Tödliche Pralinen
von Paris — Vingt
Heures zu besorgen. Ich wollte endlich den verdammten Artikel lesen, den
Galzat mir vorenthalten hatte!
Es ging um eine Verrückte, die seit einigen
Tagen eine beträchtliche Menge Pralinen in kleineren Süß Warengeschäften
gekauft hatte. Paris — Vingt Heures war dafür bekannt, alles
Mögliche zu drucken. Deshalb stand in den anderen Zeitungen nichts darüber.
Doch dieses eine Mal hatte die „Gerüchteküche“ wie Faroux das Sensationsblatt
nannte, die Wahrheit geschrieben.
„Das ist Catherine“, sagte ich zu meiner
Sekretärin. „Als ich entführt wurde, ist unser Wagen mit ihrem
zusammengestoßen. Viele kleine Schokokugeln kullerten über das Pflaster...“
„Und was macht die Verrückte mit dem Zeug?“
fragte Hélène.
„Sie verbrennt die Kugeln in ihrem Heizkessel.
Der Heizkörper im Salon war warm. Und nun frage ich Sie, mein Schatz: Ist das
ein Wetter, bei dem man seine Heizung anschmeißt? Der Kessel muß sich in der
Garage befinden, deswegen durfte Galzat ihren Wagen nie dort hineinfahren.“
„Seltsames Benehmen“, urteilte Hélène. Plötzlich
rief sie mit leuchtenden Augen: „Blouvette-Targuy! Catherine kennt den Mörder
und sein System! Sie versucht, seinen Plan zu durchkreuzen, indem sie alle
Pralinen in Paris aufkauft. Vielleicht liebt sie ihn ja und will ihn retten...“
„Sie hat ihn geliebt“, korrigierte ich. „Wie verrückt
hat sie ihn geliebt! Kommen Sie, ich glaube, es ist Zeit, daß wir ein paar
passende Worte mit dem Arzt wechseln!“
16
Das Alibi
Dr. Blouvette-Targuy war nicht zu Hause. Seine
Frau begrüßte uns. Sie sah ihrer Schwester ganz und gar nicht ähnlich. Weder
Anmut noch Schönheit hatte sie mit ihr gemein. Ihre Augen jedoch — ebenfalls
ganz im Gegenteil zu denen Catherines — strahlten zufrieden, beinahe fröhlich.
Ich stellte mich vor, gab mich als einen alten Freund ihres Mannes aus und
Hélène als meine Verlobte. Um das Gespräch in Gang zu bringen, plauderte ich
ein wenig über Galzat und erklärte dann, ich müsse den Doktor dringend
sprechen.
„Da sind Sie heute nicht der einzige“, bemerkte
sie lächelnd. „René Galzat hat mir soeben das gleiche erzählt! Er ist dann
wieder weggegangen, um Philippe zu suchen... wie ein Verrückter...“ Das Lächeln
wurde zu einem lauten Gelächter. „Ja, wie ein Verrückter! Ich glaube, der hat
nicht mehr alle beisammen!“
Sie tippte sich bedeutungsvoll an die Stirn.
„Das glaube ich auch“, pflichtete ich ihr bei,
ebenfalls lachend. „Ich dagegen hab so gut wie alles beisammen... Bitte, sagen
Sie mir, wo ich Ihren Gatten finden kann.“
„Aber gerne! Hoffentlich ist Philippe mir nicht
böse, weil ich ihm alle Welt hinterherschicke! Aber heute hat er mal einen
guten Tag. Seit langem“, fügte sie hinzu.
Dann verstummte sie plötzlich. Hielt es wohl für
nicht besonders angebracht, uns die Stimmungsschwankungen ihres Mannes
mitzuteilen. Stattdessen kam sie wieder auf meine Bitte zurück. Wir würden
Philippe bei Catherine Larcher finden. Da sie nicht wußte, daß ich die Adresse
ihrer Schwester kannte, nannte sie sie uns. Oder bei Monsieur Besse in der Rue
Nicolo könnten wir ihn antreffen. Monsieur Besse sei gleichermaßen ein Freund
und ein Patient.
Mit diesen Informationen in der Tasche
verabschiedeten wir uns. Im Taxi fragte Hélène:
„Haben Sie bemerkt, wie glücklich sie war? Das
ist sonst gar nicht ihre Art. Ich konnte mich während meiner separaten
Ermittlungen davon überzeugen.“
„Vielleicht hat sie heute ihren guten Tag.“
„Ja , wie ihr Mann! Was meinen Sie, Chef... Was
will er bei seiner Schwägerin? Wo er doch keinen Wert mehr darauf legte, Umgang
mit ihr zu pflegen... Die Frau weiß Bescheid, und wenn der Doktor Paris — Vingt Heures gelesen hat, weiß er’s auch. Nun, er hat einen
Mordanschlag auf sie verübt. Es wird ihm auf einen zweiten nicht ankommen. Daß
Catherine ihm auf die Schliche gekommen ist, paßt ihm gar nicht.“
„Das denke ich auch“, sagte ich.
* * *
Zwei Taxis hielten gleichzeitig vor Catherines
Wohnung. Aus dem einen stiegen Hélène und ich, aus dem andern Marc Covet.
„Was tun Sie denn hier?“ fragte ich erstaunt.
„Dasselbe wie Sie“, gab der Journalist zurück. „Galzat
hat mich telefonisch hergebeten und gesagt, er würde Sie ebenfalls einladen...
zu Ihrer eigenen Demontage! Er hat das ,Monster“ entlarvt, wie er sich
ausdrückt...“
„Ach, er hat das Monster entlarvt? Dann wollen
wir es uns
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