Tokatas Todesspur
könnte.«
Da lachte der Goldene. »Du suchst einen Ausweg, Tokata. Aber du hast dich geirrt. Du bekommst von mir eine Waffe. Nimm meinen Dolch und töte dich damit!«
Jetzt war es heraus. Wir schluckten beide.
»Das darf doch nicht wahr sein«, hauchte Suko. »Sag mir, daß ich träume.«
»Nein, du träumst nicht!«
Während wir diesen kurzen Dialog führten, hatte der goldene Samurai an seinen Gürtel gegriffen und legte nun eine Hand auf den Griff des Dolches. Die Schwertspitze blieb dabei dicht vor Tokatas Gesicht, so daß sich dieser hüten würde, auch nur eine falsche Bewegung zu machen. Der Goldene riß den Dolch hervor.
Es war eine prächtige Waffe, mit langer, leicht gebogener Klinge. Auch sie schimmerte golden wie das Schwert. Der Samurai drehte den Dolch, so daß die Spitze nicht auf ihn, sondern auf Tokata zeigte. »Nimm ihn!«
Atemlose Stille lag über der Schlucht. Die Luft schien mit Elektrizität angefüllt zu sein. Würde Tokata sich jetzt noch wehren? Würde er alles auf eine Karte setzen?
Sein rechter Arm schwang vor. Die Finger öffneten sich, und er tastete nach der Waffe.
Dann hielt er sie in der Hand.
»Und jetzt stoß sie dir in den Leib!« befahl der goldene Samurai.
Harakiri!
Himmel, was wußte ich über diese alte Tradition? Wenig genug. Ich versuchte, meine Gedanken zu ordnen. Der Dolch mußte in den Bauch gestoßen werden, denn der Bauch galt in Japan als Kern des menschlichen Wesens. In ihm lagerten der Geist, der Wille und die Gefühle. Und der Samurai mußte notfalls bereit sein, seine Echtheit dadurch zu beweisen, daß er diesen Kern enthüllte.
Würde Tokata darauf eingehen und den ehrenvollen Tod einem schmachvollen vorziehen? Wir wußten es nicht… Sekunden vergingen.
Noch intensiver, noch stärker wurde die Spannung. Daß auch wir uns in Gefahr befanden, hatten wir längst vergessen. Unsere Blicke und Gedanken waren einzig und allein auf Tokata fixiert.
»Jetzt töte dich!« befahl der Goldene. »Genau nach der alten Zeremonie der Samurais. Du wirst sie noch kennen!«
Tokata hob den Kopf. Für den Bruchteil einer Sekunde traf sein Blick den des Todfeindes. Der Samurai des Satans kniete sich nicht hin, er blieb stehen, schielte auf das ihn bedrohende Schwert und nickte dann.
»Ja, ich werde mich töten«, sagte er. »Ich stoße mir den Dolch in den Leib. Aber glaub nur nicht, daß du gewonnen hast, Goldener. Mein Geist wird von Emma-Hoo aufgefangen und weiterleben.«
Es waren seine letzten Worte, dann stieß Tokata zu!
***
Er schaute dabei nicht auf den Dolch, wie es die ehrenvollen Samurais taten, sondern blickte dem Goldenen ins Gesicht, aber er drückte sich die Klinge unterhalb der Taille bis zum Heft in den Leib, zog den Dolch langsam quer zur rechten Seite hinüber, drehte ihn in der Wunde und riß ihn dann nach oben. Was zahlreiche Waffen nicht geschafft hatten, das brachte der Dolch des Goldenen fertig. Er tötete Tokata.
Wir sahen eine dicke blaue Flüssigkeit aus der Wunde strömen. Sie floß über Tokatas Hand und auch über den Griff des Dolches. Noch stand der Samurai des Satans, aber wir sahen beide, wie er wankte.
Zuerst schwankte er nach links, dann nach rechts. Mit einer wahrlich übernatürlichen Kraft hielt er sich noch auf den Beinen, bis er nicht mehr konnte und in die Knie brach. In einem letzten aufflackernden Lebenswillen zog er den Dolch aus dem Leib hervor, und es schien, als wollte er ihm den Goldenen in den Leib stoßen, um ihn ebenfalls zu vernichten. Das wußte auch der andere.
Sein Schwert hielt er noch in der Hand. Er brauchte es nur zu drehen und zuzuschlagen.
Die goldene Klinge sauste nach unten.
Der Samurai hatte nicht einmal viel Wucht in den Hieb gelegt, aber mit einem Schlag trennte er Tokatas Schädel vom Rumpf.
Der Kopf fiel zu Boden, rollte noch ein Stück und blieb liegen. Genau so, daß uns die kalten, leblosen Augen anstarrten. Die Schlucht auf der Insel des Schweigens hatte ihr letztes Drama erlebt.
Tokata, der Samurai des Satans, war tot!
Und Solo Morasso, alias Dr. Tod, hatte somit ein Mitglied seiner Mordliga verloren!
***
Das mußten wir erst verdauen. Was hatte uns Tokata für Ärger und Schwierigkeiten bereitet! Und nun lebte er nicht mehr. Er war ausgelöscht worden, nicht durch uns, sondern durch einen anderen, der mit ihm eine uralte Rechnung zu begleichen hatte. Tokatas Todesspur hatte ihr Ende erreicht. Sekundenlang schaute der Goldene auf seinen Gegner. »Emma-Hoo hat verloren«, sagte er, und
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