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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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von allem, was der Redner gesagt, wirklich nicht eine einzige Silbe verstanden hatte: so schritt er zu seinem Geschäft, welches er dann auch geschwinder zu Ende brachte, als er geschwind gewesen war es anzufangen.
    Jones wurde darauf angewiesen, zu Bette zu gehen, welches ihn Western nötigte in seinem Hause anzunehmen, und dann ward ihm die Haferwelgenbuße angekündigt.
    Unter der honetten Gesellschaft, welche im Saal der Operation des Armschienens beigewohnt hatte, war auch Jungfer Honoria. Sobald aber der Verband angelegt worden, ging sie auf den Ruf der Schelle zu ihrem Fräulein hinauf, welche sie fragte, was der junge Herr Jones mache? Zur Antwort ergoß sich die treue Putzjungfer in ein übertriebenes Loben und Preisen des Höllenmuts, wie sie's nannte, seines Benehmens, welches, wie sie sagte, »einen so scharmanten jungen Herrn so allerliebst kleidete.« Dann brach sie in noch wärmere Lobsprüche aus über die Schönheit seiner Person, wobei sie manche einzelne Teile derselben besonders durchging und zuletzt mit der Versicherung schloß, daß seine Haut bis zum Entzücken weiß wäre.
    Dieses Gespräch hatte eine solche Wirkung auf Sophiens Fassung, daß es vielleicht dem Scharfblick der Kammerjungfer nicht entwischt sein möchte, hätte sie ihrer Herrschaft nur ein einziges Mal ins Angesicht gesehen, so lange sie mit ihrer Erzählung im Gange war. Ein Spiegel aber, der ihr sehr bequem gegenüber hing, gab [173] ihr Gelegenheit, diejenigen Gesichtszüge zu betrachten, die vor allen übrigen das meiste Vergnügen gewähren, so daß sie während ihrer ganzen Rede die Augen von diesem liebenswürdigen Gegenstande nicht ein einziges Mal wegwenden konnte.
    Jungfer Honoria war mit dem Gegenstande, worüber sich ihre Zunge bewegte, und mit dem teuren Bilde, das ihr da vor Augen schwebte, so emsiglich beschäftigt, daß sie ihrem Fräulein Zeit ließ, ihre Verwirrung zu unterdrücken, die dann, als sie damit fertig war, ihrer Jungfer mit Lächeln sagte: »sie wäre gewiß in den jungen Menschen verliebt.« – »Ich, verliebt, 'R Gnad'n!« antwortete sie, »mein'r Ehr, Gnädigs Frölen, ich versichre, auf meine Seele, 'R Gnad'n, ich bin's nicht.« – »Nun, nun,« sagte ihre Herrschaft, »wenn Sie's nun wäre! Ich seh' nicht, warum Sie sich dafür schämen sollte, denn es ist gewiß ein hübscher junger Mann.« – »Ja wohl, 'R Gnad'n, das sagen 'R Gnaden nur noch einmal. 'S ist Ihn'n der schönste Mann, den 'ch mein Lebetage gesehn habe; ja mein'r Ehr, das ist er! Und wie 'R Gnad'n sag'n, w'rum sollt 'ch mich schämen, wenn 'ch 'n lieb hielt? Obschons er viel vornehm'r ist, als ich; denn, mein'r Ehr, adliche Leute sind auch nur Fleisch und Blut, und nichts mehr, als wir hipsche Diensten. Und, ja, Herr Tom Jones, obschons Herr von Alwerth en'n Junker aus 'n gemacht hat, so ist 'r doch nicht 'emal so ehrbar auf d' Welt kommen, als unser Eins: denn, ob 'ch wohl nur 'ne demüt'ge Kammerjungfer bin: so bin 'ch ein ehrlicher Leute ehrlich's Kind, und mein Vater und Mutter war'n ordentlich zusammen von 'm Pastor getraut; das könn'n nicht alle Leute sag'n, sie mög'n ihr Nas' auch noch so hoch tragen! – Daß mir doch nicht übel werd'! wisch dir d' Nase, Schmutzvetterchen! Laß sein' Haut sein, als se will; und ja, mein'r Ehr, 's ist die weißeste, die man sehn kann; 'ch bin doch ein' Christenseele, so gut wie ähr; und, dem biet 'ch Trotz, der sag'n kann, 'ch wär'n Hurenkind. Mein Großpapa war'n geistlicher Herr; und 's würd' ihn nicht wenig kekränkt hab'n, glaub' ich, wenn 's ihm jemand gesagt hätt', jemand von sein'r Familie würd's aufraff'n, was Molly Seegrims aus ihr'n klaatrigen Klauen hätt' liegen lass'n.«
    Vielleicht hätte Sophie ihre Abigail noch lange in diesem Tone fortschwatzen lassen, aus Mangel an Mut und Kraft ihrer Zunge Einhalt zu thun, welches, wie der Leser aus ihrem fließenden Stile wohl ersehn wird, kein so leichtes Unternehmen war. Denn gewiß waren hin und wieder einige Brocken in diese Rede eingeworfen, welche ihrer Dame nichts weniger als angenehm sein konnten. Endlich hemmte sie doch diesen Strom, weil er von selbst kein Ende nehmen zu wollen schien. »Ich wund're mich,« sagte sie, »über [174] Ihre Unverschämtheit, womit Sie sich untersteht, auf diese Weise von meines Vaters Freunden zu sprechen. Was die Dirne anbetrifft, so sag' ich es Ihr, einmal statt tausend, Sie soll ihren Namen in meiner Gegenwart nicht wieder nennen. In Ansehung der Geburt des jungen Herrn, so könnten

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