Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur
Geburtsurkunde mit Bordains Namen darauf. »Soll ich etwa glauben, dass es in Südkalifornien noch einen anderen Darren Bruce Bordain gibt?«
»Wenn Sie so fragen«, sagte Bordain. »Ja, es gibt noch einen. Meinen Vater.«
82
Anne konnte den Angriff gerade noch mit dem linken Arm abwehren, gleichzeitig holte sie mit dem anderen weit aus, um Dennis einen Schlag gegen den Kopf zu versetzen. Dabei war ihre rechte Schulter einen Moment lang ungeschützt, und er reagierte blitzschnell und stieß die Klinge seiner Waffe hinein.
Das alles konnte nicht wahr sein. Sie lag am Boden, Dennis schutzlos ausgeliefert. Erneut ging er mit seinen Waffen auf sie los. Sie würde in der Diele ihres eigenen Hauses umgebracht werden, von einem Zwölfjährigen, dem sie nur hatte helfen wollen. Und irgendwo hinter ihr stand ein vierjähriges Kind, das innerhalb einer Woche zum zweiten Mal einen Mord mit ansehen musste.
Sie konnte Haley hysterisch schreien hören.
Wo war Wendy? War sie zur Hintertür gerannt, um den Deputy zu holen, der in seinem Auto saß und ein Salamisandwich aß, ohne mitzubekommen, was in dem Haus, das er bewachen sollte, vor sich ging?
Dennis, der auf ihrem Bauch hockte, war immer noch in Rage. Seine Augen quollen hervor. Sein Gesicht war so rot, dass seine Sommersprossen nicht mehr zu erkennen waren. Er hatte den Mund aufgerissen, ein klaffender Schlund, aus dem das wilde, aus irgendeinem finsteren Teil seiner Seele aufsteigende Gebrüll eines Tieres drang.
Es roch stechend nach Urin. Dennis hatte die Kontrolle über sich verloren und in die Hose gemacht.
Erneut hob er den Arm, um auf sie einzustechen. Anne wand sich, um ihn abzuwerfen.
» HÖR AUF !! HÖR AUF !! HÖR AUF !!«, schrie Wendy.
Unvermittelt wurde Dennis Farmans Kopf zur Seite geschleudert, und aus seinem Mund und seiner Wange spritzte Blut auf die Wand.
» HÖR AUF !! HÖR AUF !!«
Wendy schwang einen Schürhaken vom Kamin im Wohnzimmer und schlug noch einmal damit zu, dieses Mal traf sie ihn an der Schulter, und noch einmal, an seiner Seite.
Dennis kippte um und blieb benommen liegen.
Aus dem Vorgarten ertönte die Stimme des Deputy. »Mrs Leone? Alles in Ordnung da drin?«
Nein, dachte Anne, verletzt und blutend auf dem Boden liegend. Nichts ist in Ordnung.
Überhaupt nichts ist in Ordnung.
83
Darren Bruce Bordain.
Der Name wurde seit Generationen in der Familie weitergegeben, abwechselnd mit Darren oder Bruce als Rufname.
Mendez stand auf und verließ den Raum erneut, um zu den drei Zuschauern in den Pausenraum zu gehen, die ebenso verblüfft waren wie er.
»Was zum Teufel machen wir jetzt?«, fragte er.
»Wir sollen glauben, dass Bruce Bordain Haleys Vater ist?«, fragte Hicks.
»Dass er sich dafür hält«, korrigierte ihn Vince.
»Und Darren Bordain hat so viel Angst davor, geoutet zu werden, dass er lieber als Mordverdächtiger ins Gefängnis gehen würde«, sagte Mendez.
»Er weiß, dass er nicht ins Gefängnis geht. Er ist viel zu klug, um darauf reinzufallen«, sagte Dixon in bedauerndem Ton. »Und wir wissen jetzt, dass die gesamte Familie ein Motiv hatte, Marissa Fordham tot sehen zu wollen. Was für ein Albtraum.«
»Über einen Mangel an Motiven können Sie sich jedenfalls nicht beklagen, Cal«, sagte Vince. »Daddy Bordain senior ist der Vater ihres Kindes, und sie hat ihn erpresst. Bordain junior ist der Vater ihres Kindes, und sie hat ihn erpresst. Oder der Junior ist vom anderen Ufer, und sie wusste das und hat ihn damit erpresst. Ich weiß gar nicht, welches mir besser gefällt.«
»Ganz gleich, welche Richtung wir weiterverfolgen, die Presseleute werden sich wie die Aasgeier darauf stürzen, und die Bordains lassen sich meinen Kopf auf einem Silbertablett servieren«, sagte Dixon.
»Versuchen Sie es zunächst mal mit der Schwulengeschichte«, riet Vince. »Die Bordains werden eine schützende Hand über die Ihren halten. Mark Foster ist außen vor.«
Dixon nickte. »Bill, fahren Sie zu Mark Foster, und bringen Sie ihn her.«
»Und Bordain?«, fragte Mendez.
»Halt ihn hin«, sagte Vince. »Er soll denken, dass Foster bereits hier ist und in einem der anderen Zimmer vernommen wird.«
»Okay.«
Dritte Runde, dachte Mendez, als er zurück zum Vernehmungsraum ging. Im selben Moment, in dem er nach dem Türknauf griff, kam mit finsterem Gesicht ein Deputy den Flur entlang.
»Ist Vince Leone hier?«
»Im Pausenraum. Was ist passiert?«
»Jemand hat gerade versucht, seine Frau umzubringen.«
84
Vince
Weitere Kostenlose Bücher