Tore nach Thulien 1 : Dunkle Gassen (German Edition)
klangvollen Namen Sieben Schänken . Wo sich die anderen sechs verbargen, hatte Berenghor noch nicht herausgefunden, doch beim Anblick des Goldenen Erkers war er sich nicht mehr sicher, ob er es überhaupt wissen wollte. Das vergleichsweise kleine Haus war zwischen zwei große Fachwerkbauten geradezu hineingepresst worden. Die Holzfassade wies mehr als nur ein paar Spuren von Verwitterung auf und die einstige Farbe war nicht mehr zu erkennen. Ein kleines, windschiefes Schild hing knapp oberhalb der Tür. Sämtliche Fensterläden im oberen Stockwerk waren geschlossen und machten nicht den Eindruck, als ließen sie sich ohne brachiale Gewalt jemals wieder öffnen. Die Fenster im Untergeschoss waren mit einfachem Butzenglas versehen. Ruß von innen und Dreck von außen machten ein Durchsehen jedoch unmöglich. Die Tür zum Schankraum stand offen, und von innen drang dumpfes Gelächter und Gesang auf die Gasse. Einen kurzen Moment dachte Berenghor daran, zum Schmied zurückzugehen und seinen Zweihänder zu holen, doch dann entschied er sich anders. Dies war sicher ein Ort für Stadtstreicher und Halunken, doch im Fall der Fälle würden seine Fäuste hier mehr bewirken als ein beinahe zwei Schritt großes Langschwert. Und außerdem trug er ja noch das ein oder andere Messerchen am Leib.
Mit dem ersten Schritt über die Schwelle stieg ihm sofort ein beißender Geruch in die Nase. Eine Mischung aus Schweiß, Bier und Rauch. Selbst für einen späten Nachmittag wie heute war im Goldenen Erker viel Betrieb. Fast alle Tische waren besetzt und der Wirt hatte alle Hände voll zu tun. Eine ältere Frau ging zwischen den Stühlen umher. Das große Tablett auf ihrer Schulter balancierend, nahm sie immer wieder leere Tonkrüge auf oder stellte schaumig gefüllte ab.
Berenghor lehnte sich an die Theke und suchte den Wirt. >> Noch’n Zimmer frei? <<
Der Wirt musterte Berenghor im Vorbeigehen kurz. >> Zehn Heller pro Nacht und Nase. <<
Der Preis ging in Ordnung und Berenghor nickte.
>> Vorkasse und hier auf die Hand! << , rief der Wirt vom anderen Ende der Theke, als er gerade wieder einen Krug einschenkte.
Das war klar , murmelte der Söldner und kramte in seinem Soldsäckel.
>> Drei Nächte in der Fürstensuite << , witzelte Berenghor, als er die Münzen auf den Tresen warf. Klimpernd kullerten sie über das speckige Holz und blieben in einer Bierlache liegen.
>> Ihr bekommt das Beste, das ich habe << , antwortete der Wirt unheilvoll und wischte sich die Münzen samt dem alten Bier in die Schürze.
>> Gib mir mal `nen Krug von deinem edlen Tropfen. Anders hält man es hier ja nicht aus << , forderte Berenghor den Wirt lachend auf, warf abermals klimpernd ein paar Münzen auf den Tresen und sah sich im Schankraum um. Der Wirt schien sich nicht weiter in ein Gespräch verwickeln lassen zu wollen. Er stellte Berenghor stumm den Krug hin und machte sich wieder an die Arbeit.
Berenghor hatte Schwierigkeiten, diesen Zeitgenossen einzuschätzen. Er war im Stress, keine Frage, aber dennoch hätte er erwartet, dass gerade er einem Fremden etwas auf den Zahn fühlen wollte.
Mal sehen, wie sich der Abend entwickeln würde. Noch war es früh, der Alkoholpegel vergleichsweise niedrig und die Gemüter noch ruhig. Berenghor wusste aus eigener Erfahrung, dass sich das mit zunehmender Stunde schnell ändern konnte.
Bei einem Blick in die Runde meinte Berenghor den einen oder anderen Handwerker ausmachen zu können, und die Gruppe hinten im Erker verdiente ihren Lebensunterhalt sicher nicht mit legalen Geschäften. Auch Glücksspiel war vertreten. An einem großen runden Tisch polterten immer wieder Würfel über das Holz, und ab und an warfen die Spieler Münzen in die Mitte des Tisches. Berenghor beobachtete die Zocker und nach einer Weile hatte sich ein kleines Vermögen angesammelt. Die Stimmung am Tisch wurde angespannt. Einer würde in wenigen Minuten der glückliche Gewinner sein und die anderen hatten die Zeche zu zahlen. Berenghor schmunzelte. So war es immer, und der Trick dabei war, stets auf der Gewinnerseite zu stehen. Er selbst hatte das zwar rein politisch gesehen nicht immer geschafft, doch als Söldner war das nicht sonderlich problematisch. Man musste am Ende nur überleben, und wenn doch einmal der vereinbarte Sold ausblieb, nahm man sich einfach, was einem zustand. Notfalls auch mit Gewalt.
Den Gesichtsausdrücken nach zu urteilen war die
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