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Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur

Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur

Titel: Tony Mendez 02 - Eine verräterische Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tami Hoag
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hob etwas die Stimme. »Das ist doch richtig, Detective?«
    »Ja«, sagte Mendez mit ernster Miene. »Sara Morgan.«
    »Sara, ja. Sie mag mich nicht«, sagte Zahn. »Das macht nichts. Ich verstehe das. Sie ist sehr traurig, glaube ich.«
    »Wie kommen Sie darauf, Zander?«, fragte Mendez und übernahm damit Vinces Trick, ihn wie einen alten Freund mit seinem Spitznamen anzusprechen.
    Zahns Blick wanderte in die Ferne. »Weil ich das glaube. Ich glaube, sie ist sehr traurig. Das sieht man ihren Augen an. Sie hat schöne Augen. Finden Sie nicht? Blau wie die Ägäis. Aber traurig. Und verängstigt. Sie hatte Angst vor mir.«
    »Warum?«
    »Vielleicht meint sie, ich wäre gefährlich.«
    »Das ist doch lächerlich, Zander«, sagte Nasser.
    »Für sie nicht«, sagte Zahn. »Für sie ist ihre Wahrnehmung ihre Wirklichkeit. Sie versteht mich nicht. Die Menschen haben Angst vor dem, was sie nicht verstehen.«
    »Sie sind weltberühmt auf Ihrem Gebiet«, sagte Nasser.
    Zahn nickte und wandte den Blick ab. »Aber nicht in ihrem Kontext. Stimmt das nicht, Vince?«
    »Vermutlich. Sie kennt Sie nicht richtig.«
    »Ich bin für sie nur der seltsame Nachbar«, sagte Zahn. »Ich bin ihr fremd. Die Menschen haben Angst vor dem Fremden. Ich habe Angst vor dem Fremden. Was wir nicht kennen, kann uns verletzen.«
    Er fing an, auf seinem roten Stuhl hin und her zu schaukeln, knetete seine Hände, rieb sich mit den Handflächen über die Oberschenkel.
    Nasser meinte offenbar immer noch, sich einschmeicheln zu müssen. »Trotzdem«, sagte er, »Sie würden niemals einer Frau etwas zuleide tun.«
    »Und ob ich das tun würde«, sagte Zahn freimütig.
    Mendez spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten. Er warf Vince einen Blick zu, der aber zeigte keine Reaktion, in aller Gelassenheit schlug Vince die Beine übereinander und zog die Bügelfalte an seiner Hose zurecht.
    »Das habe ich schon«, sagte Zahn und sah Mendez in die Augen. »Ich habe meine Mutter umgebracht.«

11
    Keiner bewegte sich, keiner wagte Luft zu holen.
    Rudy Nasser schien es die Sprache verschlagen zu haben.
    Zander Zahn saß da und rieb sich mit den Händen über die Oberschenkel.
    Blut , dachte Mendez. Er versucht, das Blut von seinen Händen zu wischen.
    Er musste damals noch ein Kind gewesen sein – allenfalls ein Halbwüchsiger, überlegte Mendez. Andernfalls säße er irgendwo eine lebenslängliche Haftstrafe ab. Zumindest würde er ganz bestimmt nicht am McAster College in Oak Knoll unterrichten. Er wäre kein weltbekanntes Mathegenie. Mendez fragte sich, ob Arthur Buckman Bescheid wusste.
    »Man hat es als Kind nicht leicht«, wiederholte Zahn seine Worte von vorhin. »Ich war auch einmal ein Kind. Es war nicht leicht.«
    »Ihre Mutter hat Sie misshandelt, Zander?«, stellte Leone eher fest, als er fragte.
    »Ich möchte nicht darüber reden, Vince«, erwiderte Zahn ruhig. »Ich erzähle diese Geschichte nicht gern.«
    Mendez lag die Frage auf der Zunge, warum er dann überhaupt damit angefangen hatte. Am liebsten hätte er die Gelegenheit beim Schopf ergriffen und ein paar Antworten aus ihm herausgepresst. Aber Leone beobachtete ihn hinter den verspiegelten Gläsern seiner Sonnenbrille, und Zahn begann auf seinem Stuhl hin und her zu schaukeln, von wiedererwachten Erinnerungen und Gefühlen aufgewühlt. Jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt, ihn unter Druck zu setzen.
    »Das sind sicher keine schönen Erinnerungen«, sagte Mendez ruhig. Geduldig. »Ich verstehe das. Deshalb war es bestimmt umso schrecklicher für Sie, Marissa in diesem Zustand vorzufinden«, sagte er. »All das Blut.«
    »Entsetzlich, entsetzlich«, murmelte Zahn mit entrücktem Blick, während er weiter hin und her schaukelte und die Hände aneinanderrieb. »So viel Blut. So viel Blut.«
    Mendez fragte sich, welche Bilder er vor sich sah: den Mord an seiner Mutter oder die Leiche Marissa Fordhams. Wie war seine Mutter zu Tode gekommen? Hatte er ein Messer benutzt? Konnte es sein, dass er eine Art Aussetzer oder ein Flashback gehabt und Marissa Fordham angegriffen hatte, weil er sie mit seiner Mutter in Verbindung gebracht oder die beiden Frauen sogar verwechselt hatte?
    »Haben Sie Marissas Leiche angefasst?«
    »Nein, nein, nein.« Zahn schüttelte den Kopf. »Konnte ich nicht. Habe ich nicht. Konnte ich nicht. Habe ich nicht.«
    Das würde erklären, warum er nicht gemerkt hatte, dass das kleine Mädchen noch am Leben war. Er hatte sie nicht angefasst, hatte nicht versucht, ihren Puls

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