Totenheer (German Edition)
einem Lächeln.
Der Mondschein ließ ihre Raubtieraugen funkeln. Er strich ihr über die Wange; die rotbraune Haut war so glatt wie g e schliffener Marmor, der darunterliegende Knochen hart wie Granit. Unter seinen Fingerspitzen fühlte er die gewaltige L e benskraft, die ihrem Leib i n newohnte.
Langsam streifte sie ihre Kleidung von sich und offenbarte sich ihm in schimmernder Nacktheit. Sie war von graziöser Statur, und straffe Muskeln zeichneten sich unter der Haut ab, die dennoch ihre weiblichen Rundungen zu betonen vermoc h ten.
Er tat es ihr gleich, dann zog er sie an sich, und ihre Lippen begegneten sich. Sie begannen sich heftiger zu küssen, u m schlangen sich i n mitten eines neuen Regenschauers und sanken zu Boden. Das Laub unter den Baumkronen war noch immer trocken und knisterte.
Viele Tage und Nächte waren vergangen, seit Larkyen zum letzten Mal die Wärme und Zuneigung einer Frau gespürt hatte. Eine Unsterbliche zu lieben war jedoch etwas völlig anderes. Bei jeder weiteren Berührung übertrug er etwas von seiner L e benskraft auf sie, während er in knisternden Wogen von der i h ren empfing. Jene Momente waren intimer, vertrauensvoller und reizender, als es unter den Ster b lichen je möglich war. Auf diese Weise verbrachten sie den Rest der Nacht gemeinsam.
Kapitel 2 – Das Reich der Gefallenen
Am Morgen stießen sie auf die Überreste einer breiten Straße, die von Gräsern und Sträuchern beinahe vollständig überw u chert war. Auch hier entdeckte Larkyen die Gebeine gefallener Soldaten. In den letzten Tagen des Krieges hatten überall im Land Kämpfe stattg e funden. Und einmal mehr konnte Larkyen die Entscheidung der vielen Flüchtlinge nachvollziehen, den Westen zu verlassen. In Strömen waren sie einst gen Norden, Süden und Osten gezogen.
Die Unsterblichen mussten der Straße nicht lange folgen, um erste Anzeichen oder Reste von Zivilisation zu entdecken. Auf einem Hügel vor ihnen erhob sich ein grauweißes Steing e bäude, der kuppelförmige Kern war mehr breit als hoch und umschlossen von fünf mächtigen Wehrtürmen. Die Auße n mauern waren zerfurcht, und ihre spitzen Zinnen, die gleich den Zähnen einer Bestie emporragten, verliehen dem Bau e t was B e drohliches. Ein von Säulen gestützter Vorbau wies auf ein gr o ßes Tor hin. Die beiden Torhälften waren aus massiven Eisen gearbeitet, das auf Grund des Einflusses von Wind und Wetter längst mit einer rötlichen Rostschicht bedeckt war.
Die Straße mündete in einen runden Platz, an dessen Rä n dern sich mehrere Monolithen erhoben. Ihre Oberfläche war mit filigranen Meißelungen in Runenschrift übersät. Larkyen wusste die Runen auch als Schriftbild zu deuten und las aus i h nen die Ahnenreihen vi e ler Könige.
Er sah hinauf zu dem Gebäude.
„Der Palast“, flüsterte er. „Wir haben den Palast des Königs en t deckt. Das einstige Herz Kentars.“
Den Weg, der früher einmal zu den Toren geführt hatte, ha t te die Natur völlig verschlungen – Moose, Gräser und Farne hatten sich über den Hügel hinweg ausgebreitet.
Mit beiden Händen drückte Larkyen gegen die schweren E i se n tore. Knarrend schwangen sie zurück und offenbarten einen langen Flur, dessen Dunkelheit von hereinfallenden Sonne n strahlen vertrieben wurde. Die Luft, die Larkyen entgege n schlug, war feucht und abgestanden, überall waren Spinnw e ben, und selbst hier stieß er auf die Gebeine von Soldaten.
Er trat über die Schwelle. Aufmerksam sah er sich um, die Wände boten Steinmetzarbeiten in Form von Wolfsköpfen, d e ren Mäuler weit aufgerissen waren, die Zähne drohend g e fletscht. Das sonst so friedliche und scheue Verhalten dieser Tiere schienen die Kentaren bei der Erschaffung dieser Kuns t werke ganz bewusst außer acht g e lassen zu haben. Stattdessen hatten sie sich nur auf deren Kraft und Gewandtheit in Jagd, Angriff und Verteidigung beschränkt. Eigenschaften die das Volk der Kentaren in ihren Kriegen rücksichtslos ausgelebt hatte.
Wenn diese Mauern nur sprechen könnten, dachte Larkyen. Was würden sie wohl erzählen? Geschichten von Krieg und Vernichtung, das Streben nach Macht und Lebensraum, die Vernichtung der Schwachen durch die Starken?
Larkyen hatte auf seinen langen Reisen durch die Welt nur zu oft die Erfahrung gemacht, dass jene, die nicht zum Krieg taugten und die es ablehnten, zu kämpfen und zu töten, dafür über andere bemerken s werte Fähigkeiten verfügten, die für ein Volk, welches sich
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