Toedliche Worte
dem gleichkommt«, sagte Carol schroff und sah ihm in die Augen. »Ich bin vergewaltigt worden, John. Keine Verletzung kommt dem gleich außer dem Tod, von dem noch niemand zurückgekehrt ist, um davon zu berichten.«
Brandon ließ diesen Verweis standhaft über sich ergehen. »Es hätte niemals passieren dürfen.«
Carol tat einen tiefen Atemzug. »Ich habe auch Fehler gemacht, das stimmt schon. Aber der Hauptschaden ist durch diejenigen entstanden, die die Operation leiteten und mich niemals davon unterrichtet haben, was wirklich los war. Leider haben nicht alle so viele Skrupel wie Sie.« Sie wandte sich ab und schlug ungeduldig die Beine übereinander. »Sie sagten, Sie wollten etwas mit mir besprechen«, fuhr sie fort und wechselte damit endgültig das Thema.
»Das stimmt. Ich weiß nicht, ob Sie über die Veränderungen bei den Polizeikräften im Norden auf dem Laufenden sind.«
Carol schüttelte den Kopf. »Ich hab mich nicht darum gekümmert.«
»Warum sollten Sie auch«, sagte er freundlich. »Aber das Innenministerium hat in seiner Weisheit beschlossen, Ost-Yorkshire sei ein zu kleines Gebiet, und deshalb soll die Polizei dort mit einer anderen Dienststelle zusammengelegt werden. Und da ich die kleinere der beiden Stellen leite, die nun zusammengelegt werden, habe ich meine Position aufgeben müssen.«
Carol schien jetzt etwas angeregter zuzuhören. »Das tut mir leid, John. Sie waren ein guter Polizeipräsident.«
»Danke. Und ich hoffe, das auch in Zukunft zu sein. Ich bin jetzt wieder in meinem alten Revier.«
»In Bradfield?«
Brandon bemerkte, dass Carol sich leicht entspannte. Er glaubte, die äußere harte Schale durchstoßen zu haben. »Ganz recht. Man hat mir die Leitung der Polizei von Bradfield angeboten.« Auf seinem kummervollen Gesicht erschien ein Lächeln. »Und ich habe Ja gesagt.«
»Das freut mich sehr für Sie, John.« Carol trank von ihrem Wasser. »Sie werden dort gute Arbeit leisten.«
Brandon schüttelte den Kopf. »Ich bin nicht hergekommen, weil ich auf Komplimente aus bin, Carol. Ich bin gekommen, weil ich Sie brauche.«
Carol wandte den Blick von ihm ab auf die graue, geäderte Steinwand der Kirche. »Das glaube ich nicht, John.«
»Hören Sie mir doch zu, bis ich fertig bin. Ich verlange ja nicht, dass Sie bei der Kripo am Schreibtisch sitzen. Ich möchte, dass Sie in Bradfield etwas anderes tun. Ich will eine Organisation für Schwerverbrechen aufziehen wie die, die es bei der Londoner Polizei gibt. Zwei erstklassige Einsatzkommandos in ständiger Bereitschaft, um die übelsten Täter zu fassen. Sie kommen nur in schweren Fällen gegen die richtig bösen Typen zum Einsatz. Und wenn es da mal nicht so viel zu tun gibt, kann die Gruppe alte ungelöste Fälle wieder aufnehmen und bearbeiten.«
Sie wandte sich ihm mit einem aufmerksamen, nachdenklichen Blick zu. »Und Sie glauben, Sie brauchen mich dafür?«
»Ich möchte, dass Sie die Einheit leiten und ein Einsatzkommando direkt zur Verfügung haben. Solche Dinge können Sie doch am besten, Carol. Die Kombination von Klugheit, Instinkt und guter, gediegener Polizeiarbeit.«
Sie rieb sich mit der vom Wasserglas gekühlten Hand den Nacken. »Früher vielleicht«, sagte sie. »Ich glaube nicht, dass ich noch dieselbe bin.«
Brandon schüttelte den Kopf. »So etwas verlernt man nicht. Sie sind die beste Polizeibeamtin, die je für mich gearbeitet hat, selbst wenn es Gelegenheiten gab, bei denen Sie die erlaubten Grenzen fast überschritten haben. Aber immer wenn Sie so weit gingen, hatten Sie recht. Und diese Art von Können und Mut brauche ich bei meinen Leuten.«
Carol starrte auf den leuchtend bunten Gabbeh-Teppich hinunter, als sei dort die Antwort zu finden. »Das glaube ich nicht, John. Ich schleppe dieser Tage einfach zu vieles mit mir herum.«
»Sie wären mir direkt unterstellt, und wir hätten keine pingeligen Bürokraten zwischen uns. Sie würden mit einigen Ihrer alten Kollegen zusammenarbeiten, Carol, die wissen, wer Sie sind und was Sie erreicht haben. Nicht mit Leuten, die sich aufgrund von Gerüchten und Halbwahrheiten ein vorschnelles Bild von Ihnen machen. Sondern mit solchen wie Don Merrick und Kevin Matthews. Männern, die Ihnen Respekt entgegenbringen.« Unausgesprochen blieb dabei, was beiden bewusst war: dass man sie sonst an keiner anderen Stelle auf diese Art und Weise anerkennen würde.
»Das ist ein großzügiges Angebot, John.« Carol hielt seinem Blick stand, aber in ihren Augen lag
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