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Collector

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Titel: Collector Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Erste Szene
1. Januar 3042 a. D. [Erdzeit]
    SYSTEM: SOL
    PLANET: ERDE/TERRA (FREIZONE)
    GLOBALE SPEICHEREINHEIT: I
    KOORDINATEN: 45°2'N 12°20'0
     
    Ausgerechnet heute muss es pissen.
    Quietschend rutschten die Wischerblätter über die breite Frontscheibe und rieben den Schleier aus Staub und Feuchtigkeit zur Seite. Das Metronom des Niederschlags.
    Kris sah aus der zehn Meter hohen Kanzel des titanischen Antigrav-Trucks auf die Überbleibsel einer lange vergangenen Zeit.
    Die letzten ausgeblichenen Ruinen der Lagunenstadt änderten ihre Farbe. Regentropfen um Regentropfen befeuchtete sie und den ausgetrockneten, rissigen Boden des Venezianischen Golfs, der sich von Aschgrau zu Schwarz wandelte. Die jahrhundertealten Palazzo-, Straßen- und Brückenüberbleibsel wurden auch dunkler, als wollten sie sich der Umgebung anpassen und sich aus einem einzigen Zweck tarnen: vor der anrückenden zerstörerischen Maschine verschwinden, die herandonnerte.
    Mit zweihundertachtzig Stundenkilometern jagte der dreihundert Meter lange, knallrot gestrichene Truck über den einstigen Meeresboden dahin. Anstelle von Rädern saßen eine Vielzahl dumpf brummender Antigravitationspulsatoren unter dem tonnenschweren Giganten und ließen ihn zehn Zentimeter über dem Grund schweben. Schwenkbare Hochleistungsrotoren am Heck und seitlich am Auflieger schoben ihn an.
    Elf Wochen Trockenheit. Klar, dass das sich gerade jetzt ändern muss.
    Kris nahm sich einen Schokoriegel von der Ablage und öffnete die Verpackung mit einer Hand, die andere blieb an der Multifunktionskonsole, mit der er das Gefährt steuerte, ein halbes Lenkrad mit zahlreichen Knöpfen und Touchpads darauf. Verschiedenste Anzeigen glühten schräg vor ihm und spiegelten sich in seinen grünen Augen. Wechselnde Außenbilder vom Truck wurden auf die Scheibe projiziert, zwei Dutzend Kameras lieferten die Bilder. Nur mit ihnen war er in der Lage, das Gefährt, das Gauss Industries gehörte, sicher ohne den Autopiloten zu lenken. Kris war ein Mietkutscher und konnte alles bewegen, was man ihm hinstellte, solange es über einen Antrieb verfügte.
    Der Regen verstärkte sich. Das Metronom pendelte von selbst schneller.
    Hoffentlich muss ich nicht aussteigen. Dazu habe ich nämlich überhaupt keine Lust.
    Er biss ab und genoss den Geschmack, der sich in seinem Mund ausbreitete: süß, klebrig und irgendwie entspannend.
    Die Baustelle tauchte auf, mitten im einstigen Canal Grande.
    Kris wusste vom Canal Grande nur, weil er einen Lageplan vor Antritt des Jobs gelesen hatte, um sich auf das Manövrieren vorzubereiten. Ältere terranische Geschichte interessierte ihn nicht besonders, er fand die Gegenwart schon anstrengend genug. Aber er räumte ein: Früher muss Venedig mal eine schöne Stadt gewesen sein.
    Die Aufnahmen von vor eintausend Jahren hatten ihn beeindruckt. Der geschwungene Hauptkanal, der von oben wie ein krummes Fragezeichen ausgesehen hatte, die vielen Nebenkanäle, die Paläste, die bunten Ziegeldächer, die Plätze und verborgenen Fleckchen hatten was von einem Retro-Vergnügungspark. Heute war das alles nicht mehr als eine Ansammlung unnötiger Vergangenheit, die ihm das Rangieren erschwerte. Das Wasser, das den außergewöhnlichen Charme der Stadt begründet hatte, gab es schon lange nicht mehr.
    Kris grinste. Heute bin ich Venedigs einziger Gondoliere.
    Neue Bauten waren entstanden - wenn auch nur vorübergehend. Krane erhoben sich mitten in den Resten der Serenissima, Scheinwerfer flammten von oben herab und beleuchteten den künstlichen Krater, den die Baumaschinen geschaffen hatten. Der Anblick erinnerte Kris an eine offene Wunde, in der gnadenlos herumgestochert wurde. Der Bergungstrupp von Gauss Industries war darin fündig geworden. Jetzt brauchten sie einen Profi wie ihn, der auch ohne die Unterstützung des Autopiloten fahren konnte.
    Sie buddeln wirklich! Er hatte bis vor kurzem noch geglaubt, eine Ladung besonders schwerer Container aus einem Hochregalhort abzufahren. Na ja, was immer es sein wird: Last ist Last. Aber es ist mal was anderes als die üblichen Riesenkisten.
    Etwas abseits parkten vier klobige Hovercraft-Panzer, auf deren Dächern sich kleine Radarantennen drehten und sechsläufige Flakkanonen angebracht waren. Ein unmissverständliches Zeichen an alle, die Gauss den Fund streitig machen wollten.
    Hm ... Ein bisschen viel Standardgeleitschutz für nachher. Kris steuerte den Truck in gerader Linie auf das Loch zu. Dass er dabei mit der

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