuppen am Strand zu sein. Auch hier galt: Der Laptop war durchaus gegen eine große, schlanke Frau eintauschbar. Und Bier sollte sich in Reichweite befinden.
Doch wo Law sich ganz und gar nicht aufhalten wollte, das war auf einer Hochzeit in einer Kleinstadt in Kentucky.
Genauer gesagt in Ash, wo er seit zehn Jahren lebte. Lange genug, um diesen Ort sein Zuhause zu nennen. Hier kannten die Leute sein Gesicht und seinen Namen … und das Guthaben auf seinem Bankkonto, auch wenn der Großteil von ihnen keine Ahnung hatte, woher sein Geld stammte.
Sie wussten lediglich, dass er sich um Geld keine Sorgen zu machen brauchte, was auf einer Hochzeit mit vielen Singlefrauen immer gefährlich war. Da hätte er sogar ein rüstiger Rentner mit Halbglatze und einem Rettungsring sein können.
Doch Law war vierunddreißig, besaß immer noch volles Haar, und auch wenn er nicht als Model für Zeitschriftencover infrage kam, hatte er zumindest keinen Rettungsring.
Ja, diese Feier war gefährliches Terrain, dabei hatte er schon schlechte Laune. Seine Stimmung sank jedes Mal, wenn eine Frau auf ihn zukam und einen Flirtversuch startete, indem sie eine raffinierte Bemerkung über sein Singledasein fallen ließ.
Er konnte die Lage meistern – die Party überstehen. Dazu brauchte er nur eine Strategie, und er musste vorsichtig sein.
Während der ersten Stunde war eigentlich alles ganz gut gelaufen.
Bei einer Hochzeit sollte ein Mann tunlichst jeglichen Blickkontakt vermeiden, durfte auf keinen Fall untätig herumstehen und den Eindruck erwecken, er könnte sich einsam fühlen. Manche Singlefrauen brachte das auf seltsame Gedanken.
Wenn er das hier bei einigermaßen klarem Verstand hinter sich bringen wollte, ohne sich auf der Hochzeit seiner besten Freundin wie ein Arschloch aufzuführen, musste er auf der Hut sein.
Hin und wieder kam ein Mann nur so ans Ziel.
Doch in manchen Situationen musste man auch alle Vorsicht über Bord werfen.
Momentan jedenfalls war Law Reilly versucht, das Inn schleunigst zu verlassen, erst recht als Mackenzie Cartwright lächelnd auf ihn zukam, die Brüste gegen seinen Arm schmiegte und sich vorbeugte, bis er freie Sicht auf ihren Bauchnabel hatte.
Er gönnte sich einen Blick – verdammt, warum auch nicht? Wenn sie sich doch so zur Schau stellte.
Allerdings hatte sie Lust zu tanzen … und vielleicht bald aufzubrechen … Hochzeiten würden sie immer so … Sie brach den Satz tatsächlich mit einem bedeutungsvollen Kichern ab, während sie die Hand hinunter auf seine Hüfte gleiten ließ.
Mist.
»Ich gehöre zum engsten Freundeskreis der Braut, Kindchen«, erwiderte er, wobei er das Kindchen nur anhängte, um sie zu ärgern. Mit ihren dreiundzwanzig war sie zwar eindeutig zu jung für ihn, aber längst kein Kind mehr. »Ich sollte wohl noch eine Weile bleiben.«
Dann ging er auf Sicherheitsabstand und überlegte, wie lange diese Weile eigentlich dauern musste. Wohl fühlte er sich nicht gerade. Er wollte nicht zugucken, wie sich Lena Riddle an Ezra King kuschelte, um sich den ungefähr fünfzigsten verdammten Kuss abzuholen. Aber nun hieß sie nicht mehr Lena Riddle, sondern Lena King.
Er war nicht eifersüchtig – nicht so richtig. Oder gut, doch schon.
Er war unglaublich eifersüchtig, aber nicht, weil er derjenige sein wollte, auf dessen Mund sie ihre Lippen drückte. Obwohl er sich früher einmal genau danach gesehnt hatte.
Doch er war nicht der Richtige für Lena.
Sie war glücklich mit dem Kerl, glücklicher, als Law sie je gesehen hatte. Das konnte er ihr nicht missgönnen, auch wenn er zu anderen Zeiten gern an Ezras Stelle gewesen wäre.
Dennoch verspürte er einen Stich im Herzen. Neid und Sehnsucht kamen in ihm auf, und er wollte an jedem anderen Ort lieber sein als hier – na ja, vorausgesetzt, Mackenzie Cartwright hielt
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