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Toedliches Fieber

Toedliches Fieber

Titel: Toedliches Fieber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dee Shulman
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Chr.
    Ein leises Klopfen weckte mich.
    »Hey, Eva! Kommst du zum Frühstück?«
    Blinzelnd versuchte ich zu verstehen, wo ich war und was ich gerade gehört hatte. St. Magdalene’s. Mein erster Morgen. Sekunden später wankte ich zur Tür.
    Ruby stand grinsend davor.
    Als ich die Tür weiter öffnete, kam sie herein. Irgendwie konnte ich es immer noch nicht fassen, dass Ruby gerne mit mir zusammen war.
    »Also ehrlich, Eva, wenn du mich nicht hättest, würdest du verhungern«, sagte sie und ließ sich aufs Bett fallen. »Los, zieh dich an – wir haben nicht den ganzen Tag Zeit.«
    Ich spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht, zog Jeans und T-Shirt an, nahm noch einen Pulli mit und folgte Ruby nach draußen.
    Die Frühstücksatmosphäre war wesentlich gedämpfter als die Stimmung am Vorabend. Die Schüler kamen mit verquollenen Augen herein und redeten nicht viel. Außer Ruby natürlich, die morgens genauso lebhaft war wie abends.
    Ich saß am Tisch, beide Hände am Kaffeebecher, und versuchte immer noch, richtig wach zu werden.
    Als Ruby mir einen Teller mit Rührei hinstellte, stöhnte ich auf.
    »Eva – du musst doch was essen! Was ist denn los mit dir?«
    »Ruby! Es ist mitten in der Nacht. Mein Mund ist noch gar nicht aufgewacht. Du kannst nicht erwarten, dass er um diese Uhrzeit schon kaut … Lass mich bitte damit in Ruhe!«, murmelte ich.
    Sie seufzte schwer.
    Als ich sie ansah, wurde ich schwach. »Na gut!« Ich schob mir eine Gabel mit Ei in den Mund. »Zufrieden?«
    Sie verdrehte die Augen und warf einen vielsagenden Blick auf den Rest.
    »Ruby! Ich esse doch schon. Mir geht es bestens!«
    »Der Morgen ist lang, Eva. Du brauchst eine gute Grundlage.«
    Ich runzelte die Stirn. Bisher hatte sich noch nie jemand darum gekümmert, ob ich vernünftig aß. Als Omar hereinkam, winkte Ruby ihn zu sich.
    Sie nahm seine Hand, als er sich zu uns setzte. Sie lächelten sich an.
    »Hey, Rubes! Hey, Eva!«
    Ich hatte den Mund voll, deshalb nickte ich nur.
    »Hast du überhaupt schon einen Stundenplan?«, fragte er mich.
    Ich schluckte den Bissen herunter. »Ich soll ihn um halb neun im Sekretariat abholen.«
    »Weißt du denn, wo das ist?«, fragte Omar.
    »Äh … ist das nicht der Raum am Torbogen?«
    »Hier gibt es hundert Torbögen, Eva.« Er grinste. »Soll ich dich hinbringen?«
    »Moment!«, meldete sich Ruby. »Wessen Aufgabe ist es, Eva alles zu zeigen? Keine Sorge, Eva – das habe ich schon eingeplant.« Als sie Omar dann auch noch spielerisch in die Rippen pikte, wusste ich endgültig, dass sie ein Paar waren.
    Nachdem ich aufgegessen hatte, stellten wir das Geschirr zusammen und Ruby schleppte mich ins Sekretariat.
    Als ich meinen Stundenplan in Händen hielt, traute ich meinen Augen nicht. Ich hatte theoretische Mathematik, höhere Mathematik, angewandte Mathematik, Physik, Chemie und Biologie. Das war schon mehr, als ich gehofft hatte. Dazu kamen noch Kunstgeschichte, Latein, Griechisch, Philosophie, Ethik und Politik.
    Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu grinsen.
    »Was hast du denn?«, fragte Ruby und warf einen Blick auf meinen Stundenplan.
    »Oh mein Gott! So einen vollen Stundenplan habe ich noch nie gesehen! Du hast ja an sechs Wochentagen fast in jeder Stunde Unterricht! Das ist bestimmt ein Irrtum. Komm, wir gehen wieder rein und klären das.«
    »Nein, Ruby. Ich glaube nicht, dass es sich um einen Fehler handelt. Irgendwie wollte ich das auch so, also, ich fasse es nicht, dass er mir zugehört hat …« Ich war richtiggehend ergriffen.
    »Oh nein, Eva! Bist du etwa doch der totale Nerd?«, stöhnte Ruby. Erschrocken sah ich sie an.
    Doch sie lächelte. »Dann komm jetzt. Wir haben Bio zusammen –und Dr. Franklin mag es gar nicht, wenn man sie warten lässt!«
    Außer Biologie hatten wir nicht viel zusammen, aber Ruby sorgte dafür, dass ich genau wusste, wann ich wohin musste. Nach einigen Tagen kannte ich mich bereits gut aus und wusste, vor welchen Lehrern man sich in Acht nehmen sollte und welche die Sache entspannter angingen. In keinem Kurs waren mehr als zwölf Schüler und ich fand bald heraus, dass man nicht damit durchkam, eine Stunde lang aus dem Fenster zu sehen.
    »Nun, Eva, was halten Sie von Le Déjeuner sur l’herbe ? War Manet wirklich überrascht von den feindseligen Reaktionen auf dieses Gemälde?«
    »Ist es denn möglich, von vornherein nur Feindseligkeit zu erwarten?«, murmelte ich, denn diese Überlegung lag mir wirklich auf der Seele. Doch dann dachte ich über

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