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Tore in der Wüste

Tore in der Wüste

Titel: Tore in der Wüste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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Sichtfenster sieht ein eingefrorener Körper aus wie der andere – wie bei einem Eis am Stiel in Cellophan. Nun, und Onkel Albert war einer derjenigen, den sie zum Vorzeigen aufhoben. Er hat sein Leben lang Glück gehabt und hat es auch jetzt noch.“
    „Wie kam man ihnen denn auf die Schliche?“
    „Steuerhinterziehung. Sie drehten krumme Dinge.“
    „Ich verstehe. Dann könnte Ihr Onkel also durchaus eines Tages zur großen Abrechnung erscheinen?“
    „Diese Möglichkeit besteht immer. Aber bisher gab es nur sehr wenige erfolgreiche Wiedererweckungen.“
    „Und diese Möglichkeit macht Ihnen überhaupt keine Sorgen?“
    „Ich lasse die Dinge immer auf mich zukommen. Und bisher hat Onkel Albert das noch nicht getan.“
    „In Übereinstimmung mit der Universität und den Wünschen Ihres Onkels muß ich Sie darauf hinweisen, daß Sie auch noch an anderer Stelle Interessen verletzen.“
    Ich sah mich überall im Raum um. Sogar unter dem Stuhl.
    „Ich geb’s auf“, sagte ich.
    „Ihre eigenen.“
    „Meine eigenen?“
    „Ihre eigenen. Indem Sie die ökonomische Sicherheit der Situation ausnützen, verfallen Sie in Faulheit. Sie ruinieren Ihre Chancen, es jemals zu etwas zu bringen. Sie entwickeln sich zum Faulpelz.“
    „Faulpelz?“
    „Faulpelz. Sie hängen herum und leisten rein gar nichts.“
    „Sie handeln also tatsächlich in meinem eigenen Interesse, wenn Sie mich erfolgreich hinauswerfen, ja?“
    „So ist es.“
    „Es tut mir leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber die Geschichte quillt über von Personen wie Sie. Heute halten wir ein hartes Gericht über sie alle.“
    „Die Geschichte?“
    „Nicht die der Uni. Die Weltgeschichte.“
    Er schüttelte seufzend den Kopf. Dann akzeptierte er meine Karte, lehnte sich zurück und schmauchte an seiner Pfeife; er las sich durch, was ich geschrieben hatte.
    Ich fragte mich, ob er wirklich glaubte, mir einen Gefallen zu tun, indem er versuchte, meine Lebensweise zu beenden. Wahrscheinlich.
    „Warten Sie mal“, sagte er. „Hier ist ein Fehler.“
    „Unmöglich.“
    „Die Stunden stimmen nicht.“
    „Doch. Ich benötige zwölf, und ich habe zwölf.“
    „Das bestreite ich nicht, aber …“
    „Sechs Stunden persönliches Projekt, historische Forschungen, in meinem Fall Australien.“
    „Sie wissen, es sollte wirklich Anthropologie sein. Das würde ein Hauptfach beenden. Aber darauf wollte ich eigentlich nicht …“
    „Dann drei Stunden Vergleichende Anatomie. Die habe ich genommen, und das kann ich Ihnen auch beweisen – wie auch die eine Stunde Sozialwissenschaften, damit haben wir zehn. Zudem noch zwei Stunden Korbflechten für Fortgeschrittene, das macht zusammen zwölf. Alles klar.“
    „Nein Sir! Eben nicht! Das letzte ist ein dreistündiger Kurs, und damit wird er für Sie ebenfalls zum Hauptfach.“
    „Sie haben das Rundschreiben Nummer fünfundsiebzig noch nicht gelesen, nicht wahr?“
    „Was?“
    „Das wurde geändert.“
    „Das glaube ich Ihnen nicht.“
    Ich sah zu seinem Postkörbchen.
    „Lesen Sie Ihre Post.“
    Er schnappte nach dem Korb, wühlte ihn durch. Irgendwo in der Mitte fand er dann das gesuchte Papier. Ich beobachtete sein Mienenspiel, erkannte Unglauben, Zorn und Verwirrung innerhalb der ersten fünf Sekunden. Ich hoffte noch auf Verzweiflung, aber man kann eben nicht alles auf einmal haben.
    Frustration und Bestürzung blieben zurück, als er sich mir wieder zuwandte. „Wie haben Sie das nur geschafft?“ fragte er.
    „Warum müssen sie nur immer alles von der negativen Seite sehen?“
    „Weil ich Ihre Unterlagen gelesen habe. Irgendwie sind Sie an den Instruktor gekommen, nicht wahr?“
    „Das ist aber sehr unschön von Ihnen, so etwas zu behaupten. Zudem wäre ich ein Narr, wenn ich es zugeben würde, oder etwa nicht?“
    Er seufzte. „Ich nehme es an.“
    Er holte einen Kugelschreiber hervor, drückte mit unnötiger Gewalt auf den Knopf und kritzelte seinen Namen in die ‚Geprüft-von’-Linie am unteren Abschnitt der Karte.
    Er gab sie mir zurück und meinte: „Dieses Mal sind sie nur um Haaresbreite davongekommen, das wissen Sie. Ich hatte einfach zuviel um die Ohren. Was wollen Sie im Wiederholungsfalle tun?“
    „Ich kann mir denken, daß im nächsten Jahr zwei Hauptfächer vorgeschrieben sein werden. Ich werde wohl den entsprechenden Fachbereichsberater aufsuchen müssen, wenn ich wechseln will.“
    „Sie werden mich aufsuchen“, sagte er. „Und ich werde den entsprechenden Berater

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