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Tom Sawyers Abenteuer und Streiche

Titel: Tom Sawyers Abenteuer und Streiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Twain
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ganze Bande haben, sonst hat das Ding keinen Schick, Tom Sawyers Bande, 's lautet famos, gelt, Huck?«
    »Das tut's, Tom, das tut's weiß Gott! Und wer wird beraubt?«
    »Na, jeder. Wir lauern eben den Leuten auf, so macht man's.«
    »Und töten sie?«
    »Nee – immer nicht! Sperren sie in die Höhle, bis sie sich ranzionieren.«
    »Ranzion – was? Was heißt denn das?«
    »Na, Geld geben! Ihre Freunde müssen alles zusammenkratzen, was sie können, und wenn die Summe, die man verlangt, nach Jahresfrist nicht beisammen ist, dann bringt man die Gefangenen um. So wird's gewöhnlich gemacht. Nur die Weiber läßt man leben. Die sperrt man ein, aber man tötet sie nicht. Die sind immer schön und reich und entsetzlich furchtsam. Man nimmt ihnen die Uhren und ihre anderen Sachen, zieht aber immer den Hut vor ihnen und ist höflich. Niemand ist so höflich, wie die Räuber, das kannst du in jedem Buch lesen. Na, die Weiber, die lieben einen dann, und wenn sie erst mal zwei, drei Wochen in der Höhle gewesen sind, hören sie auf zu weinen und man kann sie schließlich nicht wieder loswerden. Wenn man sie hinaustreiben wollte, würden sie flugs kehrtmachen und zurückkommen. So steht's in allen Büchern.«
    »Na, das laß ich mir gefallen, 's ist noch besser, als Seeräuber sein.«
    »In einer Art ist's freilich besser, 's ist nicht so weit von Hause und näher beim Zirkus und all den Sachen.«
    Jetzt war alles bereit und die Jungen schlüpften in das Loch, Tom voran. Sie krochen mühsam bis zum anderen Ende des kleinen Stollens, befestigten dann ihre Leine und drangen weiter vor. Wenige Schritte brachten sie zu der Quelle, und Tom fühlte sich von einem kalten Schauder überrieselt. Er zeigte Huck das übriggebliebene Dochtrestchen, das mit einem Klümpchen Lehm an der Felswand befestigt war, und beschrieb, wie er und Becky verzweifelnd dem letzten Aufflackern und Erlöschen der Flamme zugesehen.
    Die Jungen sprachen jetzt nur noch im Flüsterton, denn die Stille und Trostlosigkeit des Orts bedrückte ihre Stimmung, Sie schritten weiter und kamen an jenen anderen Gang, der an dem vermeintlichen »Abgrund« endete. Beim Kerzenschein stellte sich indessen heraus, daß hier kein unergründlicher Abgrund, sondern nur eine steile Lehmwand von zwanzig bis dreißig Fuß Tiefe war. Tom flüsterte:
    »Jetzt will ich dir was zeigen, Huck.«
    Er hob die Kerze hoch und sagte:
    »Sieh mal so weit um jene Ecke als du kannst. Siehst du was? Dort, an dem großen Felsblock da drüben, – mit Kerzenrauch geschwärzt?«
    »Tom, 's ist ein  Kreuz !«
    »Nun, und wo ist Nummer Zwei?  Unter dem Kreuz , he? Grad dort Hab ich den Indianer-Joe gesehen, wie er seine Kerze in die Höhe hob. Huck!«
    Huck starrte eine Weile auf das geheimnisvolle Zeichen und hauchte dann mit zitternder Stimme:
    »Tom, laß uns machen, daß wir fortkommen!«
    »Was, und den Schatz im Stich lassen?«
    »Ja, lieber. Dem Indianer-Joe sein Geist treibt sich gewiß hier herum.«
    »Bewahre, Huck, hier nicht! Der spukt an der Stelle, wo der Kerl gestorben ist, am Ausgang drüben – fünf Meilen von hier!«
    »Nee, Tom, das glaub ich nicht. Der spukt bei seinem Geld herum. Ich weiß, wie's Geister machen, und du weißt's auch!«
    Tom begann zu überlegen, daß Huck am Ende recht haben könne. Böse Ahnungen stiegen in ihm auf. Plötzlich kam ihm ein erlösender Gedanke.
    »Denk doch nach. Huck, wir sind alle beide Narren! Wie kann denn ein Geist da herumspuken, wo ein Kreuz ist!«
    Das war ins Schwarze getroffen.
    »Tom, daran hab ich gar nicht gedacht. Aber so ist's. Das Kreuz ist 'n Glück für uns. Wir wollen nun mal da hinabklettern und nach der Kiste schauen.«
    Tom ging voraus, indem er während des Ansteigens rohe Stufen in die Lehmwand schnitt. Huck folgte. Vier Gänge führten aus der kleinen Höhle, in welcher der Felsblock stand. Drei davon untersuchten die Jungen ohne jeden Erfolg. Sie fanden einen kleinen Schlupfwinkel, in dem ein Bündel wollener Decken lag, dazu ein alter Hosenträger, ein Stück Schinkenschwarte und die rein abgenagten Knochen von zwei oder drei Hühnern. Die Goldkiste aber war nirgends zu erblicken. Die Jungen durchsuchten alles und durchsuchten 's noch einmal, umsonst! – Tom sagte:
    »Es hieß unter dem Kreuz. Hier sind wir am nächsten darunter, 's kann doch nicht unter dem Felsen selber sein, der sitzt fest auf dem Grunde auf, was nun?«
    Wieder suchten sie überall herum und setzten sich dann entmutigt nieder. Huck wußte nichts

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