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Totenblüte

Totenblüte

Titel: Totenblüte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Nachbarschaft war bereits zwei Mal eingebrochen worden. Vielleicht waren das ja Kontrollanrufe, um zu sehen, ob jemand im Haus war. Doch im Grunde wusste Felicity bereits, dass sie Peter doch nichts davon sagen würde. Sie hatte es sich schließlich zur Lebensaufgabe gemacht, Sorgen und Unannehmlichkeiten von ihm fernzuhalten.
    Sie trank ihren Kaffee aus und schaute zum Meer hinüber. Sie würde ein Bad nehmen, beschloss sie, mit dem teuren Badeöl, das sie beim letzten Ausflug in die Stadt bei Fenwick’s gekauft hatte. So konnte sie noch ein wenig entspannen, bevor der Abend losging.

KAPITEL FÜNF
    «Wollen wir einen kleinen Spaziergang machen?» Die dicke Polizistin stand auf, und Julie dachte sich, dass sie ziemlich starke Beinmuskeln haben musste, um dieses ganze Gewicht auf einmal aus dem Sessel zu wuchten. Wenn man sie so anschaute, hatte man das Gefühl, man könnte sie nur mit einem Kran bewegen, einem dieser riesigen Kräne, die unten bei Wallsend über dem Fluss aufragten. Und stark, dachte Julie, das betraf nicht nur ihren Körper. Diese Polizistin war eine starke Frau. Wenn sie einmal einen Entschluss gefasst hatte, konnte sie nichts mehr davon abbringen. Julie fand diesen Gedanken merkwürdig tröstlich.
    «Ich denke, Sie brauchen etwas frische Luft», sagte die Polizistin.
    Julie blickte sie wohl mindestens so verständnislos an, wie Luke manchmal geschaut hatte, wenn er so gar nicht begriff, wovon man eigentlich redete.
    «Sie werden bald kommen und Luke abholen», sagte die Polizistin sanft. Vera hieß sie. Das hatte sie Julie ganz am Anfang des Gesprächs gesagt, aber es war ihr gerade erst wieder eingefallen. «Und die Nachbarn werden alle aus den Fenstern hängen. Ich dachte, da müssen Sie vielleicht nicht unbedingt dabei sein. Aber wenn Sie wollen, können Sie ihn auch verabschieden. Ihre Entscheidung.»
    Julie sah den im Badewasser versunkenen Körper ihres Sohnes wieder vor sich und verspürte Übelkeit. Sie wollte nicht daran denken.
    «Wo sollen wir denn hingehen?»
    «Wohin Sie wollen. Ist doch ein schöner Tag für einen Strandspaziergang. Sie können Laura mitnehmen.»
    «Luke war immer gern am Strand», sagte Julie. «Einmal ging er einen ganzen Sommer lang jeden Tag zum Angeln. Mein Vater hatte ihm eine alte Angel geschenkt. Er hat natürlich nie etwas gefangen, aber zumindest hat er in der Zeit keinen Blödsinn gemacht.»
    «Na also.»
    Sie hatten Laura dazu gebracht, sich in Sals Gästezimmer hinzulegen. Die Polizistin begleitete Julie nach oben, um das Mädchen zu fragen, ob es mit auf den Spaziergang kommen wolle. Julie hatte den Eindruck, dass diese Vera ziemlich neugierig war. Solche Leute, die ihre Nase ständig in die Angelegenheiten anderer steckten, waren ihr schon öfter begegnet. Als gute Polizistin musste man wahrscheinlich so sein. Und jetzt schien Vera sich in den Kopf gesetzt zu haben, mehr über Laura zu erfahren. Wenn sie zusammen spazieren gingen, würde sie Laura dazu bringen wollen, ihr etwas von sich zu erzählen. Bestimmt glaubte sie,Julie habe das Mädchen vernachlässigt und sich nur um Luke gekümmert.
    Laura schlief immer noch. «Ich will sie nicht wecken», sagte Julie rasch. «Am besten lassen wir sie einfach hier bei Sal.»
    «Ganz wie Sie wollen, Herzchen.» Veras Tonfall war gelassen und entspannt, doch Julie spürte, dass sie enttäuscht war.
    Als sie aus Sals Haus kamen und zu Veras Wagen gingen, war ringsum kein Mensch zu sehen, doch Julie war überzeugt, dass alle sie beobachteten. Sie hätte es ja selbst ganz genauso gemacht, hätte sich ins Schlafzimmer geschlichen, das nach vorne rausging, und sich hinter der Gardine die Nase an der Scheibe platt gedrückt, wenn sich irgendein anderes Drama in der Straße abgespielt hätte. Irgendein Drama, an dem sie nicht direkt beteiligt war.
    Vera hielt vor den Dünen von Deepden. Auf der einen Seite der Fahrbahn lag ein kleines Naturschutzgebiet: ein hölzerner Unterstand über einem kleinen Teich, zwei aus Planken bestehende Gehwege. Ein Stück weiter weg befand sich der Bungalow, wo die Vogelkundler ihren Beobachtungsposten aufschlugen; der Garten war so zugewuchert, dass man das Haus kaum erkennen konnte. Auf der dem Meer zugewandten Seite lag ein mit kleinen gelben Blumen gesprenkeltes Wiesenstück, dahinter erstreckten sich die Dünen. Manchmal, wenn Geoff Lust hatte, glückliche Familie zu spielen, waren sie mit den Kindern hierhergefahren, das hatten sie immer toll gefunden. Plötzlich stand Julie ein

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