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Torso

Torso

Titel: Torso Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Fleischhauer
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    M artin Zollangers Handy klingelte um 4:37 Uhr. Er war bereits wach. Er schlief schon seit vielen Jahren schlecht, wachte nachts fast jede Stunde auf, den Blick auf das rot leuchtende Display seines Weckers gerichtet, der stets derartige Zeiten anzeigte. Aus dem nächtlichen Tiergarten drang kein Laut, und die einzigen Geräusche, die in der Dunkelheit zu vernehmen gewesen waren, bevor das Handy zu summen begann, waren das leise Rauschen der Zentralheizung und das leichte Pfeifen seines Atems.
    Das Pfeifen war nicht immer da. Manchmal blieb es wochenlang aus. Dann plagte es ihn plötzlich über mehrere Tage und Nächte. Er hätte längst zum Arzt gehen sollen. Aber er schob es hinaus. Mit einundsechzig ging man nicht mehr so gern zum Arzt.
    »Martin?«
    Zollanger hatte Udo Brenners Stimme sofort erkannt. Der Grund, warum Udo ihn um diese Zeit anrief, war nicht erklärungsbedürftig. Daher fragte er nur:
    »Wo?«
    »Lichtenberg«, lautete die Antwort.
    »Mann? Frau?«
    »Offenbar schwer zu sagen. Wir sollen gleich kommen.«
    Zollanger saß bereits aufrecht im Bett.
    »Thomas und Sina sind schon hier«, erklärte Udo Brenner. »Harald und Günther sind auf dem Weg. Nur Roland habe ich noch nicht erreicht. Aber seine Frau sagt ihm Bescheid.«
    Seine Frau, dachte Zollanger. War Roland Draeger nicht geschieden? Offenbar hatte er die neueste Entwicklung im Leben seines jüngsten Mitarbeiters nicht mitbekommen.
    Fünf Minuten später war er angezogen und auf dem Weg in die Tiefgarage. Die Fahrbahn war nass, aber es regnete nicht, als er die Auffahrt zur Bartningallee hinauffuhr und dann auf die Altonaer Allee einbog. Acht Minuten später parkte er im Innenhof des Dienstgebäudes in der Keithstraße.
    Als er die Büroräume der siebten Mordkommission erreicht hatte, traf er auf Sina Haas und Thomas Krawczik. Sie hatten ihre Dienstwaffen geholt und waren einsatzbereit. Harald Findeisen und Günther Brodt, die beiden Tatortleute, hatten den Mordbus genommen und waren bereits losgefahren. Udo Brenner war mit ihnen aufgebrochen. Als Zollanger seine Waffe geholt hatte, kam endlich auch Roland Draeger an. Damit waren sie komplett. Es wurde nicht viel gesprochen. Draeger und Krawczik nahmen einen Dienstwagen. Sina fuhr bei Zollanger in dessen privatem Pkw mit. Zollanger fuhr zügig, ließ das Blaulicht jedoch ausgeschaltet. Die Straßen waren noch so gut wie leer. Der Berufsverkehr würde erst in einer Stunde beginnen.
    »Weißt du Genaueres?«, fragte Sina.
    »Nur, dass das Opfer offenbar schlimm zugerichtet ist. Udo hat gesagt, sie wüssten nicht einmal, ob es ein Mann oder eine Frau ist.«
    »Mittlerweile wissen sie’s.«
    »Und?«
    »Frau«, sagte Sina. »Beziehungsweise Reste davon.«
    »Wer ist dort?«
    »Kripo Lichtenberg.«
    »Kennen wir die Kollegen?«
    »Ich nicht. Karlow und Teschner.«
    Zollanger zuckte mit den Schultern. »Nie gehört.«
    Sina gähnte und schaute aus dem Fenster. Der Nachtclub gegenüber dem Bundesratsgebäude entließ ein Grüppchen Clubgäste. Die hell erleuchteten Schaufenster der Friedrichstraße trieben vorüber. Dann meldete sich Udo Brenner über Funk.
    »Wir sind vor Ort, Chef. Soll ich kurz berichten?«
    Zollanger überlegte kurz. »Ist die Sache eilig?«
    »Sieht nicht so aus«, meinte Brenner. »Seltsam. Aber nicht eilig.«
    »Gut. Dann warte, bis ich da bin.«
    Sina schaute zu Zollanger hinüber. Der schaltete den Funk ab.
    »Feind hört sicher mit«, sagte er. »Die Presse rückt uns schon noch früh genug auf den Leib.«
    Zwölf Minuten später trafen sie vor Ort ein. Brodt und Findeisen hatten den Mordbus halb auf dem Gehsteig hinter den zwei Streifenwagen vor dem Gebäude geparkt. Der Wagen der Kripo stand in zweiter Reihe daneben, der von Roland und Thomas auf der anderen Straßenseite. Zollanger lenkte seinen Wagen auf die freie Stelle daneben.
    Karlow und Teschner erwarteten Zollanger am Mordbus. Die anderen standen dabei und stellten ihre leise Unterhaltung ein, als Zollanger und Sina zu ihnen traten.
    »Sie sollten sich das lieber selbst ansehen, bevor wir es Ihnen zu schildern versuchen«, sagte Karlow.
    »Wo ist die Leiche?« fragte Zollanger.
    Karlow deutete auf das Gebäude. »Dort oben. Achter Stock.«
    »Waren Sie beide da?«
    »Nein, nur ich«, erwiderte Teschner.
    Harald Findeisen verteilte Gummihandschuhe und weiße Einwegüberschuhe. Günther Brodt hantierte an seiner Kamera herum und schaltete den Blitz ein. Ein leises Fiepen ertönte. Zollanger öffnete eine

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