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Tödliches Farbenspiel

Tödliches Farbenspiel

Titel: Tödliches Farbenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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1
     
    Die Reihe viktorianischer Häuser stand
düster im frühen Juninebel. Ich legte meine Hand auf das kalte Eisengeländer
und stieg von der Straße die Treppe hinauf. Dornige Brombeerzweige rissen an
meiner langen Hose, als ich durch den verwilderten Vorgarten ging. Ich fand es
merkwürdig, daß nirgendwo ein Licht zu sehen war. Die Häuser waren zwar im
Umbau, aber Jake, da war ich ganz sicher, hätte eine Taschenlampe zu unserem
Treffpunkt mitgenommen.
    Ich stieg die Marmorstufen zur Veranda
hinauf und suchte nach der Türglocke. Nichts. Am Ende holte ich meine kleine
Taschenlampe heraus und leuchtete die Bleiglastür ab. Die Glocke hing an
herausgerissenen Drähten, funktionierte nicht. Als ich anklopfte, schwang die
Tür nach innen auf. Im hohen Vorsaal blieb ich stehen. Nichts rührte sich.
Vielleicht war Jake des Wartens müde geworden; ich hatte mich verspätet. Auf
jeden Fall wollte ich nachsehen, ob er eine Nachricht für mich hinterlassen
hatte.
    Ich schritt durch einen Torbogen und
durchquerte den ehemaligen Salon auf dem Weg zum rückwärtigen Teil des Hauses.
Hinter dem Salon befand sich ein Raum mit einem reich verzierten offenen Kamin,
danach kam ein weiterer Torbogen, dann Finsternis. Ich trat durch den Bogen und
wartete einen Moment, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten.
Dann machte ich mich auf den Weg zu der Tür, die ich auf der anderen Seite des
Raums schwach erkennen konnte. Mein Fuß stieß an etwas Weiches.
    Erschrocken blieb ich stehen. Ich
schaltete die Taschenlampe ein. Sie ging aus. Ich drückte fester auf den
wackeligen Schalter und richtete den Strahl zum Boden. Auf einen reglos
daliegenden Mann.
    Ich fuhr zurück. Mein Herz raste.
»Jake«, flüsterte ich. »O Gott, nein. Jake!«
    Selbst bei dieser Beleuchtung konnte
ich auf den ersten Blick erkennen, daß Jake tot war. Er lag auf der Seite in
einer dunklen Pfütze. Blut, sagte mir mein Verstand. Aber es roch nicht wie
Blut.
    Meine Finger umklammerten die
Taschenlampe, während ich sekundenlang wie gelähmt dastand. Dann kniete ich
nieder und tauchte einen Finger vorsichtig in die dunkle Pfütze. Die
Flüssigkeit war dick und klebrig. Farbe. Rote Malerfarbe. Ich richtete mich auf
und wischte den Finger an meiner Jeans ab, ehe mir bewußt wurde, was ich tat.
    »Ach, Jake«, sagte ich lauter.
    Meine Stimme hallte in dem geräumigen
Zimmer wider, dann hüllte mich das alte Flaus in lastende Stille. Von draußen
kam das Dröhnen der Nebelhörner in der Bucht von San Francisco. Den Blick
weiter auf den Toten gerichtet, wich ich zur Wand zurück und tastete nach dem
Lichtschalter. Aber nichts geschah, als ich ihn herunterdrückte. Mit meiner
kleinen Lampe leuchtete ich zur Decke hinauf — eine verschnörkelte
Stuckrosette, aber kein Beleuchtungskörper. Das große viktorianische Haus war
offensichtlich völlig ausgeräumt worden.
    Aber ich brauchte gar kein zweites Mal
hinzusehen, um mich zu vergewissern, wer der Tote war, der dort in der
Farbpfütze lag. Jake Kauffmann, der Freund, der mich so dringend gebeten hatte,
ihn hier in diesem Haus zu treffen; der Strahl meiner Lampe zeigte mir deutlich
genug das sonnengebräunte Gesicht und das schwarze Haar. Nähere Untersuchungen
wollte ich der Polizei überlassen.
    Froh, dem stummen Beisammensein mit dem
Toten zu entkommen, lief ich zurück zur Vorhalle. Ich fragte mich, wer einen
Grund haben konnte, einen so sanftmütigen Menschen wie Jake Kauffmann zu töten.
Und warum Jake mich unbedingt in diesem verlassenen Haus hatte treffen wollen.
Von der Veranda aus entdeckte ich unten an der gegenüberliegenden Ecke eine
Telefonzelle. Ich sprang die Stufen hinunter und rannte durch das wuchernde
Grün des Vorgartens zur Treppe, die zur Straße hinunterführte. Als ich endlich
in der Telefonzelle stand, klopfte mir das Herz wieder bis zum Hals.
    Automatisch sah ich auf die Uhr. Es war
genau neun. Ich wählte die Nummer der Polizei und verlangte Greg Marcus, den
Leiter des Morddezernats. Der Lieutenant war nicht im Dienst. Ob ich eine
Nachricht hinterlassen wolle? Nein, ich würde ihn zu Hause anrufen. Ich kramte
mein Adreßbuch aus der Handtasche und wählte neu. Er meldete sich sofort.
»Greg«, sagte ich, »hier spricht Sharon.«
    »Wie nett! Und wie geht’s meiner
Lieblingsdetektivin?«
    »Nicht allzu gut, Greg. Ein Freund von
mir ist ermordet worden. Ich habe ihn eben gefunden.«
    Einen Moment blieb es still auf der
anderen Seite.
    »Dir scheinen ja die Leichen in

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