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Totenblüte

Totenblüte

Titel: Totenblüte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Cleeves
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Dünen zum Strand herunter. Richtige Nichtsnutze – das merkte man daran, wie sie sich gegenseitig mit Sand bewarfen und sich Schimpfwörter zubrüllten. Sie waren etwa so alt wie Luke. Wahrscheinlich schwänzten sie die Schule. Julie presste die Lippen zusammen und konnte sich nur schwer davon abhalten, loszuheulen.
    «Mit welchem Taxiunternehmen sind Sie gestern nach Hause gekommen?» Die Frage kam völlig unerwartet. Julie spürte, dass Vera sie ablenken wollte, und war ihr dankbar dafür.
    «Foxhunters in Whitley Bay. Wir hatten den Wagen schon vorher bestellt. Der Fahrer hat erst Lisa und Jan abgesetzt. Ich war die Letzte.» Sie schwieg kurz. «Er kann das sicher bestätigen. Ich war ja erst ganz kurz wieder zu Hause, als ich bei Sal Sturm geklingelt habe. Wenn er erst zum Wenden bis ans Ende der Straße gefahren ist, hat er mich vielleicht noch vor ihrer Haustür gesehen.»
    «Mich interessiert mehr, wen er sonst noch in der Straße gesehen hat. Ist Ihnen vielleicht jemand aufgefallen?»
    Julie schüttelte den Kopf.
    «Denken Sie nochmal ganz in Ruhe nach», sagte Vera. «Vielleicht fällt Ihnen ja noch etwas ein. Versuchen Sie, die ganze Situation nochmal wie einen Film im Kopf nachzuspielen, und erzählen Sie es mir. Von dem Moment an, als das Taxi vor Ihrem Haus hielt.»
    Und so schloss Julie an diesem breiten, menschenleeren Strand die Augen, während über ihr die Möwen kreischten und die Wellen um ihre Füße spielten, und spürte nocheinmal das Schwindelgefühl, das sie überfallen hatte, als sie aus dem Taxi gestiegen war. «Ich war betrunken», sagte sie. «Nicht sturzbesoffen, aber doch nicht so ganz da. Alles hat sich gedreht. Kennen Sie das?» Sie hatte das Gefühl, dass Vera auch schon einige Male betrunken gewesen sein musste. Wahrscheinlich konnte man sich mit ihr sogar ziemlich gut betrinken.
    «Ja.» Sie ließ Julie ein wenig Zeit. «Haben Sie irgendetwas Ungewöhnliches gehört?»
    «Gar nichts. Mir ist eher aufgefallen, wie still es war. Sonst hört man immer den Verkehr von der Hauptstraße, die durch das Dorf geht. Eigentlich hört man ihn schon gar nicht mehr, weil er eben immer da ist. Aber gestern Nacht war es ganz still. Zumindest, als ich die Tür aufgeschlossen habe.» Sie runzelte die Stirn.
    «Und später? Als die Tür schon offen war?»
    «Da fuhr draußen auf der Straße ein Wagen an.»
    «War das vielleicht das Taxi, das gewendet hat?»
    «Nein. Es war ein Auto, das gerade angelassen wurde, der Motor hat aufgeheult. Das ist ja ein ganz anderes Geräusch, als wenn der Motor bereits läuft.»
    «Stimmt», bestätigte Vera.
    «Es muss ein Stück weiter in der Straße geparkt haben, an der Kreuzung, wo es dann zur Stadt weitergeht. Zumindest kam das Geräusch von da.»
    «Dann sind Sie also mit dem Taxi an dem Wagen vorbeigefahren, als Sie nach Hause kamen.»
    «Bestimmt.»
    «Aber aufgefallen ist es Ihnen wahrscheinlich nicht, oder? Ein fremdes Auto, das keinem der Nachbarn gehört?» Veras Ton klang so betont beiläufig, dass Julie gleich merkte, wie wichtig die Antwort auf diese Frage war.
    «Nein», sagte sie. «Ich glaube nicht.» Trotzdem schlosssie noch einmal die Augen und versuchte, sich zu konzentrieren. Sie waren über die kleine Brücke gekommen, und sie hatte sich zum Fahrer vorgebeugt und ihn gebeten, langsamer zu fahren, weil sie schon fast da seien.
Gleich da an der Ecke kommt eine ganz gemeine Rechtskurve
. Gleichzeitig hatte sie in der Handtasche nach ihrer Geldbörse gekramt, um nicht im letzten Moment das Geld zusammensuchen zu müssen, was ihr immer unangenehm war. Lisa und Jan hatten ihr schon mehr als ihren jeweiligen Anteil gegeben, genug Geld musste sie also haben. Es kam ihnen niemand entgegen, das Taxi war in ihre Straße eingebogen, ohne anzuhalten. Und da stand ein Auto. Fast an der Ecke. Direkt vor Mr   Greys Bungalow. Sie hatte sich noch gewundert, weil Mr   Grey nicht mehr selber fuhr, seit man bei ihm Parkinson diagnostiziert hatte, und die ganze Straße wusste, dass sein einziger Sohn in Australien lebte. Das fiel ihr jetzt wieder ein, weil sie sich gefragt hatte, ob es vielleicht einem Arzt gehörte, ob es irgendeinen Notfall gegeben hatte. Sie hatte geschaut, ob Licht im Haus brannte, aber drinnen war alles dunkel. Und das Auto war ohnehin viel zu klein. So was fuhr kein Arzt.
    Das alles erzählte sie Vera jetzt.
    «Aber ich weiß nicht, was es für eine Marke war.»
    «Macht nichts, Herzchen. Das ist doch schon mal ein Anfang. Vielleicht haben

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